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Im Interview mit GKFP-Qualitätsmanager Bernhard Elias

Eckenrisse bei PVC-Fenstern? GKFP setzt auf Qualität

GW – In unserer Märzausgabe berichteten wir über Eckenrisse bei PVC-Fenstern – ein Problem, das sowohl ästhetische als auch ­funktionale Auswirkungen haben kann. Wie beurteilen Sie die Häufigkeit und Relevanz dieser Schadens­fälle?

Bernhard Elias – Innerhalb unseres Verbandes wurde das Thema und Ihr Artikel natürlich diskutiert. Sowohl in der größeren Gruppe der relevanten Arbeitskreise als auch im bilateralen Gespräch mit den Systemgebern wurde mir immer bestätigt, dass es keine Häufung von Schäden gibt. Bestätigt wurden diese Aussagen auch durch das ift, denn im Zuge einer Recherche für einen Vortrag zu den windays 2025 der FH Biel bekam ich seitens der ift-Gutachter die Info, dass die Gesamtzahl der Schadensgutachten zu Eckenrissen verschwindend gering ist.

GW – Die Autoren des Beitrags stellten fest, dass thermisch bedingte Eckenrisse fast ausschließlich auf sonnenbeschienenen Fassadenseiten und meist an den unteren Ecken von Blendrahmenprofilen auftreten. Betroffen seien vor allem Profile mit dunklen Folien oder Farben, während weiße Profile deutlich seltener betroffen sind. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptursachen für Eckenrisse bei farbigen PVC-Fenstern? Welche Rolle spielen andere Faktoren?

Elias – PVC ist ein Thermoplast und dunkle ­Farben absorbieren mehr Wärme, als weiße Oberflächen. Diese Kombination bringt Bewegung ins System, speziell im unteren Bereich des Fensters. Aber auch bei dieser Frage möchte ich auf die Information aus dem Telefonat mit dem ift zurückgreifen: die Datenlage ist so dünn, dass man nicht nach Hauptursache und Nebeneffekte trennen kann. Was man sagen kann, ist, dass Schäden immer aus einer Kombination von Faktoren ent­stehen, denen man einen schädigenden Einfluss zugesteht. Was ich sagen möchte ist, dass es offensichtlich nicht den einen Faktor gibt, bei dem der Gutachter sagen kann: „das ist er“. Der Experte erkennt unterschiedliche Einflüsse, denen er allen einen möglichen Anteil zuschreibt. Eine Wertung der von Ihnen genannten Einflussfaktoren kann man seriös nicht durchführen.

GW – Wie können thermisch bedingte Belastungen durch Sonneneinstrahlung bei der Planung und Montage von PVC-Fenstern minimiert werden?

Elias – Sowohl die Kunststoff-Systemgeber, als auch die Gütegemeinschaft Fenster, Fassaden und Haustüren in Frankfurt geben eine Vielzahl von eindeutigen Vorgaben zur Planung und Montage von Fenstern und Außentüren. Die Beachtung der dort formulierten Anforderungen trägt erheblich zur Vermeidung des hier diskutierten Problems bei. Auch technologisch wird etwas beigetragen. Seit Jahren bringen renommierte Hersteller Folienaufbauten auf den Markt, die eine Aufheizung des Kunststofffensters minimieren. In der RAL Gütesicherung für Dekorfolien ist die Bestimmung des „Direkten Strahlungs-Refle­xionsgrades“ jeder einzelnen Folienfarbe verpflichtend – und zwar wird die Folie auf einem weißen sowie auf einem schwarzen Untergrund geprüft. Ist der Wert der Strahlungsreflexion zu niedrig, wird dieses Design nicht zugelassen.

GW – Der Sachverständige in unserem Beitrag hat einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Eckenrissen und der Zusammensetzung des PVC sowie den Profil-Wandstärken ­vermutet. Können Sie diesen Zusammenhang bestätigen?

Elias – Wir machen in der Gütesicherung von Kunststoff-Fenstersystemen keinen Unterschied zwischen PVC-Zusammensetzungen und Profil-Wanddicken. Alle Varianten müssen die gleichen Anforderungen erfüllen. Und ich habe tatsächlich seit das Thema erstmalig aufgekommen ist, keine Information bekommen, die es bestätigen würden, dass Profilwanddicke oder PVC-Rezeptur ­einen Einfluss auf eine Rissbildung haben.

GW – In der Branche gibt es unterschiedliche Meinungen zur Wandstärke von PVC-Profilen: Einige Systemhäuser setzen bewusst auf die 3 mm (Klasse A) als Qualitätsmerkmal, während andere die 2,7 mm (Klasse B) für ausreichend halten. Wie bewerten Sie die Bedeutung der Wandstärke für die Qualität und Langlebigkeit?

Elias – Ja, die Profilwanddicke ist Firmenphilosophie und dagegen ist nichts einzuwenden. Ich kann es nur übergeordnet aus Sicht der RAL Gütesicherung sowie aus meiner Erfahrung aus 18 Jahren Arbeitskreisen sagen: alle RAL gütegesicherten Fenstersysteme und deren Kunststoffprofile erfüllen unsere Anforderungen, weshalb ich sie alle als langlebig oder „dauergebrauchstauglich“ bezeichnen kann. Die RAL-Gütebestimmungen unterscheiden nicht zwischen unterschiedlichen Wanddicken. An alle Profilsysteme werden die gleichen hohen Anforderungen gestellt.

GW – Führt die V-Fugenschweißtechnik häufiger zu Eckenrissen als die konventionelle Schweißung mit Putzfräsung?

Elias – In unserem „Technischen Leitfaden – Schweißen von PVC-U Profilen“ haben wir alle ­Arten von Schweißungen als gleichwertig behandelt. In der Praxis wird in Zusammenarbeit zwischen Fensterhersteller, Maschinenhersteller und Systemgeber der Schweißvorgang so entwickelt, dass immer dauergebrauchstaugliche Kunststofffenster entstehen.

GW – Welche konkreten Empfehlungen zur Planung von Fensteranschlüssen können Sie geben, um Eckenrisse durch thermische Belastungen zu vermeiden?

Elias – Die GKFP hat einen Technischen Leitfaden „Farbige Kunststoffprofile für Fenster und Haustüren: richtig planen und einsetzen“. Darin sind kunststoffspezifische Besonderheiten genannt. Wenn man sich nach den Vorgaben dieses Papieres sowie des VFF Leitfadens zur Planung und Montage von Fenstern und Türen richtet, ist man auf der sicheren Seite.

GW – Der sogenannte Schrumpfprozess wurde auch als möglicher Auslöser für Spannungen und Eckenrisse beschrieben. Gibt es Möglichkeiten, diesen Prozess besser zu kontrollieren, etwa durch Maßnahmen wie das „Tempern“?

Elias – In der RAL Gütesicherung wird der Schrumpf der Profile geprüft und die Toleranzgrenzen sind seit der ersten Richtlinie aus 1977 gleich geblieben. Wenn also der Schrumpf schuld an Eckenrissen wäre, dann müsste seit 1977 ein konstanter Prozentsatz an Ecken brechen. Das ist nicht der Fall. Insofern glaube ich nicht, dass ein Tempern das Thema aus der Welt schaffen würde.

GW – Das RAL-Gütesiegel spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung von PVC-Fenstersystemen. Wie wird dabei die Qualität der Profile, insbesondere deren Wandstärke und thermische ­Belastbarkeit, sichergestellt?

Elias – Danke, dass Sie das oder besser die RAL Gütezeichen (es sind ja mehrere) als zentrale Rolle bezeichnen. Ich habe oben bereits das eine oder andere Beispiel genannt. Grundsätzlich besteht die RAL Gütesicherung aus einem Papier als Vorgabe und diese Vorgabe wird im Rahmen der Produktionskontrolle sehr regelmäßig überprüft, Profile werden einer Erstprüfung unterzogen und dann 2x pro Jahr über ein Audit und eine Fremdprüfung durch eine neutrale Prüfstelle überprüft. Alle bereits genannten Aspekte wie Wanddicken, Schrumpf und Eckfestigkeit sind dabei abgedeckt, bei den Folien eben die Aufheizung über die Bestimmung des direkten Strahlungsreflexions­grades. Also ich denke, wir tun da schon einiges, und das „wir“ schließt die Systemgeber und deren Lieferanten mit ein, die in den Arbeitskreisen an den Regelungen mitgestalten.

GW – Welche Entwicklungen sehen Sie in der Zukunft der Qualitätssicherung von PVC-Fenstersystemen, insbesondere im Hinblick auf Materialforschung und technologische Innovationen?

Elias – Das Schöne an unserer Gütegemeinschaft ist, dass wir sehr breit aufgestellt und insofern eine Plattform rund um das Kunststofffenster sind. Zum Beispiel sind die Innovationen im Bereich der Schweißmaschinen direkt in die Arbeit des entsprechenden Arbeitskreises eingeflossen, der schon vor Jahren ein Projekt zur Haltbarkeit von Ecken beim SKZ in Auftrag gegeben hat. Erkenntnisse daraus fließen dann entweder in die Gütesicherung oder in Technische Leitfäden ein. Da die Arbeit der Arbeitskreise fortlaufend ist, wird so auch die Gütesicherung fortlaufend aktualisiert. Was die Materialforschung angeht liegt die Entwicklungsarbeit bei den Systemgebern. Wir als Verband sind aktuell eher damit beschäftigt, Regelungen zu erarbeiten, um neue Materialien oder Materialkombinationen einem Recycling-Kreislauf zuzuführen.

GW – Welche Auswirkungen hat Recycling und Kreislaufwirtschaft auf die Qualität und Performance von Fenstersystemen?

Elias – Dieses Thema ist aktuell sehr im Fokus. Es muss wohl in den 1970er oder 1980er Jahren gewesen sein, als die PVC-Industrie eine Versuchsreihe durchführte, in der ein und dasselbe PVC-U zwischen Extruder und Mühle im Kreis gefahren wurde – ich vermute Sie kennen die Geschichte. Daraus entstand die Aussage, dass man PVC-U siebenmal ohne Qualitätsverlust verarbeiten kann, öfters hat man es nicht probiert. Wir sind aber überzeugt, dass es auch noch häufiger funktioniert, ohne Probleme im Recyclingprozess oder in der Produktqualität zu haben. Kreislaufwirtschaft war schon immer ein Thema für unsere Industrie. PVC-U Fensterprofile werden recycelt, das organisiert die Rewindo seit 25 Jahren und der „controlled loop“ der PVC-Fenster, speziell in Deutschland, wurde seitens der EU-Kommission bereits als Vorlage für andere Branchen herangezogen. Der Recyclat-Einsatz in neuen Fensterprofilen wiederum ist seit Jahren in unseren Güte- und Prüfbestimmungen vorgesehen. Profile mit und ohne Rezyklat werden in den Anforderungen gleich behandelt. Es gibt keinen „Qualitäts-Abschlag“ für Rezyklat. Darüber hinaus erstellen wir seitens des Verbandes regelmäßig Umwelt-Produktdeklarationen, die den Umwelteinfluss von Kunststofffenstern von der Herstellung bis zur Wiederverwertung abbilden und Proben aus den Mitgliedswerken werden auf VOC geprüft. Weitere Bestandteile im Sinne der Nachhaltigkeit sind das „Design for Recycling“ und die Reparaturfähigkeit. Alle Aspekte sind Anforderungen unserer RAL Gütesicherung.

GW – Herr Elias, herzlichen Dank für Ihre ­Informationen!

Die Fragen an Bernhard Elias platzierte Chef­redakteur Daniel Mund.

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