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Innovativer Forschungsansatz

Geklebte Plug-In Fenstermontage

Eine korrekte Fenstermontage stellt keine triviale Bauaufgabe dar und erfordert von allen Beteiligten hohes Know-how sowie gewerkeübergreifendes Planen und Zusammenarbeiten. Die hohen bauphysikalischen Anforderungen gepaart mit einer komplexen Geometrie und der Notwendigkeit zur exakten Verarbeitung der (neuen) Materialien stellen die großen Herausforderungen dar. Das Hochleistungsbauteil Fenster kann seine Performance nur erbringen, wenn der Bauanschluss optimal ausgeführt wurde, genauso wie ein Rennwagen seine Leistung nur mit dem entsprechenden Reifen auf die Straße bringen kann.

Was alles zur Montage und Befestigung dazugehört

Aufgrund der Komplexität der Bauaufgabe, hohen Zeit- und Kostendruckes sowie der Entwicklung hin zu häufig unzureichend ausgebildeten Fenstermonteuren, führt dies immer wieder zu teils gravierenden Baumängeln. So ist beispielsweise abhängig von den auftretenden Wind-, Gebrauchs- und Eigenlasten, dem Material und der Tragfähigkeit der Wand ein geeignetes Befestigungssystem zu wählen. Das stellt selbst für erfahrene Fenstermonteure eine Herausforderung dar, ist aber nur ein Aspekt beim Fenstereinbau. Ein korrekter Fensteranschluss beinhaltet das Befestigen des Fensters, das Dämmen der Fuge und die Herstellung eines luftdichten inneren und schlagregendichten äußeren Anschlusses. Dazu sind unterschiedlichste Materialien und Arbeitsschritte mit dem dazugehörigen Know-how notwendig.

Dazu kommt, dass die Architektur immer größere und damit schwerere Fenster fordert und zu den üblichen statischen und bauphysikalischen Anforderungen weitere, wie z.B. Barrierefreiheit oder Einbruchhemmung, hinzukommen, wodurch die Komplexität weiter steigt. Neben den üblichen Dreh-Kippfenstern sind auch Fixverglasungen, Hebeschiebetüren, Parallelschiebekipptüren, Falttüren, Haustüren und dergleichen in den Rahmenmaterialien Holz, Holz-Alu, Kunststoff, Kunststoff-Alu oder Aluminium und in unterschiedlichsten Größen zu montieren.

Kann man die Montageprozesse vereinfachen?

Ziel des Projektes ist es, ein vereinfachtes Montageverfahren auf Basis moderner Klebetechnologien zu entwickeln. Der Lösungsansatz beruht auf einer (elastischen) Verklebung des Fensters mit der Wand um die Anforderungen Befestigen, Dämmen und die Herstellung des inneren und äußeren Anschlusses in einem Arbeitsgang zu erfüllen.

Die besondere Herausforderung dabei ist einerseits die auftretenden Lasten (z.B. Eigengewicht, Windlasten, Gebrauchslasten) zu übertragen und andererseits keinen starren Verbund zu erreichen. Eine gewisse Elastizität ist notwendig, um temperatur- und/oder feuchtigkeitsbedingte Verformungen des Fensterprofil aufnehmen zu können und Bewegungen des Gebäudes (z. B. Sturzdurchbiegung) auszugleichen.

Gegenüber der herkömmlichen punktförmigen Befestigung mit Montageschrauben, erleichtert eine linienförmige Verklebung die Lasteinleitung in den tragenden Baukörper z.B. bei Wänden aus hochporösen Ziegeln. Gleichzeitig kann dieser Anschluss (die Kleberfuge) als luft- und schlagregendichte Ebene genutzt werden.

Die Suche nach dem idealen Klebstoff

Die zentrale Herausforderung der ersten beiden abgeschlossenen Forschungsjahre war es, die Anforderungen an einen idealen Klebstoff (Polymer) zu definieren. Der ideale Klebstoff sollte über eine hohe Scherfestigkeit und Zugfestigkeit zum Abtragen der auftretenden Lasten und eine ausreichend hohe Verformbarkeit bei einer angemessenen Steifigkeit zur Aufnahme von Verformungen besitzen.

In einem ersten Schritt wurden die Performance-Werte unterschiedlichster Klebstoffsysteme (wie z. B. 1K bzw. 2K Polyurethan bzw. silan-modifiziertes Polymer) und in weiterer Folge modifizierter Klebstoffe ermittelt. Dies war einerseits notwendig, um fehlende Kennwerte zu ergänzen bzw. nach gleichen Standards zu prüfen und damit die Klebstoffeigenschaften besser einschätzen zu können. Andererseits mussten spezielle Kennwerte, wie z. B. der E-Modul des Klebstoffes, bestimmt werden, um die Klebstoffe für ein FE-Modell besser spezifizieren zu können.

In einem zweiten Schritt wurde gemeinsam mit der TU-Wien ein 3D-Finite-Elemente-Modell zur mechanischen Bewertung des neuen Fenstermontagesystems unter Verwendung eines multifunktionalen Klebstoffes entwickelt (siehe Abbildung). Das hochkomplexe Modell wurde mithilfe von entsprechenden Laborversuchen validiert und anschließend eine Parameterstudie durchgeführt.

Auf Basis der bisher durchgeführten Versuche und Modellierungen konnte für einen „idealen Klebstoff“, der die gesamte Fensteranschlussfuge mit einem homogenen Klebstoff ausfüllt, Kennwerte definiert werden. Bisher wurden im Rahmen des Projektes 6 Klebstoffsysteme identifiziert, die dieses Anforderungsprofil erfüllen.

Welchen Einfluss spielen die Untergründe?

In einem nächsten Schritt werden die 6 Polymersysteme auf ihre generelle Eignung unter Berücksichtigung des Bauablaufes und der Baustellenbedingungen (unterschiedlichen Untergründen und verschiedenen Verarbeitungsbedingungen) untersucht.

Es ist zu klären welchen Einfluss z.B. Beton, Ziegel, Porenbeton, Kalksandstein, Holz als Untergrund bzw. die Verarbeitung bei Raumtemperatur, Kälte +5 °C, Hitze +40 °C, trocken, feucht und nasser Untergrund hat. Über diese Ergebnisse werden wir demnächst berichten.—

Dipl-HTL.-Ing. Peter Schober, DI Georg Steiner
(beide Holzforschung Austria)

Exemplarisches Verformungsbild (stark überhöht dargestellt) und Spannungsverteilung bei Temperatureinwirkung (Δ 35 °K) in einem PVC-Fensterprofil.

Foto: Quelle TU-Wien

Exemplarisches Verformungsbild (stark überhöht dargestellt) und Spannungsverteilung bei Temperatureinwirkung (Δ 35 °K) in einem PVC-Fensterprofil.