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Interview mit Marc Borlinghaus zur Verklebung von Structural Glazing

„Automatisches Kleben ist schneller und besser“

Glaswelt – Was macht die Qualität einer guten Silikonklebung bei Structural Glazing (SG) Scheiben aus?

Marc Borlinghaus – Wie grundsätzlich bei allen Einsatzgebieten von Mehrkomponenten Klebstoffen, ist es auch hier wichtig sicher zu stellen, dass die Klebstoffkomponenten im richtigen Verhältnis zueinander dosiert und dann korrekt vermischt werden, dies wird bei der manuellen Verklebung üblicherweise einmal am Tag durch sogenannte Ausliter-und Butterlfy-Tests geprüft, bei denen die Materialkomponenten unvermischt in Becher appliziert und dann nach Gewicht zueinander geprüft werden, bzw. bei denen vermischtes Material auf ein Blatt Papier appliziert wird, das dann gefaltet und wieder geöffnet wird, um etwaige Schlierenbildung feststellen zu können. Schlieren oder falsche Dosierverhältnisse würden beide zu einem potentiellen Klebstoffversagen führen..

Zusätzlich ist es wichtig, dass die Klebefuge in einem SG Element immer vollständig und blasenfrei befüllt wird. Jede Blase bzw. jeder mangelhaft befüllte Teil der Fuge stellt eine Schwachstelle dar, die zum Versagen der Klebeverbindung führen könnte. Um dies zu verhindern bringt der Mitarbeiter mehr Klebstoff in die Klebefuge ein, als technisch notwendig, um eine 100 % Befüllung zu garantieren und etwaige Lufteinschlüsse hinaus zu drücken. Diese „Überfüllung“ wird dann nachträglich mittels eines Spachtels von der Außenseite der Fuge abgenommen und entsorgt.

Marc Borlinghaus hat bei Preesta-Eisele die PE-Autoglaze Klebelinie mit entwickelt.

Foto: Pressta-Eisele

Marc Borlinghaus hat bei Preesta-Eisele die PE-Autoglaze Klebelinie mit entwickelt.

Glaswelt – Wie kam es zur Entwicklung der Klebe-/Versiegelungsanlage?

Borlinghaus – Bei einem Strategiemeeting Anfang letzten Jahres war eine der Aufgabenstellungen uns unabhängiger von der Automobilbranche zu machen (Wir liefern u.a. Sägeanlagen für die Autozulieferer), und dort habe ich vorgeschlagen eine Anlagentechnologie, die ich vor vielen Jahren bereits entwickelt habe, neu auszurichten und für den Markt einsatzfähig zu machen. Daraufhin haben wir über Monate hinweg die neue Anlage konzipiert und das Testsystem gebaut.

Glaswelt –Welches sind die wichtigsten Vorteile der automatisierten Verklebung von Structural Glazing (SG) Elementen?

Borlinghaus – Gemessen an unserer Anlage wäre da zum einen zu erwähnen, dass wir die Fugen blasenfrei ohne Überschuss zu befüllen. Je nach Fähigkeiten des Mitarbeiters und der Qualität der Fugengeometrie kann dies bedeuten, dass unsere Anlage bis zu 40 % weniger Klebstoff braucht, um ein Element zu verkleben, als im Falle der manuellen Verklebung benötigt wird. Dadurch dass unsere Anlage die Fuge permanent vermisst und die Klebstoffmenge anpasst, erreichen wir eine Verklebung mit einer durchgängig höheren Qualität.

Glaswelt – Wo sehen Sie weitere Vorteile?

Borlinghaus – Die automatisierte Applikation ist schneller. Durch Servoachsen und die Tatsache, dass man die Klebefugen nicht nachbearbeiten muss, produziert der Verarbeiter mit unserer Anlage bis zu 4 Mal schneller als im manuellen Verfahren. Dazu kommt, dass der Betrieb für die manuelle Applikation des Klebstoffs auch Mitarbeiter mit einem hohen Skill-Level benötigt, da es nicht einfach ist über eine Strecke von bis zu 12 m mit einer Applikationspistole eine Fuge mit nur 9 – 12 mm Höhe konstant zu treffen.

Durch den automatischen ­Auftrag entsteht eine saubere, gleichmäßige Fuge.

Foto: Pressta-Eisele

Durch den automatischen ­Auftrag entsteht eine saubere, gleichmäßige Fuge.

Glaswelt – Wie wird ihre Anlage bedient, braucht es dazu Spezialisten?

Borlinghaus – Beim Einsatz unserer Klebelinie wird nur ein Mitarbeiter benötigt, der den Start / Stop Knopf der Anlage drückt und alle 4 bis 6 Stunden einen Mischerwechsel durchführt, den Rest der ermittelt die Anlage selbstständig. Man spart eine Kraft ein, da sonst für die manuelle Befüllung und Nacharbeit in der Regel zwei Mitarbeiter benötigt werden. Dazu kommt, dass das Arbeiten mit Silikonklebstoffen nicht zu den angenehmsten Aufgaben gehört.

Glaswelt – Wieviel Klebstoff lässt sich pro Scheibe einsparen?

Borlinghaus – Pauschal lässt sich das nicht beantworten, da es abhängig ist von der Menge und Größe der gefertigten Elemente. Dennoch kann man in etwa von 35 - 45 % der insgesamt verwendeten Menge an Silikon ausgehen, was bei einem 4 × 2 m Element bis zu 1 Liter ausmachen kann.

Glaswelt – Welche Scheibenformate sind heute machbar, und sind größere Anlagen geplant?

Borlinghaus – Unsere Standard Anlage kann quadratische und rechteckige Elemente von 300 × 1000 mm bis 3000 × 4000 mm zu verarbeiten. Größere Versionen der Anlage können wir auf speziellen Kundenwunsch ebenfalls fertigen. Gegen Ende 2021 werden wir ein Upgrade anbieten, das rückwirkend auch bei bestehenden Anlagen eingesetzt werden kann, und es ermöglicht auch runde, ovale und mehreckige (mehr als 4) Elemente zu verarbeiten.

Glaswelt – An welche Verarbeiter richten Sie sich mit Ihrer Anlage?

Borlinghaus – Grundsätzlich jeden Hersteller von Strucural Glazing Elementen, egal ob diese bei einer Pfosten-Riegel Konstruktion Einsatz finden, oder als reine SG Fassaden konzipiert sind. Es wäre es sinnvoll, wenn der Verarbeiter bereits verklebt und eine gewisse Produktionsgröße pro Jahr fertigt. Als „magische Grenze“ kann eine Produktionsmenge von etwa 35.000 m² pro Jahr zugrunde gelegt werden. Davon abgesehen sind sicherlich auch Hersteller von Trennwänden und PV-Elementen interessant, da es dort eine ähnlich Klebstoffanwendung gibt, sowie auch Fensterbauer, die ein geklebtes Fenster herstellen möchten, da unsere Technologie auch dafür einsetzbar ist.

Glaswelt – Wie können sich Hersteller von SG-Scheiben gegenüber ihren Kunden (Fassadenbauern) mit der Anlage positiv positionieren?

Borlinghaus – Je nach eingesetztem System kann der Glasanbieter bereits teilfertige Elemente liefern. Mittlerweile bieten einige Systemhäuser ähnliche Systeme an, wie Schüco mit dem FWS 50 SG oder Wicona mit dem WicTec 50SG, bei dem im Randverbund des Isolierglases ein U-Profil eingesetzt wird. Dieses wird später dazu genutzt, um die Scheibe direkt mit dem Unterbau (Grundrahmen in der Gebäudewand) zu verbinden. Diese Systeme mussten bis dato per Hand verklebt werden oder über einen Isolierglas-Versiegelungsautomaten, bei dem dann das U-Profil abgedeckt wird, um ein Eindringen des Randverbunddichtstoffs zu verhindern. Beides stellt einen erheblichen Zusatzaufwand dar.

Unsere Anlage kann auch diese Art der Verklebung durchführen, so ist ein Glashersteller in der Lage, das automatisierte Einkleben der U-Profile seinen Kunden als Zusatzleistung anzubieten.

Das Interview führte
Matthias Reh­berger

Wieviel Klebstoff lässt sich pro SG-Elemement einsparen?

Vereinfacht dargestellt kann man etwa von einer Einsparung von rund 35 – 45 % der insgesamt verwendeten Menge an Silikon ausgehen. Bei einem 4000 × 2000 mm großen Fassadenelement spart/gewinnt der Verarbeiter rund 1 Liter an Silikon.