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Im Gespräch mit Ingrid Meyer-Quel von BF und GGF

Was verbirgt sich noch einmal hinter dem Gütezeichen?

GW – Was steckt hinter den Gütezeichen für Isolierglas und für ESG–HF?

Ingrid Meyer-Quel – Beides sind sogenannte RAL Gütezeichen. Davon gibt es insgesamt 150 verschiedene, verliehen durch 113 Gütegemeinschaften. Zwei davon, das Gütezeichen Mehrscheiben-Isolierglas und das Gütezeichen ESG-HF, werden durch die Gütegemeinschaft Flachglas e.V. vergeben. Träger des Systems der Gütesicherung ist die Dachorganisation RAL. Sie begleitet die Gütegemeinschaften und stellt durch umfangreiche Maßnahmen sicher, dass die Gütezeichen dauerhaft für Verlässlichkeit und Qualität stehen.

GW – Wie ist die RAL Gütesicherung organisiert?

Meyer-Quel – Das System der RAL Gütesicherung ist ein eigenständiges, privatrechtlich organisiertes System, das Alleinstellungsmerkmale enthält. Das ist der grundlegende Unterschied zu allen anderen Kennzeichnungen. Das gemeinsame Merkmal aller RAL Gütezeichen ist eine unabhängige Fremdüberwachung. Produkte oder Dienstleistungen mit RAL Gütezeichen müssen definierte Qualitätsanforderungen erfüllen, die in den jeweiligen Güte- und Prüfbestimmungen detailliert festgelegt sind. Die RAL Gütezeichen sind der Beleg für eine besondere Qualität von Produkten und Leistungen.

GW – Wie unterscheiden sich Gütezeichen und Prüfzeichen?

Meyer-Quel – Ein Prüfzeichen bestätigt lediglich die Übereinstimmung des geprüften Produktes mit den Anforderungen der Norm, sagt jedoch nichts über die tatsächlich erreichte Qualität aus. Dagegen sind RAL Gütezeichen explizit Qualitätszeichen. Sie sollen besonders hohe Qualität signalisieren und es den Gütezeichenträgern ermöglichen, sich damit positiv abzuheben. Diese Qualität wird durch regelmäßige Eigenüberwachung sowie die Fremdüberwachung durch unabhängige Prüfstellen sichergestellt.

GW – Welche Vorteile bringt ein Gütezeichen für den Hersteller?

Meyer-Quel – Mehrscheiben-Isolierglas mit RAL Gütezeichen ist insbesondere für Fenster und Fassaden gedacht, die selbst wiederum das RAL Gütezeichen für Fenster, Fassaden und Haustüren tragen, um eine durchgängige Qualitätskette sicherzustellen. Oftmals werden von Planern in Ausschreibungen aber gezielt Isoliergläser mit RAL Gütezeichen gefordert, da sie die Vorteile der externen Qualitätskontrolle und Überwachung schätzen.

Bei heißgelagertem ESG wird gemäß der EU Produktnorm keine Fremdüberwachung gefordert. Die deutsche Bauaufsicht schreibt jedoch für bestimmte Bauarten mit heißgelagertem ESG wie den Einbau in der Außenfassade mit Oberkante über 4 m Höhe eine erhöhte Sicherheit gegen spontanes Versagen vor. Mit der Fremdüberwachung gemäß den Güte- und Prüfbestimmungen für das RAL Gütezeichen ESG-HF ist sichergestellt, dass diese Anforderungen erfüllt sind.

GW – Wenn sich ein Betrieb dafür entscheidet, seine Produkte mit einem Gütezeichen ausstatten zu lassen, wie wird das geprüft?

Meyer-Quel – Das ist in den jeweiligen Güte- und Prüfbestimmungen detailliert beschrieben. Wenn das Gütezeichen neu beantragt wird, muss der Betrieb eine Technische Dokumentation vorlegen, die von der Prüfstelle auf Vollständigkeit kontrolliert wird. Auch muss der Betrieb regelmäßig im Rahmen seiner werkseigenen Produktionskontrolle bestimmte Prüfungen durchführen und dokumentieren. Nach erfolgreicher Erstprüfung testet die Prüfstelle dann regelmäßig halbjährlich oder jährlich, die Eigenüberwachung des Betriebs vor Ort. Sie kontrolliert zudem stichprobenartig Fertigprodukte und führt in ihrem Prüflabor weitergehende Prüfungen durch. Dazu werden z. B. beim Gütezeichen Mehrscheiben-Isolierglas Prüfscheiben für regelmäßige Kurzzeit-Klimaprüfungen gezogen, mit denen der Betrieb dokumentieren muss, dass das von ihm verarbeitete Isolierglas in Ordnung ist.

Die RAL Gütezeichen werden konstant überwacht. Das unterscheidet sie von allen anderen Qualitätskennzeichnungen und sonstigen Gütesiegeln und macht sie zu einer verlässlichen Orientierungshilfe bei der Auswahl von Produkten und Dienstleistungen.

GW – Und welche Tests sind im Detail nötig?

Meyer-Quel – Es würde den Rahmen sprengen, diese Prüfungen jetzt alle aufzuführen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle auf die Güte- und Prüfbestimmungen verweisen, diese stehen auf der Webseite der Gütegemeinschaft Flachglas öffentlich und kostenfrei zur Verfügung.

GW – Welche Sicherheit bringt das Gütezeichen für den Endkunden?

Meyer-Quel – Bei ESG-HF wird durch das Gütezeichen sichergestellt, dass die Anforderungen der Bauaufsicht erfüllt sind und die ordnungsgemäße Durchführung der Heißlagerung regelmäßig durch eine externe Prüfstelle kontrolliert wird. Bei Mehrscheiben-Isolierglas gibt es als Alleinstellungsmerkmal des RAL Gütezeichens eine Besonderheit: Die Betriebe mit RAL Gütezeichen dürfen nur solche Randverbund-Komponenten, d. h. Abstandhalter, Trocknungsmittel und Dichtstoffe für ihr Isolierglassystem verwenden, die von der Gütegemeinschaft Flachglas freigegeben und auf der Liste der güteüberwachten Komponenten aufgeführt sind. Hierfür ist gut zu wissen, dass nicht nur die Qualität des Herstellprozesses für die Dauerhaftigkeit von Isoliergläsern entscheidend ist, sondern auch die Qualität der verwendeten Randverbundmaterialien.

GW – Wie werden die Materialien geprüft?

Meyer-Quel – Bei der Erstprüfung wird ein Produkt hinsichtlich wichtiger Merkmale wie Materialzusammensetzung, Maße, physikalische Eigenschaften oder Leistungswerte genau analysiert. Diese Daten werden als „Fingerprint“ hinterlegt und dienen künftig als Referenzwert für spätere Prüfungen. Im Zuge der Überwachung für das RAL Gütezeichen Mehrscheiben-Isolierglas nehmen die Prüfstellen bei den ISO-Herstellern auch Proben der Randverbundmaterialien mit. Mit umfangreichen Laborprüfungen wird halbjährlich das kontrolliert, was an die Gütezeichenträger geliefert wird. So ist sichergestellt, dass sich die Qualität der Komponenten nicht schleichend verändern und so die Dauerhaftigkeit des Isolierglases beeinträchtigen kann.

GW – Welchen internen Nutzen hat ein Betrieb durch ein Gütezeichen?

Meyer-Quel – Es liegt in der Natur der Werkseigenen Produktionskontrolle, dass sie überwiegend von Routine geprägt ist. Die regelmäßigen Besuche durch die Prüfstellen tragen mit Sicherheit stark dazu bei, dass sich die Qualifizierung der Belegschaft in den Betrieben weiter erhöht. Zudem bieten wir von der Gütegemeinschaft Flachglas jährlich Güteprüferseminare an, bei denen umfangreiches Fachwissen rund um das Produkt Mehrscheiben-Isolierglas, zu den normativen Anforderungen und zur Sinnhaftigkeit der Qualitätssicherung vermittelt wird.

GW – Gibt es GGF-Mitglieder, die aufgrund ihres RAL-Gütezeichens eine geringere Reklamationsquote verzeichnen?

Meyer-Quel – Dazu liegen uns keine Zahlen vor. Da die allermeisten Mitglieder langjährige Gütezeichenträger sind, fehlt eine Vergleichsmöglichkeit. Allerdings ist davon auszugehen, dass die strukturierte Qualitätssicherung und die regelmäßigen Eigen- und Fremdüberwachungen maßgeblich dazu beitragen, Reklamationen zu vermeiden. Schließlich werden alle qualitätsrelevanten Produktionsschritte kontinuierlich überwacht – und Abweichungen können so frühzeitig erkannt und behoben werden.­

Die Fragen stellte Matthias Rehberger

Bei gütegeprüften Isoliergläsern wird neben den Scheiben, regelmäßig auch die jeweilige Produktion regelmäßig überprüft.

Foto: Echt Eppelt GmbH

Bei gütegeprüften Isoliergläsern wird neben den Scheiben, regelmäßig auch die jeweilige Produktion regelmäßig überprüft.

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