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VOB/A und VOB/B richtig anwenden

Auch in der Krise richtig vorgehen

In einem uns aktuell vorliegenden Fall wird ein Handwerker aus dem R+S Bereich als Subunternehmer von dem ausführenden Unternehmen für die Fassade mit Fristsetzung belegt, die Arbeiten an einer Schule durchzuführen, die in einem amtlich festgestellten Risikobereich liegt. Die Rechtsfolge für den R+S Betrieb, er bzw. seine Monteure dürften danach als Rückkehrer aus Risikogebieten für den Zeitraum von 14 Tagen bestimmte Bereiche im Kreisgebiet seines Firmensitzes (ein entsprechender Erlass liegt vor) nicht mehr betreten.

Formblätter alleine sind zwar keine ausreichende Behinderungsanzeige, aber eine gute Basis um nichts zu vergessen und einen Leitfaden zu haben.

Foto: Formblitz

Formblätter alleine sind zwar keine ausreichende Behinderungsanzeige, aber eine gute Basis um nichts zu vergessen und einen Leitfaden zu haben.

Wie verhält man sich?

Was ist also zu tun, wenn ein solcher Fall eintritt. Wie geht der Handwerker mit Leistungsverpflichtungen gegenüber den Auftraggebern um. Besteht hier die Möglichkeit auf Schadensersatz und/oder Kündigung des Auftrages wegen Inverzugsetzung?

Der gesunde Menschenverstand sollte da eine klare Meinung haben, eine definitive Antwort kann nur ein Rechtsanwalt geben und im Streitfall ein Gericht entscheiden. Zu klären wäre für den Handwerker, ob eine Behinderung vorliegt, die eine Durchführung der angeforderten Arbeiten verhindert.

VOB/A und VOB/B setzen hier zur Abwehr von etwaigen Schadensersatzansprüchen und Kündigungsrechten des Auftraggebers zwingend eine Behinderungsanzeige voraus. Das gilt auch, wenn die VOB/B wirksam in den Werkvertrag nach BGB mit einbezogen wurde. Hier gilt es also genau zu prüfen, denn der BGB alleine sieht erstmal keine Behinderungsanzeige vor.

Die Behinderungsanzeige muss dabei zwingend die folgenden Kriterien erfüllen bzw. beinhalten:

  • Sie muss unverzüglich erfolgen, und zwar bereits dann, wenn der Auftragnehmer glaubt, dass eine Verhinderung eintreten wird. Der tatsächliche Eintritt der Behinderung ist dabei nicht notwendig.
  • Sie muss schriftlich erfolgen. Achten Sie auf eine rechtssichere Abgabe, lassen Sie als Geschäftsführer das Schreiben von zwei Mitarbeitern (diese können als Zeugen benannt werden, der GF selbst kann kein Zeuge
    sein) in den Briefumschlag geben und versenden Sie es als Einwurfeinschreiben und per Fax. Beachten Sie, dass E-Mails zwischen Geschäftspartnern nicht die Schriftformerfordernis nach § 126 Abs. 1 BGB erfüllen (OLG Frankfurt, Urteil vom 30.4.2012, Az. 4 U 269/11), wenn Sie darauf keine rechtlich verbindliche Antwort einer dazu befähigten Person bekommen.
  • Stellen Sie diese gegenüber dem Vertragspartner. Das ist in der Regel nicht der Architekt des Bauherren, außer er hat eine nachweisbare Bauherrenvollmacht. Bei Unsicherheiten im Vertrag stellen Sie diese an den Architekten und den Vertragspartner.
  • Beschreiben Sie, welche konkreten Arbeiten aufgrund welcher Umstände nicht wie geplant ausgeführt werden können. Die formalistische Mitteilung der Erschwernis zur Erbringung der geplanten Arbeiten genügt auf keinen Fall.
  • Gibt es weitere Möglichkeiten?

    Der Leistungsverzug ist auch wegen eines Ausfalls von Mitarbeitern möglich, um nach unverzüglicher Behinderungsanzeige die Ausführungspflichten in einem angemessenem Umfang zu verlängern. Gründe um Behinderungen beim Bauablauf anzumelden sind die Vertragsgrundlagen nach VOB/A und VOB/B. Hier können bei der Behinderungsanzeige folgende Umstände zugrunde gelegt werden:

  • Streik und Aussperrung im eigenen Betrieb
  • Witterungseinflüsse, wenn bei zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots nicht damit gerechnet werden konnte
  • Vom Auftraggeber zu vertretende Umstände
  • Höhere Gewalt und andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände. Gerade bei der pandemischen Ausbreitung von Corona und den durch die Behörden angeordneten Vorsichtsmaßnahmen bzw. daraus bedingter Quarantäne in Verdachtsfällen und daraus folgender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit notwendiger Mitarbeiter, sind für Auftragnehmer regelmäßig unabwendbare Umstände im Sinne höherer Gewalt anzunehmen.
  • Was sind die Konsequenzen?

    Liegt eine entsprechende Behinderung tatsächlich vor, so verlängern sich die Ausführungsfristen in einem angemessenem Umfang. Der Anspruch auf Bauzeitverlängerung berechnet sich nach folgenden Kritierien:

  • Dauer der Behinderung
  • Zeitzuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten
  • Jahreszeitlich bedingte Zuschläge
  • Das bedeutet im Klartext, dass nach dem Wegfall der Behinderung eben nicht von heute auf Morgen mit den Arbeiten begonnen werden muss, sondern eine ausreichende Zeit zugeschlagen werden muss, um Monteure, Arbeitsmaterial, Fahrzeuge und Werkzeug bereitzustellen. Hier gilt es mit Augenmaß vorzugehen und sich mit dem Auftraggeber abzusprechen.

    Fazit

    Auch wenn die Handwerksbetriebe in der jetzigen Lage extrem angespannt und mit existenzsichernden Maßnahmen beschäftigt sind, sollte auch das Befassen mit vorliegenden VOB Aufträgen, die nicht abgearbeitet werden können, die notwendige Aufmerksamkeit haben. Fehler in den Formalien können zum Verlust von Aufträgen und zu unnötigen Schadenersatzanforderungen führen. Deshalb sollte nicht gezögert werden, unverzüglich Behinderung bei der Bauausführung anzuzeigen, wenn das Wohle der Mitarbeiter auf dem Spiel steht oder andere Gründe für eine Behinderung vorliegen.

    Olaf Vögele

    Auch das Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes stellt unter Punkt 5.1.3 klar, dass Schadensersatzansprüche nach § 6 Abs. 6 VOB/B an die Voraussetzung geknüpft sind, dass ein Vertragspartner die hindernden Umstände zu vertreten hat und bei Behinderung infolge höherer Gewalt oder anderer unabwendbarer Umstände Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind.

    Foto: BRD

    Auch das Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes stellt unter Punkt 5.1.3 klar, dass Schadensersatzansprüche nach § 6 Abs. 6
    VOB/B an die Voraussetzung geknüpft sind, dass ein Vertragspartner die hindernden Umstände zu vertreten hat und bei Behinderung infolge höherer Gewalt oder anderer unabwendbarer Umstände Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind.

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