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Meinungsbeitrag von Matthias König

Cash is King

Nach dem ich in meinem letzten Beitrag über den Havanna-Effekt (siehe GW Ausgabe 09/23, S. 52) geschrieben habe, möchte ich mich nun dem wichtigsten Thema in der jetzigen Situation widmen: Der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit, der ausreichenden Liquidität. Cash is King – diese Weisheit stammt unter anderem aus der Börsenwelt um das Jahr 1987 und wird vermeintlich dem Volvo-CEO Pehr G. Gyllenhammar zugeschrieben, der den Begriff in Zusammenhang mit einem Börsencrash ­prägte.

Liquidität und Transparenz

Auch wenn die wenigsten Unternehmen unserer Branche etwas mit der Börse zu tun haben, ist die Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität für uns natürlich essenziell und die wichtigste Basis für das unternehmerische Handeln. Der Begriff Liquidität (lat. liquidus, flüssig) beschreibt hier die Fähigkeit von Unternehmen, den Zahlungsverpflichtungen für beispielsweise Material, Dienstleistungen, Löhne und Gehälter usw. uneingeschränkt und termingerecht nachzukommen. Dabei ist der erste Schritt die Schaffung einer ausreichenden Transparenz über die Liquiditätssituation sowie die Zahlungsverpflichtungen.

13 Wochen-Ausblick für den Kapitalfluss

Neben ausreichend hohen Umsätzen, die allerdings auch zu entsprechenden Zahlungseingängen führen sollten, steht natürlich der Liquiditätsbedarf für die Durchführung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes im Mittelpunkt. Um diesen jederzeit im Auge zu behalten, bedarf es neben einer exakten und aktuellen Buchführung stets auch einer Liquiditätsplanung.

Diese sollte einen Blick in die Zukunft von mindestens 13 Wochen erlauben und die zukünftige Entwicklung der Einnahmen und der Ausgaben sowie der sonstigen Finanzierungsmöglichkeiten, wie beispielweise Darlehen, bestmöglich abbilden.

Die zentrale Kennziffer ist hier der Cashflow oder auch Kapitalfluss. Er gibt Auskunft über den Mittelzu- und -abfluss in unseren Unternehmen innerhalb einer bestimmten Abrechnungsperiode und ist die wichtigste Kennziffer zur Beurteilung der Entwicklung der Zahlungsfähigkeit.

Maßnahmen zur Liquiditätsstärkung

Beginnen wir mit den Möglichkeiten und Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität, die wir im eigenen Unternehmen haben:

  • Hohe Transparenz bei allen Kosten, insbesondere bei den Sachkosten, sicherstellen und auf Basis klarer Zielstellungen konsequent Kostensenkungsprogramme durchsetzen (Cost-Cutting). Hier empfiehlt es sich auch jede Bestellung auf den Prüfstand zu stellen und über die Notwendigkeit zu entscheiden.
  • Flexibilisierung der Personalkosten durch intensive Nutzung von flexiblen Arbeitszeitmodellen (Zeitkonten), Werksvertrags- oder Leiharbeit, Kurzarbeit und Einführung von zielerreichungsbasierten Anreizsystemen für die Vergütung. Auch wenn sich mancher mit der Umsetzung dieser Maßnahmen in Zeiten des Fachkräftemangels schwertut – hier hilft oft eine gute, transparente Kommunikation mit dem gesamten Team, um Notwendigkeiten und Beweggründe verständlich darzustellen.
  • Optimierung des Working Capitals durch Reduzierung der Bestände an Vorprodukten sowie Hilfs- und Betriebsstoffen ebenso Fertigerzeugnissen mit dem Ziel der Erhöhung der Umschlaggeschwindigkeit der Bestände. Die großen Probleme in den Lieferketten sind vorbei. Viele Betriebe sitzen noch auf zu hohen Beständen, höchste Zeit für deren Abbau. Bei dieser Gelegenheit sollte auch die Angemessenheit der Sicherheitsbestände in den ERP-Systemen auf den Prüfstand gestellt werden. Der Umfang der Neubestellungen sollte geprüft werden, sinkender Ausstoß ermöglicht niedrigere Volumina in der Lagerhaltung oder sogar Just-in-Time Lieferungen. Voraussetzung ist eine entsprechende Übersicht, gut funktionierende ERP-Systeme und richtige Prozesse auch zusätzliche Inventuren können hier helfen. Die Umstellung auf verbrauchsgesteuerte Ansätze wie Kanban-Lösungen, wo die Materialversorgung durch den tatsächlichen Verbrauch ausgelöst wird, leistet einen Beitrag zur Reduzierung der Kapitalbindung.
  • Verkauf und Vermietung von nicht betriebsnotwendigen Anlagegütern, wie Immobilen, Fahrzeugen, Maschinen ist gerade in schwierigen Zeiten erforderlich.
  • Anwendung alternativer Finanzierungsverfahren wie Sale-and-lease-back oder Leasing für unbedingt notwendige Investitionen bei Maschinen, Anlagen und Fahrzeugen sowie Immobilien schafft finanzielle Spielräume.
  • Eigenes Geschäftsmodell hinsichtlich der vorgelagerten (Lieferanten und Dienstleister) und nachgelagerten Prozesse (Kunden) auf Veränderungsbedarf prüfen (Insourcing, Outsourcing, Allianzen), um zusätzliche Synergie- und Skaleneffekte zu heben. Das ist in viele Richtungen ein interessanter und auch komplexer Ansatz zur Stärkung der Liquidität, aber man muss bereit sein für andere, manchmal auch ungewöhnliche Wege und neue Partnerschaften.
  • Die Überprüfung und Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit aller Investitionen ist zu jeder Zeit eine wichtige Aufgabe, die Inhaber und Führungskräfte erledigen müssen. Aber gerade in Zeiten der Krise gehört die qualifizierte Beantwortung der Frage „Was bringt die Investition oder Ausgabe in Euro und wann sind die eingesetzten Mittel zurückgeflossen?“ unerlässlich. Die gängigen Investitionsrechnungsverfahren helfen hier. Vieles kann man auch schon auf dem berühmten Bierdeckel rechnen.
  • Die Durchführung von Regelterminen mit den Verantwortlichen zum Nachhalten der aufgesetzten Maßnahmen ist unerlässlich, sie bietet eine gute Möglichkeit zum Nachjustieren und rundet unser Inhouse-Maßnahmenpaket ab.—

    In der nächsten Ausgabe der GW werde ich mich erneut mit dem Thema der Liquiditätssicherung befassen. Im Mittelpunkt werden dann die Maßnahmen stehen, die im Zusammenwirken mit Kunden und Lieferanten ergriffen werden können. Anschließend daran noch einige Erfahrungen und Empfehlungen aus dem Bereich der Finanzierung und dem Umgang mit Finanzierern.

    Der Autor

    Matthias König
    ist Diplomökonom und seit mehr als 25 Jahren Geschäftsführer in der Bauzulieferindustrie. In dieser Zeit hat er mehrere Unternehmen in der Restrukturierung sowie in Wachstumsphasen geführt, dabei waren u. a. Saint Gobain Deutsche Glas und MEA-Bausysteme. In den letzten fünf Jahren war er Sprecher der Geschäftsführung der Unternehmensgruppe Alfred Bohn. Er ist Inhaber der Firma Prodatio Consulting. Bei Fragen oder Anregungen:
    matthias.koenig.privat@gmx.de
    linkedin.com/in/matthias-könig-312b4318

    Foto: Matthias König

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