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Interview mit Hermann und Michel Schüller

„Semco war schon immer wachstumsorientiert“

Michel Schüller Geschäftsführer Unternehmensentwicklung der Semco-Gruppe

Foto: Semcoglas

Michel Schüller Geschäftsführer Unternehmensentwicklung der Semco-Gruppe

Glaswelt – Herr Schüller, wo sehen Sie die wichtigen Trends für die heimische Glasbranche?

Hermann Schüller – Ich sehe leider den Trend hin zu mehr zu Standardprodukten aufgrund der aktuell zu hohen Finanzierungskosten. Die energetische Notwendigkeit spricht gegen diesen Trend. Denn wir brauchen mehr Klimagläser, um die hohen Klimatisierungskosten einzudämmen.

Michel Schüller – Die Entwicklung geht hin zu nachhaltigen, energieeffizienten und digitalen Glaslösungen. Erneuerbare Energien stehen im Fokus, der Bedarf an Solargläsern wird sich weiter erhöhen. Weiter werden Kombination mit smarten, schaltbaren Gläsern deutlich zunehmen, ebenso Glas als Lichtquelle oder als Heizglas. Die Entwicklung ist hier weiter als wir denken. Die Flachglasbranche an sich wird sich mehr und mehr digital transformieren, um die Prozess zu automatisieren, Roboter, KI, für sich in der Abwicklung und für den Kunden zu nutzen.

GW – Wie stellt sich Semco auf die neuen Entwicklungen und Nachfragen ein?

H. Schüller – In Bezug auf die digitale Transformation sind wir sicherlich weiter als andere, allerdings stehen auch wir hier noch relativ am Anfang, wenn wir betrachten was möglich ist. D.h. der Bereich Automatisierung, Digitalisierung ist noch mehr in den Fokus gerückt, um dem Kostendruck durch höhere Produktivität und somit geringeren Stückkosten zu begegnen. Als inhabergeführte mittelständische Glasgruppe legen wir schon immer großen Wert auf den Umgang miteinander. So ist es gerade in Zeiten von Umbruch und Unsicherheit sehr wichtig unseren Mitarbeitern durch unsere Familienkultur Sicherheit bieten zu können, in dem wir uns auf uns verlassen können. Nur als Team werden wir gewinnen.

Genau wie in der Automobilindustrie denken wir Produktionsprozesse heute anders. Dies wird immer mehr durch die Maschine als durch den Menschen vorgegeben.

Hermann Schüller

GW – Wie effizient ist die Produktion bei Semco in den verschiedenen Segmenten?

M. Schüller – Effizienz bedeutet, mit wenig Aufwand viel erreichen. Wir legen hier in allen Bereich den Fokus auf die besten Maschinen, die besten Prozesse und automatisieren diese so weit wie möglich. Genau wie in der Automobilindustrie denken wir Produktionsprozesse heute anders. Dies wird immer mehr durch die Maschine als durch den Menschen vorgegeben. Die anspruchsvolleren Tätigkeiten haben auch die Anforderungen an die Mitarbeiterqualifikation deutlich verändert. Die Basis hierfür sind Daten, hier muss die Digitalisierung noch viel mehr unterstützen, sowohl im Bereitstellen von Zahlen und Daten von Maschinen (Wartung, Reparatur, etc.) und Informationen zur laufenden Produktion. All diese Erkenntnisse führen wir gerade in einem Leuchtturmprojekt zusammen.

GW – Thema Digitalisierung, wie ist Semco hier aufgestellt und welche Investitionen müssen noch ergriffen werden, die Produktionsprozesse noch nachhaltiger zu gestalten?

M. Schüller – Mit unseren Produkten leisten wir einen großen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Dazu benötigen wir eine bestmögliche Transparenz über Daten und Prozesse, um noch effizienter und wie gesagt nachhaltiger arbeiten zu können. Nur durch diese Transparenz lassen sich Verbräuche noch besser optimierten. Zudem muss Papier aus den Produktionen verbannt werden.

GW – Wie lassen sich die Produktionsprozesse noch nachhaltiger gestalten?

M. Schüller – Nachhaltigkeit hat u. a. mit der Anlageneffizienz zu tun. Je weniger Energieverbrauch pro Stück, desto besser. Die Flachglasindustrie strebt vermehrt eine Kreislaufwirtschaft an. Recycling und Wiederverwertung von Glas sind wichtige Trends, um Ressourcen zu schonen und Abfall zu reduzieren.

GW – Was steht an Produkten auf Ihrer Agenda?

H. Schüller – Neue und energetisch wichtige Produkte sind in der Entwicklung ja nicht das Problem. Die Kommunikation zu den Bauherren ist seit Jahrzehnten eine besondere Herausforderung. Das Potenzial ist sehr groß, wird aber im Fassaden- und Fenstermarkt leider von vielen Playern völlig ignoriert. Wir müssen uns mehr den Bauherren direkt zuwenden, denn sie sind die Entscheider. Ein mühevoller und aufwendiger Weg, aber in vielen Fällen von Erfolg gekrönt.

GW – Wie wichtig sind schalbare Gläser?

M. Schüller – Schaltbare Gläser haben in Deutschland seit Jahren eine wachsende Bedeutung, nicht nur im Bauwesen, ebenso wie in der Automobilindustrie, wobei sie von den Vorteilen der Energieeffizienz, des Komforts und der Anpassungsfähigkeit profitieren. Die Nachfrage nach diesen innovativen Glaslösungen wird weiter steigen, da Unternehmen und Verbraucher nach intelligenten und nachhaltigen Technologien suchen – die steigende Nachfrage wird dann auch für günstigerer Herstellungskosten sorgen, was derzeit sicherlich noch eine ‚Hürde‘ für eine große Marktdurchdringung ist.

GW – Weiterentwicklung ist nicht nur Technik, wie wollen Sie noch die Gruppe voranbringen?

M. Schüller – Wir orientieren uns auch hier immer mehr an den individuellen Zielmärkten. D.h. Isolierglas für den Fenster und Fassadenmarkt muss auf sehr hohe Produktivität und Effizienz ausgelegt sein. Hier sind wir sehr gut aufgestellt, was wir aber auch müssen, um dem Kostendruck entgegen zu können. ‚Stuck in the middle‘, ist nichts für uns - wir wollen nicht alles für alle Kunden vorhalten. Wir konzentrieren uns im Bereich Sicherheitsglas an den veränderten Bedürfnissen unserer Kunden – so wickeln wir heute schon Services oder Dienstleistungen für Kunden ab, die mit ‚Glas‘ so nichts zu tun haben. Wir werden hierdurch Dropshipping-Lieferanten d. h. Wir liefern das Produkt, kümmern uns zudem um die Lagerhaltung, Kommissionieren Kundenartikel mit und wickeln die Logistik bis hin zum Endkunden für unsere Kunden ab.

GW – Die Branche spricht viel von Mitarbeitermangel, wie ist das bei Ihnen?

H. Schüller – Der plötzliche Wandel auf dem Arbeitsmarkt hat uns überrascht. Anspruchsvolle Techniken und zunehmende Digitalisierung erfordern jetzt höhere Qualifikationen der Mitarbeiter. Und wenn wir diese Arbeitsplätze anbieten wollen, dann qualifizieren wir unsere Mitarbeiter, gewinnen aber auch mehr Arbeitskräfte auf höherem Niveau. Unser Unternehmen und die Mitarbeiter sind hier gleichermaßen in der Pflicht und Verantwortung.

M. Schüller – Unsere Rekrutierung ist sehr professionell aufgestellt, aber egal wo wir hinschauen, wir benötigen noch effizientere Prozesse und natürlich auch effizientere Produktionen, gerade um auch verantwortungsvolle Tätigkeiten und ansprechende Gehälter anbieten zu können. Wir sind allerdings davon überzeugt, dass unsere Familienkultur, und wie wir mit einander umgehen – ob in Bezug auf Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten – ein immer wichtigerer USP ist, für den wir stehen und uns jederzeit einsetzen. Das hat einen sehr hohen Stellenwert!

Nachhaltigkeit hat mit der Anlageneffizienz zu tun. Je weniger der Energieverbrauch pro Stück, desto besser. Zudem sind Recycling und Wiederverwertung von Glas wichtige Trends für die Glasbranche.

Michel Schüller

GW – Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Mitarbeiter-Entwicklung für Sie?

H. Schüller – Unternehmen und Mitarbeiter müssen sich gleichermaßen entwickeln. Unsere Lernwerkstatt unterstützt mit über 50 Arbeitsfeldern unsere 145 Auszubildenden sowie die gewerblichen und kaufmännischen Mitarbeiter.

M. Schüller – Automatisierung, digitale Transformation bedingt auch andere Qualifikationen an die mit arbeitenden. In unsere Lernwerkstatt haben wir ein bereites Programm wo die unterschiedlichen Skills einmalig oder auch in Workshops geschult werden. (Potentiellen) Führungskräften bieten wir Karriere- und Qualifikationspläne an. Dies geht von Führungsworkshop bis hin zu individuellen Entwicklungsmaßnahmen.

GW – Sie haben kürzlich ihre erste Niederlassung in Dänemark, eröffnet, hat sich das gelohnt?

H. Schüller – Ja. Scanglas war über viele Jahre der Marktleader in Dänemark und hat zudem einen sehr guten Ruf. Die Schlüssel sind das Management und die loyalen Mitarbeiter. Die werteorientierte Teamkultur, die wir vorgefunden haben, passt exakt zu unserer Kultur. Scanglas ist ein Puzzle, welches die Landkarte von Semco sehr gut ergänzt. Der Markt ist dort groß genug, um in unterschiedlichen Geschäftsfeldern zu wachsen.

GW – Ist das ein Modell für weitere ­Expansionen?

H. Schüller – Sicher, denn Semco war immer wachstumsorientiert. Sie ist zwangsläufig, wenn unsere Mitarbeiter und Kunden sehr zufrieden sind. Und sie sind es, was sich aus den jüngsten Befragungen unserer Kunden ergeben hat.

GW – Was muss die heimische Glasbranche tun, um sich für die Zukunft zu wappnen?

H. Schüller – Sie muss mehr und mehr Aktivitäten in Richtung der Bauherren entwickeln. Macht sie das nicht, wird die Branche bald nicht mehr die Kraft haben, um erfolgreich zu bestehen. Konsolidierung und Konzentration werden dann folgen.

GW – Wie sehen Sie die Semco Gruppe in 5 und in 10 Jahren aufgestellt?

H. Schüller – Hochautomatisiert und Digitalisiert. Stärker in der Logistik mit den Kunden vernetzt. Und in strategischen Allianzen mehr mit horizontalen und vertikalen Partnern vernetzt.­

Das Interview führte Matthias Rehberger

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