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Fenster, Türen und mehr nach Universal Design Prinzipien entwickeln

Besser für alle Menschen

_ Universal Design bedeutet, Produkte ohne spezielle Anpassungen für möglichst viele Menschen nutzbar zu machen. Das umfasst alte und junge Menschen, ebenso wie Personen mit physischen oder kognitiven Handicaps. Solche Produkte sollen auch bei „temporären“ Einschränkungen, etwa aufgrund eines Beinbruchs, das Leben des Gebäudenutzers leichter machen. Wenn wir bei Tür- und Fenster-Produkten keine drei Hände brauchen, uns nicht die Finger klemmen und diese einfach, intuitiv und sicher nutzen können – dann ist das gutes Universal Design (UD).

Dabei werden motorisch betriebene Türen immer beliebter, da für den Benutzer auch bei eingeschränkter Mobilität der geliebte „Sonnenplatz“ auf Balkon oder Terrasse leichter erreichbar bleibt.

Um Herstellern, Verbrauchern, Architekten u. a. die Planung und Auswahl von UD-Produkten zu vereinfachen, hat das ift Rosenheim den Kompass „Universal Design“ als Bewertungsverfahren entwickelt. Dieser orientiert sich an den sieben grundlegenden Gestaltungsprinzipien des UD (siehe Info-Box rechts), auf denen solche Produkte basieren sollten.

Barrierefreiheit mittels Universal Design

Produkte für den Baubereich sollten eine lange Nutzungsdauer haben und eine flexible Umnutzung zulassen, beispielsweise wenn Bewohner eines Gebäudes älter werden, bei Krankheit oder Unfall andere Anforderungen entstehen, wenn Großeltern einziehen oder Kleinkinder hinzukommen etc.

Mit den Gestaltungsmerkmalen des Universal Design rücken bei Bauelementen neben den Leistungsmerkmalen wie Wärme-, Schall- und Brandschutz oder Verformungsstabilität, die einfache und sichere Nutzung sowie die Nutzerbedürfnisse stärker in den Vordergrund.

Ein anschauliches Beispiel sind die Bedien- und Schließkräfte. Für gesunde Erwachsene ist ein normal eingestellter Tür-/Fenstergriff kein Problem, für ein Kind oder einen Rollstuhlfahrer können Griffhöhe und hohe Bedienkräfte schnell zur unüberwindbaren Barriere werden.

Die Forderung nach barrierefreiem Wohnen und Arbeiten ist im Artikel 3 des Grundgesetzes beschrieben, in MBO und LBO baurechtlich verankert und in DIN 18040 detailliert beschrieben. Die Barrierefreiheit von Arbeitsstätten wird nun im Arbeitsstättenrecht geregelt (ASR V3a.2 „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten“, ASR A1.7 „Türen und Tore“).

Für barrierefreie Zugänge sind nach DIN 18040 untere Türanschläge und Schwellen im Grundsatz nicht zulässig. Bei Konstruktion und Planung muss auch der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 und EnEV sowie die Schlagregendichtheit und der Schutz vor „stehendem“ Wasser beachtet werden.

Wichtige Kennzahlen dafür sind der raumseitige Temperaturfaktor fRsi und der Wärmedurchgangskoeffizient U, die beide an der wärmetechnisch ungünstigsten Stelle nachgewiesen werden müssen.

Mehr Komfort mit Automatiktüren

Hohe Bedienkräfte bei Drehflügel- oder Schiebetüren lassen sich einfacher mit automatischen Türen handhaben, auch die Nachrüstung ist möglich. Hierfür prädestiniert sind Hauseingangs-, Terrassen- und Balkontüren sowie Brandschutztüren im Zugangsbereich zu Keller oder Tiefgarage. Auch in öffentlichen Gebäuden, Pflegeeinrichtungen, beim betreuten Wohnen oder in Komfortwohnungen werden automatische Türen bevorzugt. Ein anschauliches Beispiel für die Umsetzung nach UD ist die Schließgeschwindigkeit einer Automatiktür: Aus energetischen Gründen soll die Tür schnell schließen, bei der Nutzung durch ältere oder behinderte Menschen aber möglichst langsam. Hier ist eine einfache Anpassung der Schließgeschwindigkeit sinnvoll.

Dennoch scheuen sich Bauherren und Hersteller vor Bauelementen mit Elektroantrieben. Bei näherer Betrachtung ist die „Black-Box“-Elektrik aber gar nicht so kompliziert. Die Produkte sind heute ausgereifter, und die Türenhersteller bieten integrierte Systeme an, bei denen Elektro- und Türentechnik aufeinander abgestimmt sind.

Das muss der Verarbeiter unbedingt beachten

Nutzen schutzbedürftige Personen, etwa Ältere oder Menschen mit Handicap und Kinder die Tür, muss dies der Verarbeiter/Monteur bei der Einstellung von Schließgeschwindigkeit oder Kraftbegrenzung berücksichtigen.

Zimmer- oder Wohnungseingangstüren lassen sich gut mit Low-Energy (LE)-Antrieben versehen, die mit geringer Kraft und langsamen Schließgeschwindigkeiten arbeiten und bei einem Widerstand (Hand oder Gegenstand) die Tür anhalten.

In Verbindung mit variablen Offenhaltezeiten von mindestens 5 Sekunden ist dies eine sinnvolle Ausführung, auch für die Renovierung. Die Bedienung kann durch Taster, Funksteuerung oder Transponder-Technik erfolgen, die ohne den Einsatz der Hände funktioniert.

Vor nicht zu vermeidenden Gefahren (Restrisiken) kann bedingt auch per Beschilderung oder in der Bedienungsanleitung gewarnt werden.

Mit einem elektrischen Antrieb wird aus einer Tür eine Maschine, bei der die Nutzungssicherheit gemäß EN 16005 „Nutzungssicherheit“ nachzuweisen ist. Grundsätzlich ist für jede Anlage vor Inbetriebnahme eine Risikoanalyse durch den Verarbeiter/Lieferanten zu erstellen, aus der Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Beseitigung von Risiken abgeleitet werden.

Restrisiken wie Quetschen, Scheren und Anstoßen sollten jedoch konstruktiv durch Profile oder Abdeckungen reduziert werden. Praxistipps und Fallstudien zu UD finden sich im Originalmanuskript im Pressebereich der ift-Website. Weitere Informationen zur Nutzungssicherheit bietet der Fachverband Türautomation FTA (http://www.fta-online.de).—

Die 7 Universal Design-Prinzipien

  • Prinzip 1: Breite Nutzbarkeit: Die Konstruktion gewährleistet bei normalem Gebrauch hohe Gebrauchssicherheit und vermeidet Fehlbedienungen.
  • Prinzip 2: Flexibilität und Modularität: Das Produkt ist modular aufgebaut, kann in unterschiedlichen Einbausituationen verwendet und an verschiedene Gebäudenutzungen angepasst werden.
  • Prinzip 3: Einfache und intuitive Bedienung: Die Bedienung des Elementes ist einfach und intuitiv und in seiner Funktion leicht erkennbar.
  • Prinzip 4: Mehr als einen Sinn ansprechen: Die Funktions- und Bedienungselemente sind visuell, haptisch und akustisch erkennbar.
  • Prinzip 5: Fehlertoleranz und Sicherheit: Die Bedienungsanleitung beschreibt ausführlich und leicht verständlich die korrekte Nutzung, mögliche Fehlbedienungen und Gefahrenbereiche und wird durch bildhafte Gestaltung sowie durch audio-visuelle Medien unterstützt.
  • Prinzip 6: Geringer physischer Aufwand: Bedienungskräfte können auf das Einsatzgebiet abgestimmt und eingestellt sowie durch die Länge und Gestaltung des Griffes und Justiermaßnahmen variiert werden. Die Position des Bedienelementes kann an die Nutzergruppe angepasst werden.
  • Prinzip 7: Zugänglichkeit und Erreichbarkeit: Das Produkt ermöglicht eine schwellenlose Nutzung und erfüllt die Anforderungen nach DIN 18040.

Die Autoren

Jürgen Benitz-Wildenburg ist Leiter PR & Kommunikation am ift Rosenheim.

Christian Kehrer leitet die ift-Zertifizierungsstelle; er lehrt an der FH Rosenheim und ist in Normungsausschüssen und Verbänden, u. a. für barrierefreies Bauen, aktiv.https://www.ift-rosenheim.de

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