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Sanierungs-Isoliergläser von Sollingglas

Über 1000 Spezialgläser für die Speicherstadt

Aktuell werden viele Gebäude der Hamburger Speicherstadt, dem weltgrößten historischen Lagerhauskomplex, einer Umnutzung zugeführt, was entsprechende Umbaumaßnahmen mit sich bringt. Für eine 2021 stattfindende Sanierung zweier Blöcke der historischen Backsteingebäude bekam Sollingglas Bau & Veredelung die Aufgabe, spezielle Fenstergläser zu entwickeln. Die noch intakten gusseisernen Fensterrahmen sollten weiter genutzt werden, um die historische Ansicht zu bewahren. Das Projekt erforderte den Austausch von über 1000 Scheiben.

Die neuen Gläser und die Befestigung sollten hohe Anforderungen erfüllen. Um in die vorhandenen Rahmen zu passen, mussten die Gläser zum einen sehr dünn sein. Zum anderen sollten sie einen verbesserten Wärmeschutz aufweisen. Die bisherigen Einfachgläser wurden mit Fensterkitt befestigt, wie es im 19. Jahrhundert bei Stahlfenstern üblich war.

Gerade bei solchen (Sanierungs-)Projekten ist es wichtig, dass Bauherr, Architekt, Verglasungshersteller und Rahmensanierer eng zusammenarbeiten und sich bezüglich verwendeter Materialien austauschen, dies war hier der Fall.

Materialverträglichkeit, und wie diese getestet wurde

Zwei weitere Herausforderungen bestanden darin, eine passende Klebtechnik zu finden, mit der das Glas in den historischen Rahmen befestigt werden konnte sowie den Randverbund vor ultravioletter Strahlung zu schützen.

Gleichzeitig sollte auch die Ansicht auf den Randverbund verdeckt werden.

Die bauseits gereinigten und frisch lackierten gusseisernen Fensterrahmen durften auf die verwendeten Komponenten nicht mit Alterung oder Korrosion reagieren und mussten zudem noch beständig sein.

Ein Gesamtkonzept wurde erarbeitet, und im Vorfeld mußten Tests durchgeführt werden, um Material-Unverträglichkeiten auszuschließen.

Von heute zeitgemäßen Isolier-Verglasungen in Fenstern sind die Materialunverträglichkeiten zwischen den verwendeten Dichtstoffen, Klebern und Lacken in der Regel bekannt wie z.B. die Erweichung und Auflösung der Butyl-Dichtung durch das Eindringen von Weichmachern. Oder es kann vorkommen, dass Weichmacher in den Scheibenzwischenraum eindringen.

Aber auch bis dato unbekannte schädliche Wirkungen der modernen Materialien mit den historischen gusseisernen Rahmen sollten durch entsprechende Voruntersuchugen weitgehend ausgeschlossen werden.

Hier der schematische Aufbau der Isolierglas-Verklebung im Stahlrahmen.

Foto: Sollingglas

Hier der schematische Aufbau der Isolierglas-Verklebung im Stahlrahmen.

Wie sah der Aufbau der Gläser von Sollingglas aus?

Insgesamt wurden über 1000 Gläser ausgetauscht. Da die gusseisernen Rahmen selbst eine geringe Dicke haben, kamen nur dünne Isoliergläser in Frage. Dabei weisen die zwei Scheiben Dicken von 2 oder 3 mm auf; der mit Krypton-Gas gefüllte Scheibenzwischenraum beträgt 4 mm. Für einen besseren Wärmeschutz wurden beschichtete Gläser verwendet. Die Isoliergläser sind nur 9 – 10 mm dick

Um den Polysulfid-Randverbund vor UV-Strahlung zu schützen und die Ansicht darauf zu verdecken, wurde ein schwarzer Speziallack verwendet. In Tests wurde sowohl die Beständigkeit und Haftungsfähigkeit des Lackes auf Glas sichergestellt als auch die Verträglichkeit mit dem gusseisernen Rahmen.

Hier eines der Spezial-Isoliergläser, die Sollingglas für das Projekt in der Speicherstadt fertigte.

Foto: Sollingglas

Hier eines der Spezial-Isoliergläser, die Sollingglas für das Projekt in der Speicherstadt fertigte.

Auf welche Weise wurde die Glashaftung optimiert?

Mittels einer speziellen bei Sollingglas durchgeführten Vorbehandlung konnte die Haftung auf dem Glas sogar noch verbessert werden. Letztendlich bekam jedes Isolierglas jeweils auf der Außenscheibe einen 12 mm breiten Lackrand.

Die Verglasung wurde bauseits mit einem Silikon-Klebstoff von innen an die Fensterrahmen verklebt. Der Zustand der alten Rahmen spielte hier eine große Rolle. Gibt es eine Rissbildung, liegt Korrosion vor, wie ist der Oberflächenzustand?

In der Restaurierung ist es oberste Priorität die alte Bausubstanz zu erhalten. Gerade wenn es sich wie bei den Speicherblöcken um ein Weltkulturerbe handelt. Allerdings lässt sich das nicht immer verwirklichen. So mussten auch hier einige kaputte Rahmen auf der Wasser-Seite ausgetauscht werden, weil sie durch die salzige Luft und die Feuchtigkeit irreparabel waren.

Die meisten Eisenrahmen jedoch wurden bauseits aufgearbeitet. Direkt vor Ort wurden Farb- und Kitt-Reste entfernt, alles gereinigt und ein Primer aufgetragen, um eine Langzeit-Haftung der neuen darüber liegenden Lackierung zu gewährleiten. Der Lack stellt dabei den Haftgrund für die Verklebung der Isoliergläser.

Um äußeren Einwirkungen wie Schlagregen und inneren Einflüssen wir Kondenswasser vorzubeugen, wurden Fugenabdichtungen aus einem weiteren Silikon angebracht.

Glas vs. Metal – wie wurde mit Spannungen umgegangen?

Insbesondere wenn wie hier Glas und Metall verpaart werden, kann mit mechanischen und thermischen Spannungen gerechnet werden. Diese gilt es abzufangen, da sie ansonsten im gesamten System „Eisenfenster“ wirken.

Dehnungsverhalten und Plastizität der angewendeten Kleber und Dichtmaterialien sind hierbei sehr wichtige Kenngrößen. Besonders an den Grenzflächen der verwendeten Komponenten ist ein passender Haftungsaufbau vonnöten.

Speziell angepasste Primer sorgen im System für eine erhebliche Verbesserung der Adhäsion und Dauerhaftigkeit der Verklebung. Die Grafik am Textanfang zeigt die in Wechselwirkung zueinander stehenden Grenzflächen im Stahlfenster.

Die Restaurierung und Sanierung eines denkmalgeschützten Weltkulturerbes wie die Speicherstadt ist schon etwas anderes besonderes.

Innerhalb der beiden Speicherblöcke sind unterschiedliche Nutzungen geplant. Zum einen entstehen Lager, Ausstellungsräume und Büros, für die wie beschrieben der alte gusseiserne Rahmen mit einem neuen dünnen Isolierglas ausgestattet wird.

Wie sind die Verglasungen der neuen Lofts aufgebaut?

Die neuen Lofts hingegen bekommen neben der äußeren Einfachverglasung im vorhandenen Rahmen innen zusätzlich eine Isolierverglasung.

In den nächsten Jahren stehen voraussichtlich weitere Restaurierungen in der Speicherstadt Hamburg an. Dort werden Konzepte mit noch besserem Wärmeschutz im Bereich Fenster und Verglasung ausprobiert.

Die verwendeten Lösungen sollten in einem Folgeprojekt hinsichtlich ihrer Wirksamkeit verglichen und Langzeiterfahrungen gesammelt werden. Viele zukünftige Industriearchitektur-Projekte, bei denen eine Kombination der alten Bausubstanz mit neuen Materialien ansteht, können von diesen Erfahrungen profitieren.

Anschlussdetail der eingeglasten Scheibe

Foto: Sollingglas

Anschlussdetail der eingeglasten Scheibe

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