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Gründe für die Digitalisierung

„Die Produktionsprozesse bewegen sich in Richtung Vollautomatisierung“

Glaswelt – Wird sich die Produktion in den kommenden fünf Jahren grundsätzlich ändern?

Peter Dixen, CEO A+W – Ja, ganz sicher. Wir werden mit voranschreitender Digitalisierung eine zunehmend intelligente Automation bis hin zur selbsttätigen Organisation auch komplexer Produktionsprozesse ­erleben. Maschinen werden auf Basis einer einheitlichen Datenplattform verstärkt miteinander, aber über die Softwaresysteme auch mit dem Benutzer ­kommunizieren. Das betrifft sowohl die Nutzung intelligenter bidirektionaler Schnittstellen als auch die Optimierung der Produktionsabläufe auf Basis umfangreicher, von Maschinen bereitgestellter Daten. Die Produktion wird schneller, sicherer und transparenter werden. In das Kommunikationsnetz werden verstärkt Marktpartner wie Zulieferer und Kunden einbezogen, was die Planungs- und Fertigungsprozesse noch effizienter ­machen wird.

Wir werden mit ­voranschreitender Digitalisierung eine zunehmend ­intelligente Automation bis hin zur selbsttätigen Organisation auch komplexer Produktionsprozesse erleben. Die Produktion wird schneller, sicherer und transparenter werden.

Peter Dixen, CEO von A+W

Foto: A+W

Markus Fischer, Lisec Head of Sales Software/Automation – Die Produktionsprozesse in den nächsten fünf Jahren werden sich mit Sicherheit in Richtung Vollautomatisierung bewegen. Das bringt nicht nur Vorteile hinsichtlich einer effizienteren und reibungsloseren Fertigung: Die Transparenz der Abläufe wird sich maßgeblich erhöhen und eine 360° Übersicht auf alle unterschiedlichen Produktionsebenen bieten.

Damit optimieren sich nicht nur interne Abläufe – Kunden können zukünftig online den gesamten Verlauf ihrer Bestellung beobachten.

Ein Beispiel für die vollautomatisierte Produktion der Zukunft muss die wesentliche Vereinfachung der Verschiebung eines Liefertermins sein. Ähnlich wie bei der Änderung eines Termins im Outlook, bei dem alle Beteiligten sowie die gebuchten Räume automatisch informiert und umgebucht werden, muss das zukünftig auch bei Produktionssystematiken funktionieren, die sich bis zum letzten Detail auf den neuen Liefertermin automatisiert umstellen und von selbst optimieren. Selbstverständlich wird das System in Zukunft an dieser Stelle melden, ob und wenn ja, wo erhöhte Kosten dafür anfallen.

Gerade jetzt (in der Corona -Krise) sehen wir die Möglichkeiten und Defizite in der Digitalisierung unserer Prozesse. Das Arbeiten vom Home­office aus sowie die Fernwartung sind Überlebensmaßnahmen geworden, nicht mehr nur nice-to-have.

Dr. Thomas Schmidt, Glas und Produktion Consultant

Foto: Dr. Thomas Schmidt

Dr. Thomas Schmidt, Glas und Produktion Consultant – Die Digitalisierung der Produktion erfolgt häufig schleichend und fast unbemerkt. Ob das dann im Ergebnis eine grundsätzliche Änderung ist, wird man sehen. Aber die Felder dieser Veränderung werden alle Arbeitsplätze betreffen, ob in der sogenannten Verwaltung oder im Betrieb bzw. der Werkstatt. Gerade jetzt (in der Corona-Krise) sehen wir die Möglichkeiten und Defizite in der Digitalisierung unserer Prozesse. Das Arbeiten vom Homeoffice aus sowie die Fernwartung sind Überlebensmaßnahmen geworden, nicht mehr nur nice-to-have. Wir müssen weiter lernen (=Perspektive!), die Angebote der Digitalisierung als Chance und Möglichkeit zu sehen, nicht als zusätzliche Bürde. Dabei gilt es auch innerbetrieblich die Möglichkeiten der Datenverarbeitung weiter auszubauen.

Glaswelt – Wo sehen Sie die Gründe für die zunehmende Digitalisierung?

Peter Dixen – Die Branche hat sich an Industrie 4.0 „gewöhnt“ Wer im Privatleben ständig mit „smarten“ Alltagsbegleitern und Helfern umgeht, verliert Berührungsängste und setzt zunehmend auch im Betrieb auf hoch digitalisierte Prozesse. Ich denke, es gibt in der Branche heute deutlich weniger Vorbehalte als noch vor drei bis fünf Jahren. Wenn z. B. ein Verarbeiter mit einer neuen Maschine dank intelligenter Schnittstellen in der gleichen Zeit die doppelte Menge als vorher produzieren kann, wird er nach dieser positiven Erfahrung mit höchster Wahrscheinlichkeit den digitalen Weg konsequent weitergehen und die neuen Möglichkeiten verstärkt nutzen. Hier sind wir auf einem guten Weg. Nicht zu vergessen ist auch die rasant steigende Notwendigkeit, sämtliche Fertigungsschritte und verwendete Komponenten zu dokumentieren (Stichwort: Produzentenhaftung). Das ist ohne konsequente Digitalisierung nicht wirtschaftlich leistbar.

Die Transparenz der Abläufe wird sich ­maßgeblich ­erhöhen und eine 360° Übersicht auf alle unter­schiedlichen Produktionsebenen bieten. Ein ­Beispiel für die vollautomatisierte Produktion der ­Zukunft muss die wesentliche Vereinfachung der Verschiebung eines ­Liefertermins sein.

Markus Fischer, Head of Sales Software/Automation bei Lisec

Foto: Lisec

Markus Fischer – Aus technischer Sicht ist ein Grund für die zunehmende Digitalisierung, dass bisher zwar die Kommunikation zur Maschine bereits gut funktioniert hat, die neuesten Entwicklungen es aber auch zulassen, dass die Maschine Feedback an die Software zurückspielt. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten und macht den Einsatz einer Maschine als Mitarbeiteräquivalent mit weit geringerer Fehlerquote und in Folge gesteigerter Effizienz und Effektivität möglich. Daraus lassen sich natürlich wiederum wirtschaftliche und qualitative Gründe nicht nur für den Hersteller, sondern auch für den Kunden ableiten.

Dr. Thomas Schmidt – Es gibt zwei Arten von Gründen für die zunehmende Digitalisierung, das sind intrinsische oder extrinsische Gründe. Bedeutung: Intrinsisch, d. h. aus eigenem Antrieb, um die Möglichkeiten der (idealen) Prozessführung auch auszunutzen und damit Geld zu sparen oder Prozessketten und die zugehörigen Durchlaufzeiten bei der Produktfertigung zu verkürzen.

Extrinsisch, also von außen her bestimmt, müssen die Verarbeiter auf die Marktsituation reagieren, dazu kommt der Druck von Geschäftspartnern in der Lieferkette sowie von den Kunden. Hierfür braucht es zunehmend digitale Schnittstellen, um auf solche Zwänge zu reagieren.

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.