Glaswelt – Herr Soudais Bottero richtet sich in Deutschland aktuell neu aus. Was genau ändert sich?
Stephane Soudais – Nach einer Restrukturierung in den Jahren 2016 bis 2018 hatten wir Schwierigkeiten die gewohnte Service Qualität, die für unsere Kunde so wichtig ist, zu liefern. Nach meiner Ankunft bei Bottero Mitte 2018 wurde schnell klar, dass wir hier als Erstes ansetzen mussten. Hier haben wir sehr viel getan. Erst haben wir die internen Prozessabläufe optimiert und Anfang 2019 ein neues ERP System implementiert, dann haben wir unser Ersatzteillager noch umfangreicher bestückt, so dass wir heute für neue Maschinen fast alle Ersatzteile hier in Grevenbroich vorhalten und innerhalb von 24 Stunden ausliefern können.
Den Service haben wir mit Hilfe der Bottero Gruppe so strukturiert, dass wir ständig sechs Techniker im Einsatz haben und zusätzlich auf weitere vier Techniker bei unseren Agenten und Distributoren zurückgreifen können. Zudem wurde ein Schulungsplan für die Techniker implementiert, um das Fach-Knowhow breiter zu verteilen. Dadurch sind wir nun flexibler bei der Einsatzplanung. Diese Maßnahmen sind noch nicht vollständig abgeschlossen, doch die Rückmeldung unserer Kunden bestätigt, dass unsere Maßnahmen schon heute positive Wirkung zeigen und wir damit auf dem richtigen Weg sind.
Glaswelt – Haben Sie diese Veränderungen angestoßen?
Soudais – Nach zwei Jahre bei Bottero im täglichem Kundenkontakt wurde schnell klar welche Prozessoptimierungen angestoßen werden sollten. In Zusammenarbeit mit Alberto Masoero, General Manager der Division Flachglas in Cuneo, haben wir gemeinsam die Ziele und dazugehörige Strategie festgelegt. Sie können sich vorstellen, dass sich solche strukturellen Änderungen nur erfolgreich implementieren lassen, wenn eine gemeinsame Vision vorhanden ist, und auf allen Ebenen Hand in Hand gearbeitet wird.
Glaswelt – Vor zwei Jahren hat sich Bottero optisch mit einen neuen Logo präsentiert, welche Veränderungen waren dem vorangegangen?
Soudais – Die Kernbotschaft dieser Veränderung lautet ’we•glass’. Das bedeutet, dass Bottero seit 1957 das einzige Unternehmen weltweit ist, was alle Bereiche der Glas Industrie beliefern kann: von Hohlglas bis Flachglas, von der Glasproduktion und Bearbeitung bis zur Kommissionierung, von bereits weltweit etablierten Produktionsprozessen bis hin zu Nischenanwendungen. Das neue Logo und das Schlagwort „we•glass“ fassen unsere Mission perfekt zusammen.
Mit der Einführung wurde zudem unsere Internet Präsenz neu definiert. Nicht nur die Webseite (www.bottero.com) wurde erneuert, sondern auch unser YouTube Chanel und unsere Präsenz bei den sozialen Medien wie LinkedIn (www.linkedin.com/company/bottero-spa).
Foto: Bottero
Glaswelt – Was gibt es Neues bei den Maschinen und Anlagen?
Soudais – Bottero wird immer erfolgreicher im Bereich integrierter Systeme. Dank unserer Erfahrung bei der Installation von kompletten Produktionswerken für die Flachglasproduktion (Kaltes Ende), Beschichtungsanlagen und Laminieranlagen, die jeweils 24/7 produzieren, sind wir dafür prädestiniert. Wir haben in den letzten acht Jahren über 100 Projekte erfolgreich installiert, und bekommen sehr positive Rückmeldungen aus dem Markt. Ein gutes Beispiel ist der Auftrag für die Van Noordenne Groep in den Niederlanden. Bei diesem Projekt haben wir die Produktion von der automatischen Lagerverwaltung auf vollautomatischen Kranlader bis hin zum Sortiersystem mit Restplattenmanagement umgestellt sowie verschiedene Schneidlinien für Float und VSG mit einer Kapazität bis zu 1200 m² pro Tag installiert.
Neben solchen Großprojekten bleibt natürlich auch die Auslieferung von Einzelmaschinen für Bottero ein sehr wichtiger Markt. Deshalb entwickeln wir unsere Maschinen so, dass sie vielseitig einsetzbar sind. Sie lassen sich sowohl in Linien integrieren oder als „Stand Alone“ verwenden.
Glaswelt – Nennen Sie bitte ein Beispiel.
Soudais – Ein gutes Beispiel für Vielseitigkeit ist die Flex Edge, unsere jüngste Generation der horizontalen, doppelseitigen Schleifmaschinen. Hier bieten wir eine modulare Ausstattung an, die es Kunden ermöglicht, eine Maschine mit bis zu 17 Spindeln zu bestücken. Zudem ist servo-gesteuertes Schleifen der runden Ecken möglich, ebenso das Polieren (patentiertes System). Bei der Flex Edge lassen sich Position und Typ der Spindel an die Kundenwünsche anpassen sowie später auch wieder ändern. Das umfasst die Reihenfolge, den Typ und die Anzahl der Spindeln.
Foto: Bottero
Glaswelt – Wo sehen Sie für neue Chancen durch die Digitalisierung?
Soudais – Wie Sie wissen, haben wir zur glasstec 2018 die erweiterte Wartung unserer CNC-Anlage Pratica Plus eingeführt (Augmented Maintenance). Unser Ansatz besteht im Wesentlichen darin, dem Verarbeiter eine Schnittstelle zur Interaktion mit der Maschine anzubieten, um schnell auf alle erforderlichen Dokumente zugreiffen zu können, wie Elektro-Pläne, technische Spezifikationen der Werkzeuge, grundlegende Fehlerbehebung etc. Zudem können unsere Techniker per Fernwartung auf diese Schnittstelle zugreifen, um den Kunden zu unterstützen, den Ursprung eines technischen Problems zu identifizieren. Dieses System reduziert die Fehlersuche auf ein Minimum.
Die erweiterte Wartung hat sich als gute Hilfe für unsere Kunden erwiesen und wird nun in unseren anspruchsvollsten Schneidetischen implementiert. Weiter wollen wir künftig die Möglichkeit bieten, die kritischen Bereiche der Maschinen anhand wichtiger Parameter (Temperatur, Stromverbrauch) zu überwachen, so dass der Verarbeiter rechtzeitig informiert wird, wenn Komponenten ausgetauscht werden müssen, bevor sie ausfallen.
Glaswelt – Welche Rolle spielen für Bottero Roboter?
Soudais – Seit 2004 sind Roboter Teil der Bottero-DNA. Als zertifizierter Partner von Fanuc und Kuka, verfügt wir über umfassende Kenntnisse im Roboteeinsatz. Jedes Jahr integrieren wir zwischen 40 und 60 Roboter für das Glashandling in unseren Linien. Wir glauben, dass Roboter heutzutage ein natürlicher Bestandteil jeder automatisierten Fertigung sind.
Die Digitalisierung bringt die Chance, mit unseren Anlagen die bestmögliche Leistung in Bezug auf Qualität und Durchsatz zu erzielen. Die Digitalisierung ist für Bottero die Fähigkeit, den Produktionsausstoß in Bezug auf Qualität und Quantität von den Bedienerfähigkeiten zu entkoppeln, um einen reibungslosen Betrieb der Produktion zu gewährleisten.
Glaswelt – Bitte nennen Sie einige Details zu dem neuen Showroom am Standort Grevenbroich.
Soudais – Der Standort Grevenbroich ist für Bottero strategisch wichtig. Durch die Lage in Zentrum Nordwesteuropas, sind wir für die meisten EU-Länder leicht erreichbar. Deshalb richten wir in Grevenbroich einen Showroom ein, um unsere neusten Anlage vorzuführen. Dort sind alle notwendige Anschlüsse (Strom, Wasser, Druckluft) vorhanden, um auf einer Fläche von 250 m² die Maschinen live vorzuführen.
Offiziell wird der Showroom in Grevenbroich im ersten Quartal 2021 eröffnet. Dort stellen wir u. a. unsere Kombilinie 548LAM/38 – 363BCS (voll automatische VSG Zuschnitt) vor, eine CNC Pratica PLUS 3300 mit Augmented Maintenance bereitstellen sowie den neuen, einseitigen Schleifautomat Victralux 111FX präsentieren.
Glaswelt – Weshalb ist wichtig Anlagen live zu präsentieren, warum nicht einfach alles via Bildschirm?
Soudais – Mit einem Video können wir Antworten auf die häufigsten Fragen geben, haben jedoch nicht immer die Möglichkeit, detailliert auf die spezifischen Anforderungen des Kunden einzugehen. Dank des Showrooms können wir für jeden Kunden die Maschinen ohne Zeitbeschränkung präsentieren und alle Fragen im Detail beantworten. Bei Bedarf können wir die Funktionsweise der Maschine mit dem Kundenmaterial demonstrieren.
Zudem werden wir im Showroom Bediener- und Wartungstrainings anbieten. Dadurch kann der Kunde während der Schulung seiner Bediener die eigene Produktion ungestört fortsetzen.
Das Interview führte Matthias Rehberger
Foto: Bottero
