Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Im Interview mit Kneer, Rehau und Saint Gobain Glassolutions

Federleicht und superstark – das Fenster, das (auch) die Monteure lieben

GW – Herr Reinhard, Kneer-Südfenster hat mit dem KF 700 ein ganz besonderes Kunststofffenster im Programm, seit wann gibt es das Fenster und was macht es so einzigartig?

Thomas Reinhard – Als Fensterhersteller sind wir natürlich auf die Entwicklungen der Systemhäuser angewiesen. Wir hatten bereits das Artevo-Vorgängersystem Geneo seit Jahren im Programm. ­Irgendwann kam von Rehau das Signal, dass etwas Neues kommt und das System Geneo auslaufen wird. Für uns war wichtig, dass das neue System auf der Plattform 80 mm bleibt wie die anderen Systeme. Außerdem sollte es konstruktiv so gestaltet sein, dass man groß bauen kann. Mit dem KF 700 – so unsere Bezeichnung für das Fenster – geht es jetzt noch mehr in Richtung Alu-Optik mit kleinem Überschlag und kantigeren Radien – ein richtig modernes Fenster. Wir haben es letztes Jahr ins Programm aufgenommen, das System ist alles in allem sehr leicht, weil kein Verstärkungsstahl benötigt wird.

GW – Frage an den Vertriebsexperten bei Kneer: Herr Wörz, wie haben Ihre Kunden auf das neue System reagiert?

Patrick Wörz – Ich muss etwas ausholen: Wir haben auf der Frontale im letzten Jahr einen beeindruckenden Vergleich präsentiert: ein Standardf­enster neben unser neues Fenster mit Climatop Extra Light und ohne Stahlverstärkung. Der Gewichtsunterschied hat viele Messebesucher beeindruckt – rund 28 kg Ersparnis bei einem durchschnittlich großen Flügel. Es gab sogar spontane Messebesucher, die sofort auf die neuen Fenster umstellen wollten. Die hatten Sanierungsprojekte im Blick, bei denen Fenstermonteure das Element in den dritten Stock wuchten müssen und jede Menge Gewicht sparen können.

GW – Hat sich der positive Messe-Auftritt dann auch am Ende in eine nachhaltige Nachfrage umgewandelt? Wie hat sich diese im Vergleich zum Vorgängermodell Geneo entwickelt?

Patrick Wörz – Die Situation hat sich gegenüber unserem Geneo-Produkt komplett gedreht, die Nachfrage ist unglaublich hoch. Dass Geneo nicht so durchgeschlagen hat, lag letztendlich daran, dass es preislich nicht attraktiv genug war und wir es nicht stark genug beworben haben. Jetzt haben wir die Differenzierungsmerkmale noch stärker im Fokus und diese überzeugen die Kunden beim KF 700. Dabei haben wir versucht, den Fokus nicht nur auf das Produkt, sondern auch auf die Personen zu lenken, die damit umgehen: die Mitarbeiter unserer Kunden. Unsere Devise bei allen Services lautet: Wie können wir unseren Kunden weiterhelfen? Nicht nur mit dem Produkt an sich, sondern auch, indem wir ihnen die Arbeit schnell und einfach machen. Da ist das Thema Kunststofffenster ­ohne Stahl in Verbindung mit Climatop Extra Light ein überzeugendes Argument. Außerdem ist das Fenster richtig modern und schick und somit definitiv unser Premiumprofil. Bestellt ein Kunde das Profil in Anthrazitgrau oder DB 703, lässt sich von weitem kaum ein Unterschied zum Aluminiumfenster feststellen.

GW – Das Profil kommt ohne Stahlverstärkung aus. Wie wird die Stabilität gewährleistet?

Nico Maier (Rehau) – Bei Artevo, so lautet unser Systemname, setzen wir auf die Glasfasereinbettung im Profil. Durch die Integration des Faserverbundwerkstoffs im gesamten Profilquerschnitt sind Elementgrößen bis zu 2,40 m ohne zusätzliche statische Maßnahmen möglich. Dadurch sind die Bauteile schneller in der Produktion zu fertigen. Durch eine zusätzliche Verklebung sind zudem Flügelhöhen bis 2,60 m ohne Stahlarmierung möglich. Ein weiterer Vorteil des glasfaserverstärkten Profils ist der geringere Rückschrumpf im Vergleich zu herkömmlichen PVC-Systemen. Dadurch ist das System auch für dunkle Oberflächen und hohe Sonneneinstrahlung prädestiniert.

GW – Gab es seitens der Hersteller oder anderer Teile der Wertschöpfungskette Vorbehalte bezüglich der im Profil optionalen Folie und ihrer Wirksamkeit?

Nico Maier – Mit der Anwendung der LowE-Folie aus PVC mussten wir schon viel Erklärungsarbeit leisten, da es sich um einen physikalischen Prozess handelt, der einer Erklärung bedarf. Durch das Einschieben der bedampften Folie lässt sich die Wärmestrahlung reflektieren und somit die U-Werte noch weiter verbessern. Aber es ist auch so, dass die Leute uns glauben, was wir erzählen. Es wird uns zugetraut. Außerdem gibt es die Nachweise der Prüfzentren, die belegen, dass die berechneten Werte stimmen.

GW – In welchen Fällen wird die spezielle LowE-Folie eingesetzt?

Nico Maier – Es gibt Objekte, bei denen eine Effizienzoptimierung dringend benötigt wird, weil Schallschutz und extreme Größen berücksichtigt werden müssen, um die U-Werte zu erreichen. Im Tagesgeschäft unserer Kunden und Partner ist es vor allem wichtig, dass Artevo flexibel ist und beides bietet. Dennoch wird sie in farbigen Profilen teilweise sogar ab Werk eingeschoben. Der Vorteil für unsere Verarbeiter: Die Thermomodule der LowE-Folie sind ab Werk verfügbar oder lassen sich nachträglich schnell und einfach in bestehende Prozesse integrieren sowie verarbeiten.

GW – Herr Wörz, gibt es bei Kunden noch Vorbehalte gegenüber stahlfreien Kunststofffenstern?

Patrick Wörz – Es gibt immer noch Händlerkunden mit Vorbehalten. Es kommen immer mal wieder Rückfragen wie: „Hält das?” und „5 % mehr kostet das auch?” Man muss schon Überzeugungsarbeit bei den Kunden leisten. Insgesamt hat sich das KF 700 mit dem Climatop Extra Light aber als echte Erfolgsgeschichte entwickelt. Es vereint Stabilität, Energieeffizienz und Montagefreundlichkeit und ist daher der Favorit von Handwerkern, die die Vorteile in der täglichen Praxis zu schätzen wissen. Wir haben Kunden, die von heute auf morgen umgestellt haben und den Mehrpreis akzeptieren, weil sie in ihre Mitarbeiter investieren möchten. Sie sagen: „Meine Mitarbeiter sind mein höchstes Gut, und denen möchte ich etwas Gutes tun, damit sie bei mir bleiben.

GW – Herr Weller, das leichtere Glas trägt entscheidend zur Gewichtseinsparung bei. Um wie viel leichter ist Ihr Produkt im Vergleich zu herkömmlichem Glas?

Thomas Weller (Saint-Gobain) – Es ist ganz einfach: 2,5 Kilo pro Millimeter Glas pro Quadratmeter. Bei einem Dreifachglas spare ich also 7,5 kg/m². In Kombination mit dem stahlfreien Profil ergibt sich also eine erhebliche Gewichtsersparnis. Das ist besonders relevant, wenn man bedenkt, dass heute viele Renovierungen ohne Kran stattfinden. Wenn ein Monteur am Ende des Tages 100 bis 150 Kilogramm weniger schleppen muss, ist er weniger erschöpft und bleibt länger motiviert. Angesichts der aktuellen Fachkräftesituation ist jede Maßnahme zur Schonung der Mitarbeiter wertvoll.

GW – Frau König, geht es beim Leichtglas nur um die Gewichtsersparnis oder gibt es noch weitere Vorteile?

Melanie König (Saint-Gobain) – Neben dem Gewicht haben wir auch eine CO₂-Ersparnis von etwa 23 % im Herstellungsprozess im Vergleich zu einem normalen Standardglas. Zusätzlich kann auch der Energieverbrauch beim Transport reduziert werden. Das sind wichtige Argumente, da Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch die Beschläge werden durch den leichteren Flügel weniger stark belastet, was zusätzlich den Vorteil von längeren Serviceintervallen mit sich bringt. Zudem haben wir Prüfungen im Bereich Schallschutz durchgeführt. In Kombination mit dem Artevo-Profil erreichen wir einen Schallschutz von 37 dB. Um diesen Wert mit herkömmlichem Glas zu erreichen, wäre eine 6-4-4-Verglasung statt unserer 4-2-3-Lösung nötig – das bedeutet wiederum eine erhebliche Gewichtseinsparung bei gleicher Leistung.

Thomas Reinhard – Das Leichtglas eröffnet uns auch mehr Möglichkeiten bei absturzsicheren Verglasungen. Bisher verwenden wir dafür zweimal 8 mm VSG, was den U-Wert verschlechtert. Mit dem Leichtglas in ­Kombination mit Sicherheitsgläsern wie VSG 4 und ESG 3 mm hingegen können wir ­Absturzsicherheit bieten, ohne dass der U-Wert zu stark ansteigt. Ein weiterer Punkt ist die Optik: Mit dem Leichtglas haben wir von innen die gleiche Ansicht der Glasleiste. Bei herkömmlichem Glas hatte ich wegen des dickeren Glasaufbaus immer eine sehr schmale Leiste. Hier ist die Ansicht jetzt 2 mm schmaler, was kaum auffällt, und der U-Wert bleibt gleich. Das Element kann ich mit einem UG-Wert von 0,5 oder 0,6 realisieren.

Wir haben versucht, den Fokus nicht nur auf das Produkt, sondern auch auf die Personen zu lenken, die ­damit umgehen: Die Mitarbeiter ­unserer Kunden.

Patrick Wörz, Vertriebsleiter Kneer-Südfenster

GW – Erfahren die Endkunden von diesen Vorteilen, oder bleibt diese Infos auf der Strecke?

Thomas Reinhard – Diese Vorteile werden dem Endkunden leider oft nicht direkt vermittelt. Gleichzeitig vertraut dieser darauf, dass moderne Fenster die erwartete Qualität und Funktionalität bieten.

Patrick Wörz – In den allermeisten Fällen geben unsere Kunden diese Information tatsächlich nicht an die Endkunden weiter. Ich habe sogar schon erlebt, dass ein Endkunde, dem es gesagt wurde, meinte: „Sie bauen ja deutlich weniger Glas ein, dann muss es ja auch günstiger werden.“ Unser Fokus liegt nicht darauf, Endkunden zu überzeugen – da haben wir ohnehin wenig Einfluss. Wir müssen die Firmeninhaber und deren Mitarbeiter überzeugen, denn sie kaufen unsere Produkte, wenn sie den Mehrwert erkennen. Der größte Vorteil für unsere Händler entsteht, wenn sie ihre Monteure schonen können.

GW – Wenn Leichtglas so viele Vorteile bietet, ­warum wird es dann nicht flächendeckend eingesetzt? Gibt es Vorbehalte?

Thomas Weller – Es gibt den ein oder anderen Fensterhersteller der noch skeptisch ist bzw. wo es noch etwas Überzeugungsarbeit benötigt – nach dem Motto „Never change a running system“. Aber klar ist, dass wir mit Climatop Extra Light dem Verarbeiter ein ausgewachsenes Produkt an die Hand geben – es gibt auch nicht mehr Glasbruch als bei 4 mm dickem Glas. Ganz im Gegenteil: Insbesondere bei kleinen Glasformaten liegt sogar eine merkliche Verbesserung der statischen Belastbarkeit vor. Denn Spannungen die bei herkömmlichen Verglasungen zu Bruch führen, können bei den leichten 3-fach-Isoliergläsern durch die höhere Nachgiebigkeit der einzelnen Glasscheiben besser abgebaut werden.

Thomas Reinhard – Um zu sehen, ob die Monteure einen Unterschied in der Fragilität bemerken oder ob es in der Produktion und Montage Probleme gibt, haben wir das Climatop Extra Light zunächst bei einem Pilotkunden getestet. Unser Ergebnis: Die Umstellung verlief unauffällig – es ist nicht mehr oder weniger kaputtgegangen als bei herkömmlichem Glas. Nach der erfolgreichen Messepräsentation haben wir das Leichtglas dann für alle Produktlinien freigegeben.

GW – Wie steht es um die Recyclingfähigkeit der glasfaserverstärkten Profile?

Nico Maier – Dekura als Tochterunternehmen von Rehau Window Solutions sortiert die Materialien vollautomatisch. Im Rahmen unserer lückenlos geschlossenen Kreislaufwirtschaft transportieren wir die glasfaserverstärkten Profile in unser Produktionswerk Wittmund, recyceln dort alle Materialien und führen sie wieder dem System zu. Bei Altfenstern ist die Separation wichtig, da unerkannte Glasfaserprofile im normalen Regranulierungsprozess die Siebe zusetzen und zu höherem Verschleiß an den Werkzeugen führen können. Hier kommt unser Ansatz mit der Window.ID zum Tragen: Der digitale Fensterausweis macht den Lebenszyklus des Fensters inklusive der verbauten Materiaien vollständig transparent.

Thomas Reinhard – Mit dem QR-Code der Window.ID können wir die Fenster eindeutig identifizieren. Der Code ist mit einer Landingpage verlinkt, auf der wir Informationen hinterlegen können. Wenn der Kunde vor dem Fenster steht – etwa bei einer Reklamation – kann er den Code scannen und erhält alle relevanten Informationen sowie einen Ansprechpartner.

Nico Maier – Das System ist offen und frei programmierbar. Wir packen schon jetzt Inhalte wie die CE-Kennzeichnung und Montagerichtlinien hinein. Mit Blick auf den digitalen Produktpass, der 2027 eingeführt werden soll, sind wir bestens aufgestellt, und durch die Offenheit der Lösung flexibel hinsichtlich der Informationen, die dann konkret verfügbar sein müssen.

GW – Welche Oberflächen bieten Sie an?

Thomas Reinhard – Wir versuchen, das Thema Aluminiumschale zu forcieren, für das wir ein eigenes System haben. Natürlich bieten wir auch weiße und folierte Fenster an. Besonders beliebt sind Anthrazitgrau und Schwarz, oft in matter Ausführung. Diese Oberflächen sehen sehr schön aus, sind aber schwieriger zu verarbeiten. Lackierte Profile bieten wir nicht an.

Nico Maier – Mit dem glasfaserverstärkten Material in Artevo haben wir weniger Rückschrumpf als in herkömmlichen PVC-Systemen. Dadurch können wir auch bei dunklen Farben alle relevanten Lösungen anbieten.

Das KF 700 von Kneer-Südfenster in Kombination mit dem Climatop Extra Light zeigt eindrucksvoll, wie moderne Kunststofffenster heute aussehen können: leichter, energieeffizienter und montagefreundlicher. Die Gewichtsersparnis schont nicht nur die Beschläge, sondern vor allem die Monteure – ein entscheidendes Argument in Zeiten des Fachkräftemangels. Mit intelligenten Lösungen wie der Window.ID ist zudem die Basis für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft gelegt. So wird das Fenster zum echten Meisterstück moderner Bautechnologie.

GW – Ein perfektes Schlussstatement, Nico Maier! Vielen Dank allen Beteiligten für die Informationen und viel Erfolg mit dem Artevo bzw. KF 700!

Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Mund.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen