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Begrünte Fassaden als Alternative zu klassischen Fassadensystemen

Grüne Fassaden vs. Überhitzung

_ Viele Städte sind etwa 2 °C wärmer als der ländliche Raum, wobei stark verdichtete Städte sogar bis 7 °C wärmer sind.[1] Solche städtischen Wärmeinseln (UHI – Urban Heat Island), entstehen durch den zusätzlichen anthropogenen Wärmestrom, inklusive steigendem Schadstoffgehalt der Luft.[2] Gerade massive Bebauungen und große versiegelte Flächen stellen dabei einen erheblichen Wärmespeicher dar.[4] Durch die Verwendung hauptsächlich schallharter Fassaden findet zudem eine Reflexion und so eine Anhebung des Geräuschpegels statt.[3]

Vor diesem Hintergrund erfahren Fassadenbegrünungen aktuell immer mehr Aufmerksamkeit, da ihre ästhetischen und gesundheitlichen Aspekte positive Auswirkungen für Stadtbewohner bringen. Gerade die vegetationstechnische Unabhängigkeit vom Boden stellt ein großes Potenzial für innerstädtische Begrünung dar und entwickelt sich als Klimaanpassungsmaßnahme.[7]

Deutschland hat mit dem Wohnturm „EDEN“ in Frankfurt (2020) eines der ersten Großprojekte, die Gebäudebegrünungen gezielt in der Stadtplanung berücksichtigen.[9]

Arten der Fassadenbegrünung

Es gibt unterschiedliche Arten, sowohl hinsichtlich der Konstruktion und Versorgungsstruktur am Gebäude als auch bezüglich der verwendbaren Pflanzen, um Fassaden zu begrünen.

Um die positiven Auswirkungen auf die Optik und Behaglichkeit nutzen zu können, muss ein lebendiger und dichter Bewuchs gewährleistet sein. Damit ist die Auswahl der Pflanzen bei der Planung, welche sich u. a. nach den klimatischen Einsatzbedingungen sowie der jeweiligen Orientierung richtet, entscheidend.[7]

Hier sind Faktoren wie Frosthärte, Temperaturtoleranz und Sonneneinstrahlungspräferenz sowie Nährstoff- und Pflegebedarf, Schadstoffresistenz, Wachstumsrate, Wuchshöhe, Blattgröße und -form relevant, um den klimatischen Parametern zu genügen (Temperatur, solare Strahlung, Windgeschwindigkeit, Jahresverteilung und Menge der Regenereignisse). Den Witterungseinflüssen ist die Begrünung, inklusive Konstruktion, direkt ausgesetzt.[1][10]

Zur Fassadenbegrünung eignen sich Kletterpflanzen sowie spalierbare Gehölze. Es können zudem Stauden, Kleingehölze, Moose und Sukkulenten eingesetzt werden.[7] Je nach Pflanzenart wird dabei eine bestimmte Fassadenkonstruktion benötigt.

Die Nährstoff- und Wasserzufuhr ist ein entscheidender Faktor und auch ein Charakterisierungsmerkmal für Fassadenbegrünungen. Direkte Begrünung und Gerüstkletterpflanzen werden über den Boden versorgt und deshalb als bodengebundene Vertikalbegrünungen eingestuft.[7] Die Entfaltung ihrer klimatischen Wirkung, wird erst bei ausreichendem Wachstum erreicht.[4]

Da keine gesonderte Unterkonstruktion oder Versorgungsstruktur herzustellen ist, kann mit dem Direktbewuchs eine preiswerte Begrünung an niedrigen Bauwerken realisiert werden. Es wird jedoch empfohlen, massive oder mehrschalige, nicht hinterlüftete Wandaufbauten als Untergrund vorzusehen, da sonst Direktbegrünungen an die Fassade anhaften können und eine Gefahr für die Dauerhaftigkeit der Oberfläche darstellen.[12]

Wandgebundene Begrünung

Als Abschluss einer Fassade können wandgebundene Begrünungssysteme eingesetzt werden. Diese werden entweder als zusätzliche Schicht direkt an der Wand angebracht oder als Vorhangfassade installiert.

So eignen sie sich für freiere Geometrien und hohe Gebäude, denn sie sind ein autarkes Begrünungssystem.[4] Solche Systeme ermöglichen zudem Bepflanzungen in großen Höhen.

In den jeweiligen Pflanzebenen werden Gefäße realisiert, die das Substrat für die horizontale oder senkrechte Pflanzfläche beherbergen und auch die Versorgungsleitungen. Durch die individuelle Versorgungsstruktur mit Ableitung des überschüssigen Wassers und statischem Tragsystem ist es adaptierbar für gemischte Artenvielfalt an einer Wand (Abb. 2, 3).

Der Pflege- und Wartungsaufwand ist hoch.[4] Eine frühe Integration in die Planung der Fassadengestaltung ist unabdingbar, nachträgliche „Bepflanzungen“ sind schwierig.[6]

Horizontale Systeme gibt es als lineares oder Regalsystem in Form von Konsolen oder Vorkonstruktionen. Auch hier stehen saisonale Witterungs- und Strahlungseinflüsse in direktem Zusammenhang mit der Pflanzengesundheit und -auswahl.[7]

Modulare und flächige Systeme (senkrechte Pflanzflächen) sind in dieser Hinsicht schützender, da sie einen Ersatz der Gebäudefassade darstellen (Abb. 4). Der Einsatz von immergrünen Pflanzen bietet den Vorteil, dass die Wand bereits von der Tragstruktur verschattet wird.[7] Es eignen sich besonders leichte, langlebige Pflanzen, die flach wurzeln und eine hohe Toleranz gegenüber Luftverschmutzung aufweisen.[10]

Ausblick

Begrünte Fassaden haben einen positiven Einfluss auf die Behaglichkeit sowie die physische und psychische Gesundheit der Nutzer in und außerhalb von städtischen Gebäuden. Die positiven Auswirkungen auf thermische, akustische und hygienische Faktoren wurden von vielen Untersuchungen bestätigt.

Begrünte Fassaden können helfen, dem Wärmeinseleffekt und der Luftverschmutzung entgegenzuwirken und um fehlende Grünflächen auszugleichen oder zu ersetzen.

Damit Fassadenbegrünungen stadtklimatisch dauerhaft wirksam sein können, müssen die Pflanzen gesund sein und bleiben. Deshalb sind die richtige Planung sowie die Versorgung und Pflege der Pflanzen unabdingbare Faktoren.—

Tipp der Redaktion: Das Literaturverzeichnis finden Sie auf www.glaswelt.de dort im Suchfeld einfach den Webcode 1402 eingeben.

Das leisten begrünte Fassaden

  • Schutz vor Schlagregen und Hagel
  • Abschirmung von UV-Strahlung
  • Fördert Gesundheit, positiv für Psyche und Physis
  • Heizenergieeinsparung (Dämmwirkung)
  • Schallschutz durch Absorption von Lärm
  • Luftqualität durch Filterung, Feinstaubbindung, Kohlendioxidreduktion, Sauerstoffanreicherung
  • Regulierung der Luftfeuchte durch Verdunstung

www.tu-darmstadt.de

Die Autoren

M. Sc. David Bewersdorff, Wissenschaftlicher Mitarbeiter TU Darmstadt und Projektingenieur

M. Sc. Carina da Silva, Wissenschaftliche Mitarbeiterin TU Darmstadt und Projektingenieurin

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Knaack, TU Darmstadt