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Im Gespräch mit Martin Langen

“Ab 2020 wird sich die Neubauaktivität wieder verlangsamen“

Glaswelt – Wie schätzen Sie die Entwicklung am Bau für 2019 ein, hat der Neubaumarkt die Nase vorne oder die Renovierung?

Martin Langen – In den letzten Jahren hat die Renovierung deutlich unter der starken Neubauaktivität gelitten, da sich die vorhandenen Kapazitäten in den Neubau verschoben haben. Anfang 2018 haben über 50 Prozent der von uns befragten Verarbeiter angegeben, dass sie Aufträge aufgrund von zu hoher Auslastung abgelehnt haben. Mehr als 2/3 der abgelehnten Anfragen kamen dabei aus dem Bereich der Sanierung. Ab dem Jahre 2020 wird sich diese Entwicklung wieder umkehren, da sich die Neubauaktivität trotz des Bauüberhangs verlangsamt. Entsprechend wird die Bedeutung der Sanierung wieder zunehmen.

Glaswelt – Was bedeutet das für die heimischen Fenster- und Fassadenbauer?

Langen – Noch sind zahlreiche Betriebe gut mit den Neubauprojekten ausgelastet. Doch mit der Abkühlung der Neubauaktivität müssen sich die Betriebe wieder stärker in Richtung Bestand orientieren. Dabei könnte es auch heißen: Weg von Standardfenster, hin zu komplexeren Sanierungsprojekten. Das Thema energetische Sanierung dürfte damit ebenfalls wieder mehr an Bedeutung gewinnen.

Glaswelt – Welche Trends sehen Sie im Neubaumarkt?

Langen – Ein wesentlicher Trend ist die Dominanz des Mehrfamilienhausbaus, die in Deutschland im Jahr 2012 bzw. 2014 eingesetzt hat. Das Jahr 2014 markierte den Wendepunkt, da erstmalig mehr Wohnungen im Mehrfamilienhausbau als im Einfamilienhausbau fertiggestellt wurden. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. In der Architektur der Mehrfamilienhäuser hält der Trend zu großflächigen Fenstern und bodentiefen Fenstern an. Damit wird die geringere Fensteranzahl pro Wohneinheit im Mehrfamilienhaus gegenüber den Einfamilienhäusern etwas ausgeglichen. Darüber hinaus beherrscht das Thema bezahlbarer Wohnraum die Debatten. Hier wird modulares Bauen als eine mögliche Lösung betrachtet, gleichzeitig fehlen vielfach die Grundstücke, um die modularen Gebäude überhaupt dort zu erstellen wo sie benötigt werden.

Glaswelt – Die zunehmenden Fenster-Importe machen den heimischen Anbietern das Leben schwerer, wird das 2019 anhalten?

Langen – Auch zukünftig werden ausländische Hersteller Fenster nach Deutschland importieren. Gleichzeitig treibt auch das Thema der Parallelimporte die Branche um. Hiermit ist gemeint, dass ein Handwerker Fenster in kleinen Stückzahlen direkt beim Hersteller in Polen einkauft und ohne Importmeldung z. B. in Berlin einbaut. Hier haben wir letzten Monat eine Untersuchung begonnen, um das Ausmaß der Parallelimporte und die Strukturen zu analysieren.

Glaswelt – Wie können sich die heimischen Fensteranbieter für die Zukunft positionieren?

Langen – Mit dem Bedeutungszugewinn der Sanierung in den kommenden Jahren wird auch die Nachfrage nach Fachkenntnissen und hochwertigen Produkten ansteigen. Heimische Hersteller und Betriebe sollten diesen Bereich gleichermaßen (wieder) für sich entdecken. Viele Hausbesitzer wünschen sich zudem mehr Beratung und Komplettangebote.

Glaswelt – Noch zum Glas, welche Rolle spielen Interieur-Gläser im Neubau und wo sehen Sie die wichtigsten Einsatzfelder?

Langen – Der Trend zu Transparenz im Innenraum nimmt in Wohnungen sowie in Büros weiter zu. Dies spiegelt sich auch in steigenden Absatzzahlen bei Ganzglastüren wider.

Glaswelt – Gilt das eher für den Objektbau oder das Eigenheim/den Wohnbau?

Langen – Die Wachstumsraten liegen aktuell stärker im Objektbau z. B. im Hotel- und Bürodesign. Hier schafft Glas im Innenraum die Kombination aus Offenheit bei gleichzeitiger Privatheit.

Glaswelt – Wie schätzen Sie die Entwicklungen am Neubaumarkt über 2019 hinaus ein?

Langen – Im Nichtwohnbau erwarten wir erst ab 2020 einen Rückgang der Neubauflächen. Zahlreiche Frühwarnindikatoren verunsichern aber heute schon die Investoren und führen zu einer verhaltenen Investitionsplanung. Im Wohnbau werden die Genehmigungszahlen dieses Jahr rückläufig sein. Aufgrund des Bauüberhangs werden die Fertigstellungen und die Investitionen hier jedoch noch bis 2020 positiv verlaufen.

Das Interview führte Matthias Rehberger.

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