Die neue Wirus-Doppelspitze (v.l.): Tahir Lambrecht und Thomas Brand
Wirus, ein führender Hersteller von Fenstern und Türen, steht für Qualität und Zuverlässigkeit. Nach 46 Jahren unter der Führung von Christoph Ruoff hat ein Führungswechsel stattgefunden. Die neuen Geschäftsführer Thomas Brand und Tahir Lambrecht sprechen im GW-Interview über den Generationswechsel, die aktuelle Marktlage und ihre Pläne für die Zukunft. Dabei wird deutlich: Das Unternehmen setzt auf bewährte Stärken und innovative Ansätze.
GW – Wirus blickt auf eine lange Geschichte zurück. Wann und wie kam es zur Gründung des Unternehmens?
Thomas Brand –Die Firma wurde 1979 gegründet. Der Name Wirus setzt sich übrigens aus den Anfangsbuchstaben des Gründers Wilhelm Ruhenstroth zusammen – das „WI“ vom Vornamen unddas „RUS“ vom Nachnamen. Christoph Ruoff war von Anfang an dabei und hat das Unternehmen aufgebaut. Er erhielt damals von Wirus den Auftrag, den Bereich Kunststofffenster und Haustüren zu entwickeln. Angefangen hat er mit sechs Mitarbeitern.
Lambrecht – Es gibt niemanden im Unternehmen, der eine andere Führung als die von Christoph Ruoff gekannt hat. Er war wirklich der Mann der ersten Stunde und hat das erste Fenster hier gebaut. Damals wurden Fenster noch mit Lochstreifen kalkuliert – wir haben noch so einen alten Texas Instruments-Rechner mit Lochstreifen, der dafür verwendet wurde.
GW – Herr Lambrecht, Sie sind seit April 2025 bei Wirus. Wie war Ihr Start im Unternehmen?
Tahir Lambrecht – Der Start war hervorragend. Ich wurde toll aufgenommen, das kann ich nicht anders sagen. Herr Ruoff hat alles perfekt vorbereitet – vom Büro über den Parkplatz bis zur EDV. Natürlich gibt es immer noch viel Input, aber die Organisation war wirklich beeindruckend.
GW – Wie kam es zum Führungswechsel nach 46 Jahren?
Lambrecht –Der Prozess begann bereits 2021, als die Indus Holding AG einstieg. Herr Ruoff hatte sich damals bereits Gedanken über die Nachfolge gemacht, da seine Töchter andere berufliche Wege eingeschlagen hatten. Er wollte das Unternehmen in sichere Bahnen lenken. 2023 nahm er dann Kontakt zu mir auf, nachdem wir uns auf der Frontale in Nürnberg getroffen hatten. Ich hatte übrigens schon seit 2003 Berührungspunkte mit Wirus – zunächst als Vertriebsmitarbeiter eines Kunden im Handel und später als Geschäftsführer eines Marktbegleiters. Als ich sah, wie konstant und stark Wirus am Markt agierte, wusste ich, dass dort eine solide Basis vorhanden sein musste.
GW – Wie wurde der Übergang gestaltet?
Lambrecht –Nach mehreren Gesprächen mit Herrn Ruoff und der Indus im Sommer 2024 haben wir meinen Eintritt bei der Wirus vor dem Vorstand der Indus für den 1. April 2025 fixiert. Ursprünglich wollte Herr Ruoff noch zum 31. Dezember ausscheiden, zusammen mit Herrn Lahme, dem ehemaligen Gesellschafter und Prokuristen. Das hat sich dann aber doch bis zum 30. April 2025 verzögert. Durch die einmonatige Übergangszeit konnte ich mich gut einarbeiten, ohne dass es zu Unklarheiten bei den Mitarbeitenden kam. Wir haben seinen Abschied mit einer Betriebsversammlung und einem Grillfest anlässlich seines 72. Geburtstags am 29. April gewürdigt – es war ein tolles Fest und ein fulminanter Abschluss.
Hinter XXL steckt unsere Philosophie, nicht unbedingt der Größte zu sein, sondern der Schnellste und Beste in allen Bereichen.
GW – Herr Brand, Sie kennen das Unternehmen sehr genau und sind bereits seit vielen Jahren Betriebsleiter hier.
Brand – Ja, ich war über 27 Jahre lang für den Betrieb verantwortlich, bis Herr Ruoff mich Mitte letzten Jahres bei der Indus als Geschäftsführer Technik vorgeschlagen hat.
GW – Wie würden Sie die Unternehmenskultur bei Wirus beschreiben?
Lambrecht – Wir haben hier eine sehr offene Diskussionskultur, besonders auf Bereichsleiter-Ebene. Hier muss niemand Angst haben, etwas anzusprechen. Wir wollen diese Diskussionen, denn dabei können auch Probleme benannt werden. Dadurch entstehen viele gute Ideen, über die man nachdenken kann.
Brand – Diese Kultur wurde von Herrn Ruoff geprägt. Er hat sich immer siezen lassen, war aber trotzdem für alle nahbar. Er hat mit jedem Einzelnen gesprochen, egal ob es um berufliche oder private Probleme ging. In meiner Abschlussrede für Herrn Ruoff habe ich Wirus mit dem FC Bayern der Fensterbranche verglichen – und das meine ich ernst. Wie Uli Hoeneß hat sich Ruoff um jeden gekümmert, der Probleme hatte – sei es bei der Wohnungssuche oder bei anderen Anliegen. Und das nicht nur für Angestellte, sondern auch für die Mitarbeitenden in der Produktion. Er war auch bei jedem Betriebsfest dabei, hat mitgetanzt, mitgefeiert und mitgesungen. Diese Verbindung aus Professionalität und menschlicher Nähe prägt das Unternehmen bis heute.
GW – Wie ist Wirus derzeit am Markt positioniert?
Brand – Wir haben aktuell etwa 270 Mitarbeiter und produzieren jährlich rund 150.000 Fenstereinheiten. 2022 war mit einem Umsatz von 80 Mio. Euro unser bisher bestes Jahr. Seitdem haben wir uns bei etwa 70 Millionen Euro eingependelt, was angesichts der Marktlage sehr solide ist.
Lambrecht – Bemerkenswert ist, dass wir immer überproportional zum Markt gewachsen und auch im Abschwung nicht so stark gesunken sind wie der Gesamtmarkt. Das liegt an unserer differenzierten Kundenstruktur: Mindestens 60 Prozent unserer Kunden sind im Renovierungsbereich tätig, ein Segment, das kontinuierlich weiterläuft.
GW – Wie viele Kunden bedienen Sie und in welchen Regionen sind Sie vertreten?
Brand – Wir haben rund 1.200 Kunden in ganz Deutschland mit denen wir den Umsatz generieren. Damit sind wir sehr gut und breit aufgestellt.
Lambrecht – Grundsätzlich ist unser Vertrieb sehr gut aufgestellt. Betrachtet man den durchschnittlichen Umsatz pro Außendienstmitarbeiter, liegen die meisten über dem Branchendurchschnitt.
GW – Wie sieht Ihre Vertriebsstrategie für die Zukunft aus?
Lambrecht – Wir investieren weiter in den Vertrieb, denn das ist für uns der Schlüssel zu Erfolg, Zukunft und Wachstum. In der aktuellen Marktsituation, in der viele Unternehmen unter Druck stehen, haben unsere Fachhandelspartner wieder mehr Zeit, sich umzusehen. Wenn sie dann merken, dass es bei uns anders und besser funktioniert, ist das unsere Chance zur Kundenakquise.
GW – Schlägt sich das bereits in der Kundenstruktur nieder?
Lambrecht – Wir haben für die ersten vier Monate eine besonders positive Neukunden-Statistik – weit über die Hälfte mehr als im Vorjahr.
GW – Was bedeutet das XXL-Prinzip bei Wirus?
Brand – Hinter XXL steckt unsere Philosophie, nicht unbedingt der Größte zu sein, sondern der Schnellste und Beste in allen Bereichen: im Kundendienst, in der Materialzustellung, in der Auftragserfassung und Angebotsbearbeitung. Unser Paket für den Kunden ist XXL. Herr Ruoff hat uns das immer eingeimpft: Wenn eine Anfrage kommt, muss innerhalb von zwei Tagen das Angebot beim Kunden sein, und die Auftragsbestätigung möglichst am selben Tag.
Bemerkenswert ist, dass wir immer überproportional zum Markt gewachsen und auch im Abschwung nicht so stark gesunken sind wie der Gesamtmarkt.
Lambrecht –So banal es klingt, aber Zuverlässigkeit ist mitprägend für unseren Erfolg. Theoretisch sollte es normal sein: Du bestellst etwas, es wird sauber und korrekt erfasst, produziert, verladen und zum angekündigten Termin geliefert. Das ist der Idealfall – doch leider ist die Abweichung davon in der Branche relativ hoch.
Brand –Genau dieser Unterschied macht uns aus. Wir arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen, beispielsweise in der Reklamationsbearbeitung. Früher betrug die Durchlaufzeit 50 Tage, inzwischen sind es etwa 20 Tage. Insgesamt leben wir die Dienstleistung zum Kunden und den größten Hebel sehen wir im Vertrieb.
GW – Wie ist Ihr Produktportfolio aufgestellt?
Lambrecht – Im Haustürbereich bauen wir jährlich 10.000 bis 12.000 Türen, davon etwa die Hälfte aus Aluminium. Bei Fenstern sieht die Verteilung anders aus: Von rund 120.000 Einheiten sind etwa 5.000 aus Aluminium, der allergrößte Teil wird aus Kunststoff gefertigt.
GW – Wie charakterisieren Sie Ihre Zusammenarbeit mit den Zulieferern?
Brand –Wir arbeiten insbesondere mit Salamander, Heroal, Winkhaus, Obuk und Roma und vielen weiteren langjährigen Lieferanten zusammen und sind mit diesem Setup sehr zufrieden. Diese Lieferanten haben uns auch zu Corona-Zeiten bestens unterstützt. Wir hatten nie das Problem, dass wir nicht produzieren konnten, wie es bei vielen anderen der Fall war. Es war schon immer unser Bestreben, nicht ständig zwischen Lieferanten zu wechseln, um ein paar Euro zu sparen, sondern langfristige, partnerschaftliche Beziehungen aufzubauen.
GW – Wie beurteilen Sie die aktuellen Trends bei Kunststoff-Profilsystemen?
Brand –Mit dem Grundspektrum unseres Profillieferanten Salamander kommen wir sehr gut zurecht. Man muss sehen, dass 80 bis 90 Prozent des Geschäfts mit den Basisprofilen abgedeckt werden.
Lambrecht – Es gibt wichtige Trends wie Nachhaltigkeit, energetische oder geometrische Anforderungen. Bei PVC-Alu-Fenstern sehen wir aktuell einen gewissen Hype, aber die Frage ist, ob dieser anhält. Der Preisunterschied zu reinen Kunststofffenstern ist relativ groß.
Brand – Wir beobachten, dass Endkunden mehr auf den Preis achten. Sie verzichten beispielsweise in manchen Zimmern auf Rollläden. Dadurch ist der durchschnittliche Auftragswert insgesamt geringer geworden.
GW – Wie sieht die Infrastruktur am Standort aus?
Lambrecht – Wir verfügen über 75.000 Quadratmeter Grundstücksfläche und 25.000 Quadratmeter Fertigungshallen. Wir haben auch noch weitere Flächen für zusätzliche Erweiterungspläne zur Verfügung.
Brand – 2023 haben wir eine neue Halle für die Aluminiumfertigung fertiggestellt, und 2024 haben wir unsere neue Produktionsstätte für Kunststoff in Betrieb genommen. Das neue Bearbeitungszentrum von Schirmer ist eine Art „eierlegende Wollmilchsau“, mit der wir viele verschiedene Produkte herstellen können. Mit dem neuen BAZ können wir flexibel produzieren und sind für die Zukunft gut gerüstet.
GW – Welche Fertigungstechnologien setzen Sie ein?
Brand – Alle unsere Bearbeitungszentren sind von Schirmer. Bei der Schweißtechnologie setzen wir auf Urban, ein in der Branche weit verbreitetes System. Urban hat mit Finke hier in Hamm einen Partner, durch den wir betreut werden. Das funktioniert sehr gut – Wenn wir anrufen, sind sie innerhalb einer Stunde hier, um Wartungsarbeiten durchzuführen.
GW – Was planen Sie für die Zukunft? Gibt es Bereiche, die Sie anders gestalten möchten?
Lambrecht – Wir haben die komfortable Situation, ein sehr gesundes und gut aufgestelltes Unternehmen zu übernehmen. Daher gibt es keinen akuten Handlungsbedarf, sondern wir können aus der Stärke heraus agieren. Wir freuen uns auf die gemeinsame Wirkungsstätte hier am Wirus-Ruder und auf eine Zukunft, in der das Unternehmen eine noch größere Rolle in der Branche spielen wird. —
GW – Herr Lambrecht, Herr Brand, danke für die Informationen und alles Gute für die Zukunft!
Das Gespräch am Firmensitz in Rietberg-Mastholte führte Chefredakteur Daniel Mund.
Foto: Daniel Mund / GW
Zeugnisse aus der Wirus-Vergangenheit:Fenster wurden mit Lochstreifen und TI-Rechner kalkuliert.
Daniel Mund / GW
Produktion auf dem neuesten Stand – hier ein Blick auf das verhältnismäßig neue BAZ von Schirmer.
Foto: Daniel Mund / GW
Der GW-Chefredakteur vor Ort bei Wirus in Rietberg.
Wechselvolle Wirus-Historie
Die Wirus Fenster GmbH & Co. KG hat seit ihrer Gründung im Jahr 1979 als Abteilung der Wirus Werke W. Ruhenstroth GmbH eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen. In dieser Einheit, die unter anderem Spanplatten und Zimmertüren herstellte, wurde Wirus 1988 an die Pfleiderer AG verkauft und in Pfleiderer Fenster umbenannt. Die entscheidende Veränderung kam im Jahr 2002, als Christoph Ruoff, Martin Lahme und Norbert Stichling das Unternehmen übernahmen und den alten Namen „Wirus Fenster” wieder ins Leben riefen. Unter ihrer Leitung wurde in moderne Technologien investiert, beispielsweise in Stabbearbeitungszentren, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen und die Qualität zu verbessern.
2014 folgte der Bau eines eindrucksvollen Ausstellungs- und Schulungszentrums sowie die Erweiterung des Betriebsgrundstücks. Die kontinuierliche Expansion setzte sich fort: Bis 2017 wurden Fertigungshallen und das Betriebsareal erheblich vergrößert.
Ein weiterer Meilenstein folgte 2021 mit der Errichtung einer 3.800 m² großen Versandhalle. In diesem Jahr beteiligte sich zudem die Indus Holding AG an Wirus, wobei Christoph Ruoff das Unternehmen weiterhin als geschäftsführender Gesellschafter lenkte. 2023 wurde eine neue Halle für die Aluminiumfertigung fertiggestellt. 2024 übernimmt die Indus Holding auch die restlichen Anteile am Unternehmen.
Heute produziert Wirus als einer der führenden Hersteller und Komplettanbieter von hochwertigen Fenstern und Haustüren aus Kunststoff und Aluminium jährlich etwa 150.000 Fenster und 11.000 Haustüren. Diese werden über den Fachhandel sowohl bundesweit als auch im benachbarten europäischen Ausland vertrieben. Wirus hat sich durch seinen erstklassigen Kundenservice und seine Maßanfertigungen mit extrem kurzen Lieferzeiten einen festen Platz im Markt gesichert.
Das Unternehmen ist unter den Top-Ten der Produzenten in Deutschland.
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