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Interview mit Mirco Röttger

„Das Rad muss beim Isolierglas nicht neu erfunden werden“

Glaswelt – Isoliergläser sind heute ausgereifte Produkte. Wo sehen Sie Möglichkeiten, die Energieeffizienz von Isolierglas noch zu erhöhen?

Mirco Röttger – Im internationalen Vergleich liegen wir mit unseren Anstrengungen bezüglich der Energieeffizienz von Gebäuden weit vor dem Rest der Welt. Gerade im Bereich der Fassadendämmung ist das Bauwesen in Deutschland „austherapiert“. Im Gegenteil, wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht durch zu viele Maßnahmen Schaden zufügen. Ich denke da nur an bereits aufkommende Themen wie Haltbarkeit, Schimmelbildung, Schadstoffemissionen und Baustoffverträglichkeiten. Die sogenannte Energiewende ist meiner Meinung nach bereits in vollem Gange. Man darf sie nur nicht durch den typisch deutschen Aktionismus über das Knie brechen, insbesondere auch mit Blick auf die Kosten.

GW – Wenn wir von Nachhaltigkeit sprechen, sollte dann nicht auch die Langlebigkeit von Isoliergläsern verbessert werden?

Röttger – Das ist sicherlich kein Thema des Materials, sondern der Planung und Ausführung.

Isolierglas in der richtigen Dimensionierung und Verarbeitung, etwa als ESG, liefert diesbezüglich schon heute bereits alles und ist mit Sicherheit länger haltbar, als das restliche Drumherum der Fassade. Zudem ist Isolierglas relativ pflegeleicht. Es muss lediglich ab und zu gereinigt werden. Sinnvoll sind an der Stelle übrigens Multifunktionskomponenten, die in das Isolierglas wartungsfrei integriert werden können und somit eine wesentlich längere Standzeit erfahren.

Problem ist wie immer die Investitionsbereitschaft in die Haltbarkeit/Nachhaltigkeit. Zudem gehen die Internationalisierung von Ausschreibungen und Einsparbestrebungen zu Lasten der Qualität in der Ausführung. Stichwort: Es wird nachher nicht so gebaut, wie geplant.

GW – Was ist Ihre Vision für die Integration von smarten Technologien in Isolierglas, um die Funktionalität und den Komfort zu steigern?

Röttger – An der Stelle bin ich zu wenig Visionär und eher der Beobachter dessen, was auf dem Markt gefordert wird und mit den bereits bestehenden Technologien geleistet werden kann. Wenn wir genug Strom für den Endverbrauch zur Verfügung haben, dann sind wir auch hier auf dem besten Wege, diejenigen Kunden zu versorgen, die smarte Technologie bevorzugen.

GW – Welche Marktchancen sehen Sie mit Blick auf den Trend hin zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Baustoffen für Isolierglas?

Röttger – (Isolier-)Glas an sich ist bereits absolut nachhaltig und umweltfreundlich. Das Rad muss hier nicht neu erfunden werden.

GW – Die Nachfrage nach Schalldämmung, gerade in (Groß-)Städten, nimmt weiter zu, ebenso wie Sicherheitsanforderungen. Wie können Isolierglas-Hersteller darauf reagieren?

Röttger – Mit entsprechenden 3-fach-Isolierglas-Aufbauten erhalten wir heute mit 40 db und mehr schon Schalldämmwerte, die absolut konkurrenzfähig zu allen anderen Baustoffen mit schallreduzierendem Charakter sind.

Mit Einbauten im Scheibenzwischenraum (SZR) lässt sich der Effekt übrigens gerade durch den erhöhten SZR nochmals verstärken. Beim Thema (Absturz-)Sicherheit ist ESG und VSG auch Dank der Normung heute schon vielfach der Standard.

GW – Welche Rolle wird künftig der Sonnenschutz spielen und wie lässt er sich mit Isoliergläsern kombinieren?

Röttger – Mit dem Sonnenschutz kommen zudem die steigenden Forderungen, die energieaufwändige Kühllast durch die Haustechnik, sprich durch Klimaanlagen, weiter zu reduzieren.

Kombinierte Maßnahmen machen Sinn: Etabliert haben sich neben dem vorgesetzten Sonnenschutz, etwa Raffstoren und Textilscreens, auch Jalousien-Isoliergläser, schaltbare Gläser sowie Sonnen- und Blendschutzbehänge in Kasten- und Verbundfenster-Einheiten vor einem Isolierglas und hinter einer Prallscheibe.

GW – Weiteres großes Thema ist das Recycling. Wie schätzen Sie die Anforderungen und Potenziale für Glasverarbeiter ein?

Röttger – Die Anforderungen sind hoch, schon allein im Interesse des Herstellers und Verarbeiters. Je mehr recycelt oder wiederverwertet werden kann, desto weniger muss man sich Gedanken über Effizienzbilanzen, Materialbeschaffungen und vor allem Einkaufspreise machen. Glücklicherweise ist Glas auch hier ein absolutes Paradebeispiel für einen guten Materialkreislauf mit hohem Wiederverwendungsfaktor.

GW – Wie lassen sich Fenster- und Fassadenbauer für das Thema Recycling von Isolierglas-Produkten sensibilisieren?

Röttger –  Was für Glasverarbeiter gilt, gilt auch für den Fenster- und Fassadenbauer und ebenso für den Endverbraucher. Der ist es nämlich, der am Ende ein „verbrauchtes Produkt“ auf eigene Kosten entsorgen muss. Entsprechend muss hier ganzheitlich kommuniziert werden.

Das Interview führte Matthias Rehberger.

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