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Im Interview mit Florian Kneer und Hans-Jürgen Aigner

„Die Teamleistung hat den Erfolg gebracht“

Glaswelt – Herr Kneer, gegründet wurde das Unternehmen vor 90 Jahren von Ihrem Großvater Alois. Zunächst war wohl eine Allround-Schreinerei vorgesehen?

Florian Kneer – Das ist richtig. Die Bau- und Möbelschreinerei von meinem Opa Alois hat sich allerdings prächtig entwickelt. Mein Vater hat dann den ersten großen Meilenstein in unserer Unternehmensgeschichte gesetzt: Ab 1958 haben wir uns auf die Holzfenster-Produktion konzentriert.

Glaswelt – Was würden Sie als weitere wichtige Meilensteine ansehen?

Kneer – Einschneidend war auch die Gründung von Südfenster in Schnelldorf 1966. Das war von Beginn an als Industriestandort angelegt. 1979 folgten dann wichtige Entwicklungen in Westerheim: Wir etablierten damals hier im Industriegebiet eine Kunststoff-Fenster-Produktion inklusive Versand, Ausstellung und Verwaltung. Das erste Aluminium-Holz-Fenster haben wir 1992 auf den Markt gebracht und damit die Fenstertechnik grundlegend revolutioniert.

Glaswelt – Sie sind seit 2008 im Unternehmen, mussten dann bereits 2012 ziemlich unvorhergesehen das Ruder übernehmen.

Kneer – 2012 markierte für das Unternehmen eine starke Zäsur: Durch den überraschenden Tod meines Vaters war ich gezwungen, die Unternehmensleitung zu übernehmen. Allerdings war mein Vater ein ausgesprochener Teamplayer und hatte damals bereits ein hervorragendes Führungsteam um sich geschart, ohne das ich mir diesen Sprung nicht hätte vorstellen können. Die Teamleistung, die wir miteinander erbracht haben, hat damals den Erfolg ausgemacht und das prägt das Unternehmen bis heute.

Das Südfenster-Werk in Schnelldorf

Foto: Kneer-Südfenster

Das Südfenster-Werk in Schnelldorf

Glaswelt – Die Teamleistung und der familiäre Hintergrund ist grundsätzlich ein sehr prägendes Element bei Kneer?

Kneer – Das zeichnet uns wirklich aus: Die Verbundenheit zu den Standorten, zu den Mitarbeitern und auch untereinander. Bei uns können alle mit verlässlichen und beständigen Prozessen rechnen. Damit sind natürlich auch unsere Kundenbeziehungen mit eingeschlossen.

Glaswelt – Herr Aigner, wie lange sind Sie jetzt im Unternehmen?

Hans-Jürgen Aigner – Das werden jetzt bald 26 Jahre. Angefangen habe ich 1997 im Vertrieb. Zunächst im Innendienst, dann übernahm ich weitere Aufgaben, auch die Betreuung unserer Außendienstler. Ich verantworte schon länger als Prokurist und Assistent der Geschäftsleitung den Bereich Controlling.

Kneer – Mit der Neuorganisation der Führungsebene 2019 haben wir die Kompetenzen standortübergreifend zusammengeführt. Prokurist und Betriebsleiter Hugo Schairer trat seinen wohlverdienten Ruhestand an, steht aber weiterhin beratend zur Seite. Hans-Jürgen Aigner wurde mit der kaufmännischen Leitung der Unternehmensgruppe beauftragt. Er ist darüber hinaus hauptverantwortlich für den Standort Westerheim. Die technische Leitung der Unternehmensgruppe hatte vor zwei Jahren Alexander Schwarz übernommen, der weiterhin auch hauptverantwortlich für den Standort Schnelldorf ist.

Wir investieren ­eigentlich ­laufend in die ­Automatisierung

Florian Kneer

Foto: Daniel Mund / GW

Glaswelt – Was hat es mit dem Beinamen „Süd“ bei Kneer-Süd-Fenster auf sich?

Kneer – Das Süd-Fensterwerk und die Kneer GmbH Fenster und Türen wurden als rechtlich eigenständige Unternehmen gegründet und haben ihre Produkte bis Ende der 90-iger Jahre auch getrennt vertrieben. Süd-Fenster war im Norden und Kneer im Süden bekannt. Seit 2000 werden alle Produkte unter dem gemeinsamen Markennamen Kneer-Südfenster vertrieben.

Glaswelt – Wie sind generell die Werkstoff-Anteile innerhalb der Gruppe verteilt?

Aigner – Wir machen mit Kunststofffenstern gut 40 Prozent des Umsatzes und mit Holz- und Holz-Alu-Fenstern ungefähr genauso viel. Unsere Haustüren machen den weiteren Anteil am Gesamtumsatz aus. Die Mengenanteile stellen sich allerdings etwas anders dar: Wir produzieren rund 190 000 Kunststofffenster und 110 000 Elemente aus Holz- und Holz-Aluminium jährlich. Der Namen entstand aus beiden Hauptstandorten

Glaswelt – Wie viel Umsatz haben Sie im letzten Jahr insgesamt generiert?

Kneer – Da kommen wir auf ein Gesamtvolumen von rund 150 Millionen Euro.

Glaswelt – In welchen Ländern ist Kneer ­aktiv?

Kneer – Hauptsächlich natürlich in Deutschland. Wir liefern zudem jenseits der österreichischen Grenze nach Vorarlberg und Richtung Salzburg. Auch in Südtirol gibt es große Holzbauer, die unsere Fenster beziehen. Gute Kunden sitzen auch in den USA und Kanada.

Glaswelt – Verraten Sie uns, mit wie vielen Händlerkunden Sie zusammenarbeiten?

Aigner – Wir haben Kontakt zu rund 1200 Händlerkunden. Regelmäßig kaufende Händler zählen wir rund 500. Dabei möchte ich betonen, dass uns Kunden mit kleineren Jahresumsätzen genauso lieb sind, wie Kunden, die bei uns sechsstellig einkaufen. Die Mischung macht es eben aus.

Glaswelt – Gibt es den typischen Kneer-­Kunden?

Kneer – Den gibt es natürlich nicht, aber was alle unsere Kunden auszeichnet ist, dass sie gestandene Handwerker sind, die ihr Geschäft beherrschen und sehr gerne selbstbestimmt betreiben wollen.

Glaswelt – Gibt es bei Kneer eine Objekt-­Abteilung?

Kneer – Ja die gibt es und dient hauptsächlich dazu, unsere Kunden zu unterstützen. Denn oftmals benötigen diese Rat und Tat bei umfänglicheren Bauvorhaben.

Aigner – Das fängt bei der ganzen Nachweisführung an. Auch stehen wir beratend bei der Montageplanung zur Seite. Oftmals haben unsere Kunden nicht die Ressourcen, um diese ganzen Details zu planen. Wir springen dann ein und können auch Kontakte zu Firmen mit Montagekapazitäten oder auch zu anderen Zulieferern vermitteln.

Wir sehen durch das Joint Venture mit Soldo die Möglichkeit, weiter zu wachsen.

Hans-Jürgen Aigner

Foto: Daniel Mund / GW

Glaswelt – Sie nutzen auch das Angebot von Roto Professional Service?

Aigner – Ja, es geht dabei um zwei Dinge: Einerseits betrifft das die Nachsorge. Unsere Kunden – vor allem aus dem Objektbau – übertragen das Procedere der Endkontrolle an den RPS-Servicepartner, wenn die Kapazitäten dafür im eigenen Haus nicht vorhanden sind. Weiterhin erwartet der Kunde Wartungspakte, die dann ebenfalls über RPS laufen können.

Glaswelt – Was hat es mit der Stay-at-Home Bauherrenberatung auf sich?

Kneer – Wir haben das während der Pandemie eingeführt, als unsere Kunden keine Besucher in ihren Ausstellungen empfangen durften. Dieses digitale Angebot wird jetzt wieder weniger genutzt, die Menschen kommen gerne in die Ausstellungen, aber wir bieten diesen Service dennoch weiter an.

Glaswelt – Gibt es im Hause Kneer die Idee, Fenster mit einer digitalen Adresse zu versehen um beispielsweise Abnahmeprozesse zu vereinfachen?

Aigner – Das ist gerade in der Umsetzung. Wenn wir zuverlässig garantieren können, dass alle unsere Fenster mit einem RFID-Geber ausgestattet sind, werden wir auch unsere Kunden darüber informieren. In der zweiten Jahreshälfte werden wir so weit sein.

Glaswelt – Wie ist die aktuelle Situation in den Werken hier in Westerheim und in Schnelldorf? Können Sie alle Arbeitsplätze besetzen?

Kneer – Tatsächlich brauchen wir dringend Fachkräfte und auch Arbeitskräfte an beiden Stand­orten – vor allem in der Produktion.

Glaswelt – Schauen wir in die Zukunft: Stehen wichtige Investitionen in den Werken an?

Kneer – Wir investieren eigentlich laufend in die Automatisierung – also in unseren Maschinenpark. Im letzten Jahr haben wir im Holzbereich eine neue CNC-Anlage für die Flügelbearbeitung installiert, die sowohl hochflexibel ist aber auch große Mengen bewältigen kann. Auch in diesem Jahr wird weiter investiert.

Glaswelt – Können Sie uns noch etwas mehr Hintergründe zum Joint Venture in Bosnien-Herzegowina verraten? Was waren die Beweggründe, dort zu investieren?

Kneer – Die Partnerschaft mit der Soldo-Group in Bosnien-Herzegowina besteht schon länger. Soldo hat hauptsächlich mit der Bearbeitung von Aluminium zu tun. Wir haben von dort bisher Aluminiumprofile für unsere Holz-Aluminium-Fenster bezogen. 2020 haben wir dann gemeinsam mit dem Bau einer neuen Produk­tionsstätte begonnen. Ziel ist die Herstellung von Kunststofffenstern und -türen, pulverbeschichteten Aluminium-Haustüren, Aluminium-​Profilen und Isolierglas. Noch in diesem Jahr werden wir den Bau ­eines neuen Verwaltungsgebäudes sowie einer ­weiteren Produktionshalle und die Errichtung eines ­eigenen Aluminium-Presswerks angehen.

Die Aufbruchstimmung, die wir dort spüren ist riesengroß. Das Land entwickelt sich sehr gut und der Arbeitsmarkt ist nicht so problematisch wie hier.

Aigner – Wir planen nicht unsere Produktionen in Deutschland zu Gunsten des Standorts in Bosnien zu verkleinern. Es geht eher um eine Stärkung unserer Position und somit um eine Sicherung unserer anderen Standorte. Wir ­sehen durch das Joint Venture die Möglichkeit weiter zu wachsen.

Glaswelt – Kneer ist einer der wenigen deutschen Hersteller, die auf den wichtigen Messen wie der Fensterbau und der BAU präsent sind. Halten Sie an Ihren Messekonzepten fest?

Kneer – Ich finde es natürlich schade, dass nicht mehr deutsche Hersteller auf den Messen vertreten sind. Wir sind der Meinung, dass wir unsere Partnerschaften auf den Messen hervorragend pflegen können. Auf den Messeständen haben wir in der Vergangenheit viele Kunden-Kontakte knüpfen können, die wir sonst nicht hätten. Deswegen steht für uns die Frage nach den Messeteilnahmen nicht zur Diskussion.

Aigner – Wir müssten sehr viel unterwegs sein in unserem gesamten Vertriebsgebiet, um die Personen zu erreichen, die auf einer Messe zu uns kommen. Was dazu kommt: Persönliche Kontakte können auf Dauer durch digitale Meetings nicht ersetzt werden. Diese Branchentreffpunkte sind durch nichts zu ersetzen.

Glaswelt – Mit welchen Planzahlen gehen Sie in das Jahr 2023?

Kneer – Wir gehen davon aus, dass wir auf dem Niveau des letzten Jahres abschließen werden – sowohl im Umsatz als auch bei den Stückzahlen. Wir glauben also, dass sich die Preise unserer Vorlieferanten mindestens seitwärts bewegen – mit leichter Tendenz nach unten.

Glaswelt – Herr Kneer, Herr Aigner, herzlichen Dank für das Interview und dem Unternehmen alles Gute für die nächsten Jahrzehnte!

Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Mund.

Blick in die neue Fertigungshalle in Siroki Brijeg, die von Kneer-Südfenster und der Soldo Group für das Gemeinschaftsunternehmen KS Türen 2021 in Betrieb genommen wurde.

Foto: Kneer-Südfenster GmbH

Blick in die neue Fertigungshalle in Siroki Brijeg, die von Kneer-Südfenster und der Soldo Group für das Gemeinschaftsunternehmen KS Türen 2021 in Betrieb genommen wurde.

Seit 90 Jahren Impulsgeber in der FensterBranche

Die Erfolgsgeschichte der Kneer-Südfenster GmbH beginnt vor 90 Jahren in Westerheim auf der Schwäbischen Alb. Alois Kneer gründet eine Bau- und ­Möbelschreinerei, die sich im Laufe der Jahre gut entwickelt. 1936 werden bereits größere Werkzeuge und Maschinen ­angeschafft und ab 1958 nur noch Holzfenster hergestellt – der erste große Innovationsschritt. Alois’ Sohn Horst übernimmt zu Beginn der 1960er-Jahre die Unternehmensleitung und errichtet schon bald (1966 bis 1969) das Süd-Fensterwerk im fränkischen Schnelldorf. ­Ehefrau Hedi arbeitet stets an seiner Seite und ist eine wichtige Stütze im Familien­betrieb – bis zum heutigen Tag. 1979 entsteht in Westerheim im Industriegebiet „Ried“ zudem eine Kunststoff-Fenster-Produktion inklusive Versand, Ausstellung und Verwaltung. 1986 ver­lagert Horst Kneer auch die Holz-Fenster-Produktion hierhin. Das ­erste Aluminium-Holz-Fenster wird 1992 auf den Markt gebracht und revolutionierte ­damit die Fenstertechnik grundlegend. Die schützende Aluminiumschale, innen die Ausdruckskraft verschiedener Holzarten und dazu noch eine Blendrahmendichtung – diese drei Eigenschaften bestimmen alle weiteren Entwick­lungen im Unternehmen, der erste Schritt zum Vollsortimenter ist gemacht.

Weiter auf Wachstumskurs zur Jahrtausendwende

Durch den Sanierungsboom in den neuen Bundesländern muss Kneer seinen Hauptsitz in ­Westerheim massiv erweitern. Zudem gründet Horst Kneer 1997 als drittes Werk die Süd-Bauelemente GmbH im brandenburgischen Massen zur Fertigung von Aluminium-Haustüren und Aluminium-Fenstern. Die Nachfrage nach Elementen von Kneer-Südfenster bleibt auch in den folgenden baukonjunk­turell schwierigen Jahren ungebrochen auf hohem Niveau.

2008 tritt mit Florian Kneer die dritte Generation in die Geschäftsführung ein. Gemeinsam bauen Vater und Sohn die Produktion weiter aus, mit der Automatisierung rückt die Null-Fehler-Produktion in greifbare Nähe. 2012 verstirbt Horst Kneer überraschend und Florian Kneer übernimmt die Geschäftsführung.

Durch Investitionen in hochflexible Fertigungsanlagen gelingt es dem schwäbischen Hersteller, stets ­einer der Besten auf dem hart umkämpften Markt zu sein. Wichtig hierfür ist ­eine Sortimentspolitik, die auf höchste Qualität mit technischer Perfektion und auf ein modernes, funktionales Design ausgerichtet ist. Offenheit, Innovationsgeist und Mut ziehen sich wie ein roter ­Faden durch die Unternehmensgeschichte.

Die wachstumsorientierte Expansion nach Siroki Brijeg in Bosnien-Herzegowina 2021 ist für Kneer-Südfenster der nächste sinnvolle Schritt. Bis 2024 wird hier auch ein Aluminium-Presswerk entstehen, an dem Kneer-Südfenster zu 50 Prozent beteiligt ist.

Heute beschäftigt die Kneer-Südfenster-Gruppe 850 Mitarbeiter. Täglich verlassen rund 1500 Fenster und über 30 Haustüren die Produktionsstätten, um sie mit dem hauseigenen Fuhrpark an Kunden zu liefern.