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Gruppen- und Sternanlagen im Bereich Outdoor Living fordern die Hersteller

Der gordische Knoten

Bei der Imago von Corradi ist das mehrteilige Kopfteil aus Edelstahl so modular ­ausgeführt, dass es von der normalen Ecke bis zum Dreier- oder Viererknoten passt.

Foto: Olaf Vögele

Bei der Imago von Corradi ist das mehrteilige Kopfteil aus Edelstahl so modular ­ausgeführt, dass es von der normalen Ecke bis zum Dreier- oder Viererknoten passt.
Gruppenanlagen wie beim Weingut Kern (R+T Projekt) haben sich auf den ­Gastronomie-Terrassen in den letzten Jahren schon fast zum Standard entwickelt.

Foto: markilux

Gruppenanlagen wie beim Weingut Kern (R+T Projekt) haben sich auf den ­Gastronomie-Terrassen in den letzten Jahren schon fast zum Standard entwickelt.
Ein Vierer-Knotenpunkt in Verbindung mit Glasschiebewänden stellt die höchsten Anforderungen an die Konstruktion der Lamellendächer.

Foto: Möhn GmbH

Ein Vierer-Knotenpunkt in Verbindung mit Glasschiebewänden stellt die höchsten Anforderungen an die Konstruktion der Lamellendächer.

Denn genau an diese Knotenpunkte werden erhöhte statische Anforderungen gestellt, wenn Lamellendächer in ihren heutigen Bauweisen schon fast regelmäßig als Gruppen- oder Sternanlagen ausgeführt werden. Ursprünglich als freistehende Einzelanlagen konzipiert, sind die Anwendungsfälle stark ausgeweitet worden. Glasschiebeelemente sind bereits Status quo und erhöhen zusätzlich die Anfälligkeit für seitlichen Winddruck. Und hier liegt die grundliegende Problematik, wenn Lamellendächer in ihrer ursprünglichen Entwicklung nicht darauf ausgelegt worden sind, einen gemeinsamen Knotenpunkt bei einer Vierer-Gruppe abzubilden, der grob gesagt die vierfache Belastung aushalten muss. Man muss sich hier immer vor Augen halten. dass bei einer Vierer-Gruppe nur 9 statt 16 Standsäulen eingesetzt werden.

Was sagt das Baurecht dazu?

Eine pauschale Antwort darauf kann es nicht geben, da es angefangen vom Bauplanungsrecht (Bundesgesetzgebung), oder das landesbaurechtliche Bauordnungsrecht (Bauordnungen der Länder) unterschiedliche Betrachtungsweisen gibt. Zusätzlich können je nach geltenden Vorschriften von Stadt, Kreis oder Gemeinde weitere Vorschriften zu beachten sein, denen zu folgen ist. Hier gilt ausdrücklich die Holschuld, dass heißt die geltenden Bestimmungen müssen eingeholt werden. Die leidige Diskussion ob das im Aufgabenbereich des Bauherrn oder des ausführenden Fachbetriebs liegt ist müßig. Vorschriften müssen beachtet werden, und der Fachbetrieb sitzt bei mangelnder Aufklärung des Kunden gleich mit ihm Boot, wenn es später Probleme mit dem Bauamt gibt. Ein möglicher Rückbau (Abriss) von gerade installierten Pergola-Anlagen ist hier kein Zauberwort, sondern in vielen Fällen bereits Realität. Auch eine Prüfstatik kann von den Baubehörden jederzeit angefordert werden, auch nach der bereits erfolgten Installation.

Eine Erklärung zum Standsicherheitsnachweis im Genehmigungsverfahren kann z. B. beinhalten, dass das Bauvorhaben keiner bautechnischen Prüfung (Gebäude niedriger als 7 m) bedarf. Bei Bauanträgen für Gebäude höher als 7 m muss in der Regel eine Bautechnische Prüfbestätigung erfolgen. Diese statische Prüfnachweise müssen von einem unabhängigen „Prüfingenieur für Bautechnik“ (Statiker) erstellt werden.

Besser früher als zu spät rechnen!

Hört man in die Branche, kommt immer wieder die Diskussion auf was von Herstellerseite geleistet werden muss. Sehr oft wird dabei mit der Typenstatik argumentiert, alles andere müsse der Fachhändler besorgen, denn der Hersteller könne ja nicht wissen, wo die Lamellendächer eingebaut werden. Eine Typenstatik dient letzlich nur der Vermeidung wiederholter Aufstellung und Prüfung von Statiken bei gleichbleibenden Randbedingungen, und i.d.R. beinhaltet diese nur eine freistehende Einzelanlage ohne seitliche Verschlüsse.

Die Knotenpunkte werden von den Herstellern von ­einer Standsäule bis vier Standsäulen ­unterschiedlich gelöst. In diesem Beispiel wurden vier Standsäulen ­geschickt zu einer größeren Säule verkleidet.

markilux

Die Knotenpunkte werden von den Herstellern von ­einer Standsäule bis vier Standsäulen ­unterschiedlich gelöst. In diesem Beispiel wurden vier Standsäulen ­geschickt zu einer größeren Säule verkleidet.

Eine prüffähige Einzelstatik hingegen spiegelt hingegen die tatsächliche Anlagenkonstellation vor Ort wieder. Hier werden alle relevanten Faktoren eingerechnet und ein einwandfreier Nachweis über die Belastbarkeit der Lamellendächer bei Wind und Wetter erstellt. aus diesen Berechnungen lassen sich dann auch notwendige Fundamentgrößen bestimmen, die auch einen statischen Nachweis erbringen müssen.

Die Diskussion macht keinen Sinn

Es ist eigentlich vollkommen egal, was im Moment in der Branche diskutiert wird, Typen- oder Einzelstatik hin oder her. Der entscheidende Punkt ist, dass man bei Anforderung einer Behörde, oder wenn es Vertragsbestandteil ist, eine entsprechende Prüfstatik vorlegen kann. Ist das nicht der Fall, haben Fachhändler als Vertragspartner des Bauherrn und der nachgeschaltete Hersteller ein großes Problem, wenn der Mangel nicht zu heilen ist, weil keine prüffähige Statik erstellbar ist. Deshalb sollten sich Fachhändler vorher informieren, was sie später verkaufen.

Olaf Vögele

Ausführliche Montageanleitungen und Schulungen sind notwendig, damit Monteure alle statisch relevanten Schrauben etc. ordnungsgemäß verbauen.

Foto: Corradi

Ausführliche Montageanleitungen und Schulungen sind notwendig, damit Monteure alle statisch relevanten Schrauben etc. ordnungsgemäß verbauen.
Die Berechnungen der Einzelstatiken zeigen sehr ­detailliert in welchen Dimensionen Knotenpunkte und Anschlußpunkte ausgeführt werden müssen.

Foto: Warema

Die Berechnungen der Einzelstatiken zeigen sehr ­detailliert in welchen Dimensionen Knotenpunkte und Anschlußpunkte ausgeführt werden müssen.

So mancher hat noch sehr viel zu tun!
Man könnte sagen, die Revolution im Bereich Outdoor Living frisst ihre Eltern. Hersteller die jetzt erst auf den Markt kommen, können sich auf die Anforderungen von Gruppen- oder Sternanlagen einstellen, der ein oder andere der schon länger am Markt ist muss ggf. sein Produkt nacharbeiten, um statische Anforderungen zu erfüllen.

Olaf Vögele, Sachverständiger und Journalist