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Interview mit Rouven Seidler von der Seen AG

„Ohne Vogelschutzgläser wird es in Zukunft nicht mehr gehen!“

GW – Wie kamen Sie auf die Idee, Vogelschutzglas zu entwickeln?

Rouven Seidler – Das war einerseits Zufall, andererseits die Erfahrung aus früheren Tätigkeiten, insbesondere der Entwicklung einer Gewebeeinlage in den Jahren 2008 bis 2011. Vogelschutz war damals bei einem größeren Bauvorhaben in der Schweiz ein wesentliches Thema. Das Bauvorhaben konnte wie geplant umgesetzt werden und erfüllt bis heute die damaligen Vorgaben. Aus dieser Zeit war mir also bewusst, dass stark reflektierende Oberflächen einen Vorteil im Verhältnis von Abdeckung zu Wirksamkeit bieten können. Zudem wurde mir klar, ohne Vogelschutzgläser wird es in Zukunft nicht mehr gehen.

GW – Was ist in Ihren Augen die Grundlage dafür, dass ein Glas-Produkt tatsächlich den Vogelschlag reduziert?

Seidler – Es muss für die Vielzahl unterschiedlicher Vögel dauerhaft hochwirksam sichtbar sein. „Hochwirksam“ bedeutet in diesem Fall maximal 10 % Anflug im Flugtunneltest. Markierungen auf Position 1 der Glasscheiben betrachten wir bei Neubauprojekten aufgrund ihrer begrenzten Haltbarkeit als nicht zielführend. Angesichts der Lebensdauer eines neu eingebauten Glases von etwa 40 Jahren stellt sich für uns die Frage, welches Produkt über diesen Zeitraum hinweg 100 % witterungs- und lichtbeständig ist, ohne sich signifikant von der „frisch aus der Produktion“ getesteten Prüfscheibe zu unterscheiden. Dazu stellen sich Fragen nach mechanischem Abrieb und Verschmutzung einer Markierung auf Position 1 einer Glasscheibe.

GW – Wie entwickelten sich Ihre Vogelschutzprodukte über die Zeit?

Seidler – Zu Beginn der Entwicklung standen die Wahl des Rasters und der Oberflächenbeschaffenheit, die wir in enger Abstimmung mit Ornithologen vorgenommen haben. Ab diesem Punkt war es ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Heute verfügen wir über umfangreiche Testergebnisse, die verschiedene Glasaufbauten und Reflexionsgrade berücksichtigen und schlüssige Erkenntnisse liefern.

GW – Was war dann das Ergebnis?

Seidler – Es hat sich gezeigt, dass die Wirksamkeit vieler Markierungen maßgeblich von der Außenreflexion der Glasscheibe abhängt. Deshalb testen wir seit 2020 ausschließlich Markierungen in Kombination mit Isoliergläsern sowie unterschiedlich stark reflektierenden Wärme- und Sonnenschutzbeschichtungen. So konnten wir (G www.seen-group.com) hochwirksame Lösungen entwickeln, die selbst hinter einer leichten Sonnenschutzbeschichtung nachweislich die hochwirksame Schutzfunktion erfüllen.

Der Vogelschutz bei unserem Produkt basiert auf mehreren Faktoren, insbesondere auf dem hohen Reflexionsgrad und der dreidimensionalen Beschaffenheit der Markierung. Diese Eigenschaften sorgen dafür, dass die Markierung für Vögel trotz minimaler Abdeckung hochwirksam sichtbar bleibt.

GW – Was macht in Ihren Augen die Qualität eines Vogelschutzproduktes aus?

Seidler – Die Qualität eines Vogelschutzprodukts wird durch das Verhältnis von Wirksamkeit zur abgedeckten Fläche, die Lebensdauer der Markierung und verlässliche Testergebnisse bestimmt. Entscheidend ist, dass diese Tests in einem anerkannten Flugtunnel unter realistischen Glasaufbauten durchgeführt werden.

GW – Auf welche Richtlinien fokussieren Sie sich bei Ihrem Vogelschutzglas?

Seidler – Für uns sind die Ergebnisse der Flugtunneltests der Biologischen Station Hohenau-Ringelsdorf zentral, da diese auch von der ABC American Bird Conservancy vorbehaltlos anerkannt werden. Im Gegensatz dazu werden die Flugtunneltests der ABC in den USA in Europa nicht anerkannt. Das neue Merkblatt des Bundesverbands Flachglas zum Thema Vogelschutzglas erklärt detailliert, warum die Tests aus den USA für Fassadenanwendungen in Europa nicht verwendet werden können.

GW – Woran entwickelt die Seen AG derzeit im Bereich Vogelschutzglas?

Seidler – Wir arbeiten seit rund zwei Jahren mit dem Fraunhofer Institut an einer neuen, zumindest raumseitig fast transparenten Vogelschutzmarkierung. Gleichzeitig möchten wir die Lebensdauer unserer nachträglichen Markierungen für bereits bestehende Glasflächen deutlich verlängern.
Darüber hinaus legen wir großen Wert auf die Reduktion der CO2-Emissionen bei der möglichst lokalen Produktion von Vogelschutzglas sowie auf die einfache Wiederverwertung der Gläser am Ende des Lebenszyklus. Basisglas mit Vogelschutzmarkierungen um die halbe Welt zu liefern, kann in der heutigen Zeit nicht der Anspruch der Industrie sein, weder politisch noch aus Sicht Nachhaltigkeit. ­

Das Interview führte Matthias Rehberger

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