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Ausbildung

Nachwuchsförderung: So lockt die Glasbranche neue Azubis

Der Image-Film gibt Jugendlichen einen umfangreichen und ehrlichen Einblick in die vielfältigen Berufsfelder der Glasbranche. Zugleich will er die Neugier sowie das Gefühl für den Werkstoff Glas wecken und auf diese Weise junge Menschen zu einer Ausbildung in der Glasbranche animieren. Hier der Link zum Film.

Die GLASWELT sprach dazu mit Jenny Frings, Personalreferentin bei Saint-Gobain Glass Deutschland , und Marcus Mosner, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor bei der Pilkington Holding. Beide sind im Verband Glas+Solar e. V. aktiv.

GLASWELT: Aktuell wurde ein Film produziert, um wieder mehr junge Menschen für die Glasbranche zu begeistern. Was hat Sie persönlich bewogen, dieses Projekt zu unterstützen?

Jenny Frings: Es ist wichtig, junge Menschen für die Ausbildungsberufe im gewerblichen Bereich – in der Industrie besonders in der Glasindustrie – zu begeistern. Wir wollen zeigen, welche Ausbildungsmöglichkeiten es in dem Industriezweig gibt. Mit dem Filmprojekt haben wir die Chance, die Jugendlichen für das Produkt Glas zu faszinieren und aufzuzeigen, wie die verschiedenen Ausbildungen aussehen.  Das Medium „Film“ ist für junge Leute – gerade in Zeiten von Youtube und Co. – sehr attraktiv. 

Marcus Mosner, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor der Pilkington Holding GmbH - Pilkington - © Pilkington
Marcus Mosner, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor der Pilkington Holding GmbH - Pilkington
Marcus Mosner: Ich halte die Glasbranche für einen sehr abwechslungsreichen und spannenden Industriezweig, der in der öffentlichen Wahrnehmung leider zu kurz kommt. Es ist für uns alle eine Selbstverständlichkeit, Getränke in Glasflaschen zu kaufen, aus Gläsern zu trinken, durch die Front-, Seiten- und Heckscheiben unserer Autos zu schauen oder sich an Glasfassaden imposanter Gebäuden zu erfreuen. Aber kaum jemand macht sich ernsthaft Gedanken darüber, wo all dieses Glas herkommt oder wie es hergestellt wird. Gerade bei jungen Leuten spielen heute traditionelle Berufszweige für die Wahl der Ausbildung eine untergeordnete Rolle.

GLASWELT: Hatten Sie in der Vergangenheit Probleme, Auszubildende und Nachwuchskräfte zu finden?

Frings: Es ist jedes Jahr wieder eine Herausforderung, alle Ausbildungsplätze mit geeigneten Kandidaten zu besetzen und junge Menschen für die Glasindustrie zu begeistern.

Mosner: Ja, hatten und haben wir.

GLASWELT: Was waren das für Probleme – haben sich zu wenig Menschen beworben oder reichten oft die Qualifikationen nicht aus?

Frings: Der Beruf des Verfahrensmechanikers Glastechnik ist leider recht unbekannt. Viele Schulabgänger kennen diesen Beruf einfach nicht und wissen nicht, wie spannend und vielfältig eine solche Ausbildung sein kann. Das ist leider auch der Beruf, für den wir derzeit die wenigsten Bewerbungen erhalten. Dabei bietet gerade diese Tätigkeit auch für Schüler und Schülerinnen mit einem Hauptschulabschluss gute Perspektiven.

Mosner: Es ist eine Mischung aus beidem. Die Anzahl der Bewerbungen auf konkrete Stellenangebote ist insgesamt zufriedenstellend, die Qualifikationen der Bewerber sind aber in vielen Fällen nicht ausreichend. Initiativbewerbungen kommen deutlich zu wenig bei uns an.

GLASWELT: Was haben Sie bisher unternommen, um junge Menschen für ihre Unternehmen zu begeistern?

Frings: Wir versuchen, junge Leute durch praktische Einblicke von unserem Ausbildungsangebot zu überzeugen. Hierzu bieten wir zahlreiche Schülerpraktika an und stellen auf verschiedenen Ausbildungsmessen und in den Schulen die Berufe vor. In Stolberg gibt es z.B. die Stolberger Nacht der Ausbildung, bei der auch Saint-Gobain die Ausbildungswerkstätten öffnet und alle Interessierten die Chance haben, die Berufe vor Ort kennenzulernen und neben Informationen auch praktische Übungen machen können.

Mosner: Neben der regelmäßigen Präsenz auf diversen Berufsausbildungsmessen sind wir auch beim Boys&Girls Day dabei. Wichtiger ist aber für uns, die jungen Leute dort abzuholen, wo sie sind – in der Schule. Aus diesem Grund engagieren wir uns stark beim Initiativkreis Ruhr, der mit seinem Dialog für die Jugend Unternehmen der Region die Möglichkeit bietet, interessierte Schulklassen zu besuchen und nach einer Präsentation zur Werksbesichtigung einzuladen. Hier haben wir das Forum, das wir bevorzugen, denn an diesem Projekt beteiligen sich nur die Schulen, die auch tatsächlich Interesse haben. Kooperationen mit Schulen der Umgebung dürfen dabei natürlich auch nicht fehlen. Flyer mit unseren Ausbildungsberufen und ein eigener Ausbildungsfilm runden das Bild ab.

Jenny Frings (l.), Personalreferentin der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH, mit erfolgreichen Nachwuchsmitarbeitern. - Saint Gobain - © Saint Gobain
Jenny Frings (l.), Personalreferentin der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH, mit erfolgreichen Nachwuchsmitarbeitern. - Saint Gobain
GLASWELT: Was soll sich insgesamt ändern, denn ein Film kann ja nur eine erste Maßnahme sein? 

Frings: Der Film ist sicherlich ein gutes Hilfsmittel, wenn es darum geht, einen praktischen Eindruck der einzelnen Ausbildungsberufe zu vermitteln. Die Zusammenarbeit mit Schulen, IHKs und den Arbeitsagenturen ist aber auch weiterhin notwendig.

Mosner: Der Film ist ein Baustein auf dem Weg, die Glasbranche insgesamt bei jungen Leuten bekannter und attraktiver zu machen. Weitere flankierende Maßnahmen wie beispielsweise Infoflyer werden sicherlich folgen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Hauptarbeit vor Ort von den Mitgliedsunternehmen geleistet werden muss. Denn dort spielt am Ende des Tages die Musik, gilt es die Industrie und die jungen Leute zusammen zu bringen.

GLASWELT: Wie schätzen Sie generell die Entwicklung bei den Mitarbeitern sowie den Auszubildenden in der Flachglasbranche ein – in der Produktion, im Service, im Vertrieb und in der Verwaltung?

Frings: Flexibilität, Engagement und der Einsatz an diversen Arbeitsplätzen ist sicherlich eine ebenso wichtige Voraussetzung wie die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen und zur persönlichen Weiterentwicklung.

Mosner: Generell schätze ich die Entwicklung in der Flachglasbranche nicht großartig anders ein als in anderen Industriezweigen. Die Internationalisierung macht naturgemäß ebenso wenig vor der Branche halt, wie die Zentralisierung und Automatisierung. Der Trend „Go-East“ zum Zwecke der Kostensenkung setzt sich in allen Bereichen durch, speziell jedoch in der Produktion und der Verwaltung. Der Vertrieb muss sich den gestiegenen Kundenanforderungen genauso stellen wie der Einführung neuer Verkaufstools, wie z. B. E-Commerce.   

GLASWELT: Was müssen die Azubis in diesen Segmenten künftig kennen, was ist anders als bisher?

Frings: Es ist sicher wichtig, dass wir junge Menschen auch weiterhin für die Glasbranche faszinieren und somit die Aus- und Fortbildung sichern. Nur so können wir dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Mosner: Die Anforderungen an die Auszubildenden sind sicherlich dadurch geprägt, dass sie offen für Neues sein müssen und bereit sein sollten, sich noch stärker in die geänderten betrieblichen Abläufe einzufinden. Allerdings werden sie von Anfang an in der jeweiligen Fachabteilung in das Tagesgeschehen eingebunden. Fachliche Zusatzkenntnisse erhalten sie so „vor Ort“. Die notwendigen Soft Skills müssen sie allerdings selbst mitbringen.

GLASWELT: Welche Mitarbeiter werden in der Glasbranche künftig überhaupt gebraucht – Hintergrund: zunehmende Automatisierung?

Frings: Wir werden auch zukünftig weiterhin gute Facharbeiter brauchen, um ein gutes Produkt herstellen zu können. Auch hier zeigt sich wieder, wie notwendig es ist, dass die Menschen flexibel einsetzbar sind und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen mitbringen.

Mosner: Der künftige Mitarbeitertyp wird sich nicht großartig vom derzeitigen unterscheiden. Auch heute müssen die Arbeitnehmer mit der Schnelllebigkeit klar kommen, flexibel und bereit für Neues sein. Die Arbeitsverdichtung hat bereits Einzug gehalten.

GLASWELT: Letzte Frage zu einem aktuellen Thema. In Deutschland müssen derzeit viele Flüchtlinge in Lohn und Arbeit gebracht werden. Wie gehen Sie dieses Thema an und sehen Sie hier Chancen, für ihr Unternehmen geeignete Mitarbeiter zu finden?

Frings: Wir gehen sehr offen damit um und sehen das Thema auch für uns als mögliche Chance, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Für uns gilt es auch, die Herausforderungen, die damit verbunden sind (z. B. sprachliche Barrieren) erfolgreich zu meistern. Wir bieten zurzeit Praktikumsplätze an und sammeln dadurch Erfahrungen. Unser erster Praktikant – der aus Syrien stammt – beginnt gerade sein Schülerpraktikum. Wir sind sehr zuversichtlich, dass dies für uns ein Weg sein könnte, zukünftig auch Ausbildungsplätze zu besetzen.

Mosner: Generell sehe ich hier durchaus Chancen, für unser Unternehmen geeignete Arbeitskräfte zu finden. Allerdings müssen zunächst einmal die Flüchtlinge ihre „Hausaufgaben“ machen. Eine der derzeit größten Hürden sind sicherlich die fehlenden Sprachkenntnisse. Ohne diese wird es selbst bei Anlernberufen schwierig. Bei qualifizierten Berufen kommen dazu dann natürlich auch die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten. 

Tipp der Redaktion: Zum Imagefilm klicken Sie hier.