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Im Interview mit Moritz Nauschütz

„Setzen Sie bei Messe auf Psychologie“

GW – Was macht Ihrer Meinung nach einen erfolgreichen Messeauftritt aus, und wie sollte ein Unternehmen strategisch an die Planung einer Messebeteiligung herangehen?

Moritz Nauschütz – Ein erfolgreicher Auftritt zeigt sich daran, dass man mehr Besucher erreicht als bisher – und dass diese sich lange an die Marke erinnern. Es geht um starke ­Markenmomente, die im Gedächtnis bleiben und die Beziehung zwischen Kunde und Marke nachhaltig vertiefen. Dafür sollte man von Anfang an strategisch vorgehen: zunächst verstehen, wie Wertschöpfung durch Erlebnisse funktioniert. Dann klären, wofür die Marke steht, welche Ziele man verfolgt und wie die Zielgruppe tickt. Erst danach geht es um konkrete Gestaltung und Inszenierung.

GW – Warum ist es wichtig, die Marke auf der Messe emotional erlebbar zu machen?

Nauschütz – Marke ist oft das Einzige, das Wettbewerber nicht kopieren können – der Rest ist austauschbar. Marke ist ein psychologisches Konstrukt und ein Versprechen. Dieses Versprechen muss erlebbar gemacht und damit eingelöst werden. Das schafft Vertrauen und vertieft die Beziehung. Unternehmen denken immer, nur der Vertriebsmitarbeiter steuere die Beziehung zum Kunden. Sie möchten aber eigentlich eine langfristige Beziehung zur Marke und nicht nur zum Vertriebler. Begeisternde Marken- und Produkterlebnisse können hocheffektive Beziehungsmanager sein, wenn sie richtig psychologisch und kundenzentriert durchdacht sind.

GW – Wie gelingt es, aus einem normalen Produkt ein einzigartiges Erlebnis zu schaffen?

Nauschütz – Das kann man so pauschal nicht sagen. Man muss die die Einzigartigkeit herausarbeiten, verknüpft diese mit Emotionen und übersetzt das Ganze in ein Erlebnis, das Menschen intuitiv verstehen. Das Ziel: vom mühsamen Beschreiben und Erklären zum intuitiven Verstehen und Wirken. Ein gutes Produkterlebnis spricht Kopf, Herz, Sinne und Handlungsimpulse gleichermaßen an. Sonst hat es keinen hohen Wirkungsgrad. Wir können Produkte zwar nicht besser machen. Aber wir können dafür sorgen, dass das Produkterlebnis den wirklichen USP intuitiv erlebbar macht, emotional berührt, einen erinnerbaren Markenmoment im Langzeitgedächtnis erzeugt und den Aussteller damit in die Poleposition bringt.

GW – Was sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Fehler, die Unternehmen bei Messeauftritten machen, und wie können diese vermieden werden?

Nauschütz – Viele Messeauftritte sind nicht wirtschaftspsychologisch durchdacht und haben deshalb keinen hohen Wirkungsgrad. Die Präsentationen sind meist überfrachtet und nicht intuitiv verständlich. Der Messestand liefert kein differenzierendes und authentisches Markengefühl, sondern setzt sich lediglich aus mit Corporate Design gebrandeten architektonischen Fragmenten zusammen. Messesstände werden zu selten aus der Perspektive des Kundenerlebens gedacht und gestaltet. Eine weitere Fehlerquelle: Messebauer, Messedesigner und Messearchitekten werden für die Konzeption- und Gestaltung von Messeauftritten beauftragt – obwohl ein Messeauftritt nur psychologische Ziele hat. Aber im Kern geht es nicht um Architektur, sondern um Psychologie. Man muss verstehen, wie Kundenreize wirken, welche Emotionen sie auslösen und wie sich das auf die Beziehung zur Marke auswirkt. Passiert das nicht, bleibt der Messeerfolg ein Zufallsprodukt.

GW – Wie wichtig ist der Perspektivwechsel – also das Verstehen von Kundenbedürfnissen – bei der Gestaltung eines Messeauftritts?

Nauschütz – Der Perspektivwechsel ist zentral. Es bringt nichts, nur aus der Innensicht des Unternehmens zu agieren. Wir wollen immer wissen: Was geht im Kopf des Besuchers vor? Welche Prozesse laufen im Gehirn ab, wie verarbeiten Menschen Informationen und mit welchen Reizen / Stimuli Impulsen lassen sich Bedürfnisse wecken und befriedigen? Dafür entwickeln wir Identitätsprofile für jede Zielgruppe. So können wir gezielt dafür sorgen, dass die kognitiven, emotionalen und sensorischen Bedürfnisse befriedigt werden. Wenn das gelingt, entsteht wirkliches Begehren – und damit die Grundlage für eine starke ­Beziehung.

GW – Was ist der wichtigste Erfolgsfaktor für einen Messeauftritt, der im Gedächtnis bleibt?

Nauschütz – Setzen Sie auf eine „Core Attraction“ mit echtem Wow-Effekt. Das ist ein Anziehungspunkt, der Ihr Marken- oder Produktversprechen faszinierend erlebbar macht. Idealerweise zieht er die Besucher magisch an, sodass sie fast automatisch auf Ihren Stand kommen. Dort übernehmen dann die Mitarbeiter – und finden durch klar definierte motivbasierte Gespräche heraus, welches Potenzial im einzelnen Besucher steckt. So wird die Core Attraction zu einem echten Business-Tool, das Beziehungen vertieft und Umsatzchancen eröffnet.

Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Mund auf der VFF Fachtagung in Marburg.

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