Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Interview mit Michael Ahlborn von Sicurtec

Glas-Polycarbonat-Laminate  – Einbruchsicherheit ab 7 mm

Zu den Details der neuen, dünneren Sicherheitsgläser aus Glas-Polycarbonat hat die GLASWELT Michael Ahlborn (36), den Geschäftsführer der Sicurtec Laminatglastechnik GmbH befragt, der seit 16 Jahren im Unternehmen ist und den Familienbetrieb heute in zweiter Generation leitet.

Glaswelt – Sie haben vor Kurzem das weltweit dünnste Sicherheitsglas auf den Markt gebracht, wie kam es dazu?

Michael Ahlborn – Die Nachfrage nach dünnen und leichten Hochsicherheitsgläsern wächst rapide. Um hier den Marktanforderungen gerecht zu werden, haben wir in den letzten Jahren über 1 Mio. Euro in neue Produktionstechnik zum Verbund von Polycarbonat und Floatglas (Kalk-Natron-​Glas) investiert. Gleichzeitig soll diese Technik uns helfen, bei Sicherheitsgläsern weitere Benchmarks zu setzen. Im Rahmen dieser F & E-Arbeiten ­haben wir die Sicurtec_Slim Produktfamilie geschaffen, die alles Herkömmliche in Bezug auf ­Sicherheit, Gewicht und Dicke überbietet. Dazu möchte ich ergänzen, dass wir die neuen Produkte ganz ohne staatliche Förderungen entwickelt haben.

Glaswelt – Bitte geben Sie uns einige Details zu den neuen Sicurtec_Slim Produkten

Ahlborn – Bei den Produkten aus der Sicurtec_Slim Reihe handelt sich um sehr dünne und extrem leichte Sicherheitsgläser, die dazu dienen, Personen und Werte innerhalb von Gebäuden zu schützen. Diese Polycarbonat-Gläser sind um 40 % dünner und leichter als unsere bewährten Sicurtec_Attack Polycarbonat-Gläser und um bis zu 73 % gegenüber konventionellem ­Panzerglas.

Ziel der Entwicklung war es, Wertgegenstände, z. B. in Museen und Privat­häusern sowie bei ­Geschäften, absolut sicher schützen zu können. Dabei ist das neue Verbundglas optisch zurückhaltend. Gleichzeitig lässt es sich mit weiteren Funktionen ergänzen, wie z. B. Alarmschleifen.

Glaswelt – Wie sind die Gläser zertifiziert und in welchen Sicherheitsklassen gibt es sie?

Ahlborn – Die Verbundsicherheitsgläser der Sicurtec_Slim Produktreihe erzielen in sämtlichen relevanten Widerstandsklassen sehr gute Werte und sind nach DIN EN 356 geprüft und zertifiziert. Sie verzeichnen bereits ab 7 mm Dicke die Klasse PA5 in der Durchwurfhemmung. Bei der zugehörigen Prüfung muss ein Glas neun Aufschlägen einer 4,0 kg Stahlkugel aus 9,0 m Höhe standhalten. Kein Problem für Sicurtec_Slim, das um 40 % dünner und leichter als Standard-VSG ist.

Zudem hielt das 7 mm dünne Glas 26 Schlägen (à 350 Nm) mit der automatischen Axt stand. Zum Vergleich: Nach unseren firmeninternen Tests erreicht ein Mensch mittels Eigenkraft nur in etwa 150 bis 200 Nm pro Axtschlag.

Weiter haben wir eine P6BScheibe im Angebot, die diese Klasse ab 10 mm Dicke und einem Gewicht von 17 kg/m2 erreicht. Und mit 14 mm ­Dicke und 22 kg/m2 können wir die Klasse P8B umsetzen. Das ist weltweit eine neue Benchmark.

Glaswelt – Wie steht es mit Sicherheits-ISO aus? Lassen aus den leichten Polycarbonat-­Gläsern auch Isoliergläser fertigen?

Ahlborn – Ja, wir haben auch dünnes 3-fach Isolierglas mit P8B Widerstandsklasse im Angebot. Auf Basis von Sicurtec_Slim Gläsern können unsere Spezialisten ein 3-fach-Isolierglas der höchsten Widerstandsklasse P8B (nach DIN EN 356) ­fertigen. Mit einem Gewicht von 37 kg/m2 und einer Dicke von 36 mm lässt sich so ein U-Wert von 0,6 W/ (m2 K) erzielen. Dies erlaubt den Einsatz schlankerer Rahmensysteme. Dazu kommt noch das leichtere Handling der Bauelemente, in denen solche Gläser verbaut sind. Das ist bei der Montage ebenso wie in der Werkstatt ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Glaswelt – Was haben Sie im Programm, wenn Kunden beschusssichere Gläser suchen?

Ahlborn – Hier haben wir Sicurtec_Bulett im Angebot, ein dünnes beschusssicheres Polycarbonat-Glas, welches in Bezug auf Gewicht und die Dicke optimiert ist. Das ist gegenwärtig das dünnste und leichteste Sicherheitsglas am europäischen Markt. So ein Glas schützt auch vor großen Kalibern und selbst vor panzerbrechender Munition. Nachgefragt werden diese Gläser, wenn es um die Ausstattung von Polizei­stationen, Militäreinrichtungen, Ministerien, Botschaften und auch Privatresidenzen geht.

Diesen Tests halten nur wenige Gläser stand …
… In eindrucksvollen Videos auf www.sicurtec.com wird bei härtesten Einbruchsversuchen, unter anderem mit Hammer und Axt, gezeigt, wie es bei einem gewaltsamen Einbruch um die tatsächliche Widerstandskraft der neuen Hochsicherheitsgläser bestellt ist. Anschauen lohnt sich!

Matthias Rehberger

Und hier ein Video zum dünnsten Sicherheitsglas mit Polycarbonat

Glaswelt – Was haben Sie noch an spannenden Sicherheitsgläsern in petto?

Ahlborn – In der Widerstandsklasse BR4-NS (NS = NoSpall, kein Splitterabgang) nach DIN 1063 ist es uns gelungen, eine Scheibe mit einer Dicke von nur 23 mm und einem Gewicht von 45 kg/m2 herzustellen. Das bedeutet einen Gesamtvorteil von bis zu 68 % gegenüber Panzerglas.

Auch in der folgenden Kategorie sehen wir eine enorm steigende Nachfrage und haben entsprechend reagiert. Hier bringt unsere neue BR6-NS nach DIN EN 1063 (Kaliber 7,62 × 51) mit nur 36 mm Dicke und 78 kg/m2 sehr gute Werte, und das bei einer 50 % dünneren Scheibe.

Weiter wurde neben einer optimierten BR7-NS (Nato-Kaliber, Hartkern) mit 75 mm Dicke nun eine Scheibe mit nur 63 mm und rund 125 kg/ m2 Gewicht positiv geprüft und zertifiziert.

Glaswelt – Können Sie bitte etwas in Bezug auf die Unterschiede zwischen den RC und ­RC-​panic Klassen nach DIN EN 1627ff:2011 sagen?

Ahlborn – Sicherheitsgläser für die Widerstandsklassen RC2 bis RC6 für Festverglasungen unterscheiden sich von den Widerstandsklassen RC2-panic bis RC6-panic für Notausgangstüren mit ­Panikbeschlag ganz wesentlich. Das betrifft sowohl die Scheiben-Aufbauten als auch den Preis. Das ist vielen Baubeteiligten nicht bewusst, hier gibt es noch einen hohen Beratungsbedarf bei den Weiterverarbeitern und ausschreibenden Stellen. Die reinen Glasprüfungen und Zertifizierungen für alle Klassen haben wir für die Sicurtec-Produkte bereits absolviert. In unseren Augen reicht das jedoch nicht, denn mechanische Sicherheit ist ein Teil, elektronische Absicherung ein wichtiger zweiter Teil. Seit kurzer Zeit sind wir mit Prüfzertifikaten in der Lage, alle Sicherheitsgläser ­gemäß der DIN EN 1627ff:2011 auch mit ­VdS-anerkanntem Alarmglas auszurüsten.

Glaswelt – Was können die Glasverarbeiter neben den Produkten noch von Ihnen erwarten?

Ahlborn – Wir rasten nicht, unsere Entwicklungsarbeit geht stetig weiter: Aktuell in Richtung zylindrisch gebogener Polycarbonatgläser in Verbindung mit VdS-zertifiziertem Alarmglas. Beides sind Produkte, die bislang am Markt nicht angeboten wurden. Unsere Versuche in diese Richtung verliefen sehr positiv, nun stehen die entsprechenden DIN EN-Prüfungen an.­

Glaswelt – Was ist für Ihr Unternehmen der Schlüssel zum Erfolg?

Ahlborn – Unsere Philosophie ist es, Kunden­anfragen und -wünsche – wenn irgendwie möglich – freundlich und kompetent zu lösen und ­daraus (neue) Produkte zu entwickeln und zu ­fertigen. Mit dieser Philosophie fahren wir gut, diese bewährt sich seit vielen Jahren.

Zudem steht bei uns die Qualität ganz oben auf der Agenda. Vielfach sind wir mit unseren Produkten im Premiumsegment aktiv. Dafür ­fertigen wir eine ganze Reihe an Sicurtec-­Gläsern in Handarbeit, um die hohe Produkt­qualität zu erreichen. Schon seit der Gründung des Unternehmens (www.sicurtec.com) ­gehen wir mit aufmerksamem Blick nach ­vorne. Das ist für uns die Basis der stetigen Weiter­entwicklung der Produkte und unseren Fami­lienbetrieb.

Das Interview führte Matthias Rehberger.