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KUnstsToff oder aluminium?

Die Frage aller Fragen

_ Früher war die Welt noch in Ordnung, als Heinrich Freese 1854 in Hamburg die „1. Deutsche Jalousiefabrik“, die heutige Firma Riediger & Franck gründete, da gab es den klassischen Holzrollladen und fertig war es mit den Diskussionen. Je nach Fertigungqualität und Erhaltungszustand waren diese mehr oder weniger dicht, und damit das Thema Materialauswahl schnell erledigt.

Mit der Möglichkeit Kunststoffe zu extrudieren und vollkommen baugleiche und maßhaltige Rollladenstäbe herzustellen, veränderte sich der Markt sehr schnell, weil diese wesentlich kostengüntiger hergestellt werden konnten. Rollverformte und ausgeschäumte Aluminiumstäbe brachte die Firma Heroal in den fünfziger Jahren ins Spiel und formte den Rollladenmarkt nochmal um, denn seitdem spielen Kunststoff- und Aluminiumprofile die größte Rolle auf dem Markt.

Das Vorurteil Gewicht, Wind und die böse UV-Strahlung

Sprechen die alten Hasen heute noch fast ehrfürchtig von den alten „Roplasto“ Kunststoffrollladenprofilen mit einem Quadratmetergewicht von 7 kg, so liegt die hohe Stabilität dieser Profile aber auch in der Lamellenform begründet, da in früheren Zeiten keinerlei Rücksichten auf den Wickeldurchmesser genommen werden mussten, denn Rollräume waren in ausreichender Größe vorhanden. Auch heute begegnet man im Renovierungsfall vereinzelt noch diesen Profilen.

Betrachtet man Flächengewichte von Rollladenpanzern heute intensiver, so kann man erkennen, dass sich Kunststoff- wie auch Aluminiumpanzer im Bereich von 4 kg/m2 tummeln, aber sehr unterschiedliche Windwiderstandsklassen ausweisen. Mehr Gewicht gleich mehr Stabilität ist also nicht unbedingt die anzuwendende Gleichung, hier kommt es auf die Einzelfallbetrachtung an, denn eine gut gewählte Profilierung schafft eine durchaus sichere Grundlage für eine möglichst geringe Durchbiegung der Stäbe. Dadurch erreichen ausgeschäumte Aluminiumpanzer im direkten Vergleich immer die höheren Windklassen und lassen größere Maximalmaße in Höhe und Breite zu. Kunststoffpanzer sind hier material- und konstruktionsbedingt immer im Nachteil, und auch das allzu beliebte Einbringen von Verstärkungsprofilen bringt sehr oft mehr Schaden als Nutzen (Rollladenprofil und Verstärkungsprofil verschieben sich in der Regel gegeneinander). Durch das zusätzliche Gewicht erhöht sich eher die Neigung zum Ausbauchen der herabgelassenen Rollladenpanzer.

Gerade bei Sonneneinstrahlung und damit verbundenen höheren Temperaturen tritt diese Erscheinung vermehrt bei Kunststoffpanzern auf. Dunkle Farben bei den Stäben eskalieren dieses Problem, sodass die meisten Hersteller sogar Empfehlungen herausgeben, den Rollladen nicht ganz zu schließen, um den Wärmestau zwischen Panzer und Scheibe abzuleiten.

Ein weiteres Problem für die Kunststoffpanzer sind die mit der Sonne auftreffenden UV-Strahlen. Gerade in den Fällen, wo Rollläden nicht nur als Sicht-, sondern auch als Sonnenschutz eingesetzt werden, zeigt sich deutlich, dass der Alterungsprozess hier wegen der höheren Strahlungsintensität sehr viel schneller verläuft und das Material schon nach wenigen Jahren brüchig wird. Gerade bei Hagelschäden kann man bei den Durchschlägen der Hagelkörner am Schadensbild sehr deutlich erkennen, wie belastet ein Rollladen mit UV-Strahlen war.

Angriffsfaktor Einbrecher

Relativ schnell kann man die Materialauswahl beim Thema Einbruchschutz begrenzen. Der Kunststoffpanzer bietet hier wegen seines „weichen“ Grundmaterials kaum Möglichkeiten einem mechanischen Angriff etwas entgegenzusetzen. Allein das reine Vorhandensein des Rollladens und die mögliche Bewegung durch Schaltuhr oder Smart Home schaffen ein Abschreckungspotenzial, da von der Straße aus der Unterschied von Kunststoff- und Aluminiumpanzern bei Standardfarben kaum zu erkennen ist. Hier bieten Aluminiumpanzer in der entsprechenden Ausführung und Klassifizierung mit Zubehör wie Blocksicherungen usw. eindeutig die besseren Eigenschaften, um mögliche Einbruchsversuche abzuwehren.

Folgt man den Empfehlungen der kriminalpolizeilichen Beratungsstellen, so finden sich auch hier für die Einbruchschutzklassen RC2 bis RC6 mindestens Rollladenpanzer aus dem Werkstoff Aluminium. Kunststoffrollladenpanzer sind hier wegen ihrer mangelnden Stabilität überhaupt nicht zu finden.

Die Kostenfrage

Die Frage nach dem Preis hat natürlich ihre Berechtigung. Letztlich entscheidet das Budget des Kunden über die Auswahl der Produkte. Einher geht da natürlich die Verbindung Kunststoffrollladen mit Gurt- oder Kurbelantrieb. Aluminiumpanzer haben eine deutlich höhere Motorisierungsrate. Im Fall der nachträglichen Motorisiering werden bei Kunststoffpanzern die größeren Fehler gemacht, da auch nicht arretierte Rollladenpanzer bzw. nicht gegen Verschieben gesicherte Rollladenpanzer gegen den allgemein anerkannten Stand der Technik mit einem Antrieb versehen werden. Resultierende Folgeschäden führen in diesem Bereich immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Fachhändler und Kunden und damit auch zu Gerichtsverfahren.

Auf die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes bezogen, wird der motorisierte und automatisierte Rollladenpanzer aus Aluminium sicher die bessere und nachhaltigere Entscheidung sein.

Alles braucht ein CE-Zeichen

Ein ganz heißes Thema wird zukünftig die CE-Kennzeichnung des Rollladenpanzers im Neubau und der Sanierung sein, wenn die Neufassungen der DIN EN 13659 in Kraft treten. Hat die Branche es seit 2006 nur teilweise geschafft die Anforderungen der Norm umzusetzen, so bekommt das ganze Thema mit den neuen Anforderungen neben der Windwiderstandsklasse auch mit den Angaben zu Gtotal und R eine vollkommen neue Dimension. Ein sehr detaillierter Vortrag des ift Rosenheim zu den neuen Anforderungen der 13659, die auf die Fachbetriebe zukommen, hat auf der diesjährigen Jahrestagung des Bundesverbandes Rollladen und Sonnenschutz sehr deutlich gezeigt, wie groß die Wissensdefizite hier sein können und wie wenig bereit manche Betriebe sind, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Gerade durch das übliche Vorhandensein der Führungsschienen bei Einbaurollläden wird der Fachhändler im Neubau und Sanierungsbereich durch das Zusammenfügen von Bauteilen zum Hersteller nach Bauproduktenrichtlinie und muss bei einer Motorisierung sogar die Anforderungen der Maschinenrichtlinie beachten. Dass er in den meisten Fällen seiner Beauftragungen zum verantwortlichen Fachplaner wird, ist vielen Betriebsinhabern auch nicht unbedingt klar. Die Frage sollte da eigentlich nicht heißen, Kunststoff- oder Aluminiumpanzer, sondern wie gehe ich als Fachbetrieb mit den neuen Anforderungen um. Gut und sicher geplant erledigt sich die Materialfrage dann von ganz alleine. —

Olaf Vögele

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