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Glas-Beschichtungen, Teil 01

Dünne Schichten, große Wirkung

Durch Veredelungstechniken können die technischen Eigenschaften von Glas verändert oder um fehlende Funktionen ergänzt werden. Beispiele sind unter anderem die Veränderung der Form durch das Biegen von Glas, die Veränderung der Glasmatrix durch thermisches oder chemisches Vorspannen, die Veränderung der Oberfläche durch additive oder subtraktive Verfahren sowie die Erstellung von Glaskonstruktionen – beispielsweise Mehrscheiben-Isolierglas.

Unter den additiven Oberflächenveredelungen werden die Verfahren eingeordnet, bei denen eine neue Oberfläche außerhalb des Glaskörpers durch Auftrag von Materie geschaffen wird. Dazu zählen auch die Eigenschaften von Beschichtungen. Die durch Schichten beeinflussbaren Funktionen bei Flachglas sind unter anderem [1]:

  • Optische Eigenschaften: Das sind alle Schichten, die die Transmission, Reflexion oder Absorption beeinflussen.
  • Elektrische Eigenschaften: Dies sind alle Schichten, die die elektrischen Eigenschaften und damit zusammenhängende Funktionen, z. B. die Wärmeabstrahlung (thermisches Emissionsvermögen) verändern.
  • Mechanische Eigenschaften: Mit diesen Schichten werden mechanische Eigenschaften wie das Bruchverhalten und der Schallschutz verbessert.
  • Chemische Eigenschaften: Hierzu zählen Schichten zur Schmutz- und Wasserabweisung.
  • Dekorative Eigenschaften: Diese dienen dazu, das Aussehen des Glases zu verändern oder optisch anzupassen.

Durch Mehrfachfunktionsbeschichtung können verschiedene Funktionen gleichzeitig erreicht bzw. gewährleistet werden – etwa mit Flachglasprodukten, deren Beschichtung gleichzeitig Wärmeabstrahlung unterbindet, den Energieeintrag reduziert und elektromagnetische Strahlen abschirmt.

Mit Dünnfilmschichten auf Flachglas lassen sich folgende, grundsätzliche, Funktionen erfüllen. (z.T. bestehen physikalische Zusammenhänge [1]): Niedriges Emissionsvermögen für IR-Strahlung, elektrische Leitfähigkeit, Absorptionserhöhung, Entspiegelung, Verspiegelung und dekorative Effekte.)

Die Grundlage der meisten genannten Funktionen sind die physikalischen Effekte elektrische Leitfähigkeit und Interferenz von elektromagnetischen Wellen. Meist sind mindestens zwei der Beschichtungs-Funktionen wirksam:

  • Wärmeschutzverglasungen erfordern niedriges thermisches Emissionsvermögen und Entspiegelung.
  • Sonnenschutzverglasungen brauchen niedriges thermisches Emissionsvermögen, Verspiegelung, Absorptionserhöhung.
  • Leitgläser (z.B. bei Plasmadisplay) erfordern elektrische Leitfähigkeit und Entspiegelung
  • Spiegelgläser verlangen nach Verspiegelung und dekorativer Wirkung. <sup>[1]</sup>

Aktuell steht in der Isolierglasbrache die Reduzierung der thermischen Emissivität ε im Fokus der Beschichtungstechnologie. Denn ε ist als zentrale Größe für die Senkung des Ug-Werts bei Fassadengläsern verantwortlich.

Die Ermittlung des thermischen Emissionsvermögens erfolgt durch Messung der IR-Reflexion einer Bauteiloberfläche. Hierbei ist der Einfallswinkel des Messstrahls nahezu senkrecht zur betrachteten Oberfläche; die Messung findet in einem bestimmten Wellenlängenbereich statt.

Der hierbei ermittelte Reflexionswert R wird anschließend gemäß der Formel ε = 1 – R in den thermischen Emissionswert umgerechnet. Da es messtechnisch nicht möglich ist, mit einem Einfallswinkel von 0° zu messen, wird im Allgemeinen bei einem mittleren Einfallswinkel von ≤ 10° gemessen.

Bei der Ermittlung des normalen Emissionsvermögens εn nach EN 673 wird das zuvor beschriebene Messverfahren zugrunde gelegt, wobei 30 Wellenlängen im Bereich zwischen 5,5 µm und 50 µm ausgewertet werden.

Aus diesen Einzelergebnissen wird der Mittelwert unter Berücksichtigung der Verteilung der Temperaturstrahlung bei +10 °C gebildet. Das Resultat wird als „normales Emissionsvermögen εn” bezeichnet. Der deklarierte Wert des Emissionsvermögens εd ist der vom Hersteller des beschichteten Basisglases angegebene Nennwert des normalen thermischen Emissionsvermögens.

Um die Transparenz des Glases mit den hervorragenden Emissionseigenschaften von Edelmetallen zu verbinden, werden dünne, d.h. transparente Schichten dieser Metalle auf das Glas aufgebracht. So wird das Emissionsvermögen der Glasoberfläche wirkungsvoll verringert.

Optimal sind sehr dünne Silberschichten mit einer Dicke von etwa 1/100000 mm (= 10 nm). Heute gilt Wärmedämmglas mit einem Ug-Wert von 1,1 W/m2K als Stand der Technik. Im 3-fach-Aufbau lassen sich Ug-Werte bis 0,5 W/m2K erreichen.

Die unterschiedlichen Beschichtungsverfahren

Beschichtungen auf Flachglas werden in Dünnfilm- und Dickfilmverfahren gegliedert. Die so hergestellten Schichten werden Dünnfilm- und Dickfilmschichten genannt. Früher war das Unterscheidungsmerkmal die Schichtdicke. Man sagte, dass Schichten mit einer Dicke < 1 µm Dünnfilmschichten ergeben und Schichten mit einer Dicke> 1 µm Dickfilmschichten sind. Heute werden sie durch die Funktionsweise der aufgebrachten Schichten unterschieden. Dickfilmbeschichtungen haben immer die Eigenschaften des aufzubringenden Beschichtungsmaterials. Bei Dünnfilmbeschichtungen ist das nicht der Fall.

Typische Dickfilmverfahren für die Flachglasbeschichtung sind alle Verfahren, mit denen z.B. Lacke, Harze und Folien aufgebracht werden. Eine Folie, zum Beispiel Polyvinylbutyral (PVB), wird u.a. als Zwischenschicht bei Verbund- und Verbundsicherheitsglas eingesetzt.

Typische Dünnfilmverfahren sind z.B. solche, mit denen Materie aus der Dampfphase im Vakuum oder aus der Dampf-, Flüssigkeits- oder Feststoffphase in Umgebungsatmosphäre abgeschieden werden. So werden physikalische Eigenschaften erzeugt, die das Beschichtungsmaterial nur als dünne Schicht aufweist, nicht jedoch als massiver Festkörper. Meist wird dies durch Mehrschichtsysteme erzielt.

Nach der DIN 8580 wird in der Fertigungstechnik unter einer Beschichtung eine Hauptgruppe von Fertigungsverfahren verstanden, mit denen „eine festhaftende Schicht aus formlosem Stoff“ auf die Oberfläche eines Werkstücks aufgebracht wird. Maßgeblich ist der unmittelbar vor dem Beschichten vorhandene Zustand des Beschichtungsstoffes.

Dieser Zustand kann zum Beispiel bei einer physikalischen Gasphasenabscheidung dampfförmig sein. Nach EN 1096 „Beschichtetes Glas“ versteht man unter einer Beschichtung den Niederschlag einer oder mehrerer dünner, fester Schichten aus anorganischen Materialen auf einem Substrat (hier Flachglas). Die Beschichtungsverfahren kann man durch die Art der Schichtaufbringung in chemische, physikalische, mechanische, thermische und thermomechanische Verfahren unterscheiden.

Die für die Beschichtung auf Flachglas wesentlichen Verfahren lassen sich in chemische und physikalische Prozesse unterteilen. Nach EN 1096 versteht man unter chemischen Beschichtungsprozessen jene Verfahren, bei denen durch chemische Reaktionen aus Flüssigkeit, Dampf oder Pulver Schichten auf Glas hergestellt werden. Pulverbeschichtungen werden in der Flachglasindustrie seit Jahren nicht mehr durchgeführt.

Details zu den unterschiedlichen Beschichtungsverfahren und dem Aufbau von Schichten lesen Sie in der nächsten Ausgabe der GLASWELT. —

Literatur

[1] Gläser, Hans Joachim: Dünnfilmtechnologie auf Flachglas, Verlag Karl Hoffmann 1999

Michael Elstner

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