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Rückblick auf den VFF-Jahreskongress 2025

Fensterbranche: Den Wandel mitgestalten

Schon im Auftaktfilm setzte VFF-Geschäftsführer Frank Lange ein klares Signal: „Es ist Zeit, dass wir nach vorne gehen!“ Zwei Jahre lang war der Fensterbau durch die allgemeine Baukrise, stockende Förderbedingungen und politische Unsicherheiten stark belastet. Doch in Berlin war spürbar: Die Branche sucht nicht nur den Austausch – sie ist bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Impulse aus Politik und Wirtschaft

Gleich zu Beginn ordnete Prof. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Die Kombination aus hoher Inflation und stagnierender Wirtschaftsleistung hätten in der Vergangenheit Investitionen gedämpft und die Baubranche belastet. Dennoch gebe es auch Zeichen der Beruhigung: Die Zinsen dürften sich stabilisieren, eine wirtschaftliche Erholung sei nicht ausgeschlossen. Fuest mahnte jedoch, die unterdurchschnittlich hohen Arbeitszeiten sowie die seit Jahren rückläufigen Unternehmensinvestitionen ernst zu nehmen. Wenn Deutschland wieder mehr produzieren wolle, müsse es seine Standortbedingungen ­optimieren.

Brinkhaus wirbt für Vertrauen in die aktuelle Wirtschaftspolitik

Politische Akzente setzte der CDU-Bundestagsabgeordnete Ralph Brinkhaus. In seinem Beitrag betonte der Sprecher der Arbeitsgruppe Digitales und Staatsmodernisierung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die dringende Notwendigkeit eines stabilen Förderregimes im Bereich energetischer Gebäudesanierung. Fördermaßnahmen müssten langfristig planbar und verlässlich sein – ständige Änderungen würden Vertrauen zerstören und Investitionen hemmen.

Auch im steuerlichen Bereich sprach sich Brinkhaus für verlässliche und dauerhafte Regelungen aus, die nicht jährlich geändert werden dürften.

Er stellte den Zusammenhang zwischen dem steigenden CO₂-Preis im Rahmen des ETS2-Zertifikatehandels und der Bedeutung effizienter Förderstrukturen heraus. Staatliche Unterstützung – ob steuerlich oder direkt subventioniert – sei ein zentrales Instrument, um den Wandel im Gebäudesektor voranzubringen.

Besonders hob er das Potenzial der Branche hervor: kreative Lösungen, serielle Fertigung und effizientere Verfahren seien entscheidend, um die Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen. Der Verband solle seine Vorschläge aktiv in die Politik tragen – „zeigen Sie uns, dass Sie Lösungen haben“, appellierte Brinkhaus.

„Was kann ich heute tun, was ich noch nie getan habe?“

Eine Einladung zum mutigen Handeln im Alltag von Anja Förster

Zum Abschluss kündigte er an, dass die CDU/CSU eine Senkung der Körperschaftsteuer sowie eine gleichgestellte Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften anstrebe. Dennoch sei ihm wichtig zu betonen: Für den klimafreundlichen Umbau der Gebäude seien verlässliche Rahmenbedingungen wichtiger als reine Steuersenkungen.

Damit sprach er der Branche aus der Seele. In den Pausengesprächen war zu hören, dass die Ansätze als nachvollziehbar und richtig angesehen wurden. Andererseits wurde auch in Frage gestellt, ob die neue Regierung die Hebel wirklich in Bewegung setzen könne. Es sei zu bezweifeln, ob aus den Einsichten auch immer echte gravierende Handlungsstränge resultierten.

Förderung ist überkomplex

Auch Gunther Adler, ehemaliger Staatssekretär im Bundesbauministerium und heute in der Geschäftsführung des ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss) aktiv, kritisierte die gegenwärtige Förderlandschaft als überkomplex und wenig praktikabel. Förderung dürfe kein Glücksspiel sein, sondern müsse transparent und nachvollziehbar gestaltet sein. Er forderte eine klare Trennung in zwei Förderlinien – für Neubau und Bestand – sowie realistische Abschreibungsmodelle. Gerade bei älteren Eigentümerinnen und Eigentümern ohne steuerliche Relevanz müssten Alternativen wie direkte Zuschüsse bereitstehen. Zudem hob Adler die Notwendigkeit politischer Verlässlichkeit hervor. In Zeiten internationaler Unsicherheit brauche es Stabilität im Inneren – auch und gerade bei der Ausgestaltung der Förderpolitik.

Podiumsdiskussion: Klarheit, Mut und Realismus

Eine intensive Debatte entwickelte sich in der Podiumsdiskussion, die unter der Leitung von Thomas Drinkuth (RTG) stand. Mit Gunther Adler, Dr. Antje Eichler (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie) und Corinna Enders (dena) saßen kompetente Stimmen aus Politik, Baupraxis und Energieberatung auf dem Podium.

Ein zentrales Thema war der Bürokratieabbau. Dr. Eichler sprach von einem tiefgreifenden Vertrauensverlust zwischen Bauwirtschaft und Verwaltung. Was früher im Dialog lösbar gewesen sei, werde heute durch ein Übermaß an Formalismus erschwert. Corinna Enders unterstrich die Rolle der Kommunen als zentrale Umsetzungsinstanz. Öffentliche Gebäude, Schulen, Kitas und Verwaltungsbauten müssten mit Blick auf Klimaschutz und Energieeffizienz dringend saniert werden – doch dafür brauche es nicht nur Mittel, sondern auch klare Prozesse und transparente Informationsstrukturen.

Einigkeit herrschte aber auch hier darüber, dass Fördermittel künftig effizienter, zielgerichteter und praxisnäher eingesetzt werden müssten. Die Runde lobte quartiersbezogene Programme wie KfW 432. Auch serielle und standardisierte Verfahren wurden als Hebel identifiziert, um Sanierungsmaßnahmen flächendeckend umzusetzen. Allerdings dürften neue Mindeststandards nicht dazu führen, dass ambitionierte Lösungen ausgeschlossen oder behindert werden.

Digitalisierung – insbesondere in der Form von Building Information Modeling (BIM) – müsse sich stärker an der tatsächlichen Umsetzung orientieren und nicht im Antrag stecken bleiben.

Ein neues Element brachte Enders mit dem Dialogformat „Bündnis Gebäudewende“ ein, das von der dena initiiert wurde und an dem auch der VFF beteiligt ist. Ziel ist es, gemeinsam mit Politik und Branchenakteuren Lösungen für eine beschleunigte Gebäudetransformation zu entwickeln.

Das Fazit der Runde fiel vorsichtig optimistisch aus: Die politischen Signale seien positiv, die Umsetzungsrealität aber noch ausbaufähig. Ver­trauen, Geschwindigkeit und Klarheit seien die Erfolgsfaktoren für die kommenden Jahre.

Inspiration und Perspektiven

Mit Anja Förster, Tim Cole und Florence Gaub folgten im weiteren Kongressverlauf drei Impulsgeber, die über den Tellerrand hinausblicken ließen. Anja Förster sprach über „unendliche Spiele“ – ein Denkmodell, bei dem nicht der kurzfristige Sieg, sondern das langfristige Überleben zählt. Ihre Botschaft: Die Welt verändert sich ständig – entscheidend ist, ob wir genauso schnell lernen, wie sich unsere Umwelt wandelt. Ihre zentrale Frage lautete: „Was kann ich heute tun, was ich noch nie getan habe?“ – eine Einladung zum mutigen Handeln im Alltag.

Tim Cole nahm die digitale Transformation in den Blick. Die Baubranche, so seine Einschätzung, hinke bei der Digitalisierung deutlich hinterher. Schnittstellen würden zu selten gedacht, Insellösungen dominierten. Ein Umdenken sei notwendig – auch, um Effizienzpotenziale zu heben und Planung, Umsetzung und Monitoring besser zu verzahnen.

Florence Gaub, Zukunftsforscherin und Vordenkerin, skizzierte ein modernes Verständnis von Zukunft: nicht als feststehendes Ziel, sondern als Möglichkeitsraum. Ihre These: Zukunft entsteht aus dem, was wir heute über sie denken und wie wir handeln. Die Gestaltung dieses Raums sei eine kollektive Verantwortung – für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen.

Nächste Termine, neue Impulse

Rückblickend bot die Veranstaltung nicht nur eine Standortbestimmung der Branchensituation. Das Jahrestreffen der Fenster produzierenden Unternehmerinnen und Unternehmer bot auch klare Perspektiven. Der Kongress bot mit reichlich Kongresspausen und einer Abendveranstaltung bei einer ausgewogenen Teilnehmerstruktur einmal mehr einen extrem hohen Netzwerkfaktor: Von den 375 Personen, die dabei waren, zählt sich immerhin ein gutes Drittel zum Herstellerkreis. Der Anteil der Systempartner beläuft sich auf 45 Prozent; der „Rest“ setzt sich aus Sonstigen, Referenten, VFF-Mitarbeitern und Fachpresse zusammen.

Etwas störend war die Enge im Vortragssaal und auch im Kongresshotel generell. Das ist jedoch – wie schon im letzten Jahr – auch ein Ergebnis des VFF-Erfolgs: Die Mitgliederzahl ist wieder deutlich gestiegen, und keiner der Teilnehmer konnte sich an besser besuchte Kongresse in der Vergangenheit erinnern.

Der VFF-Jahreskongress 2025 hat somit eindrucksvoll gezeigt: Die Fensterbranche ist bereit, Verantwortung zu übernehmen – für Klimaschutz, Wohnkomfort und wirtschaftliche Stabilität auf dem Bau und in den Betrieben. Die Themen sind komplex, die Herausforderungen groß, doch die Richtung ist klar. Wenn Politik, Industrie und Planung gemeinsam handeln, kann die Gebäudewende gelingen. Jetzt sind die einzelnen Stakeholder am Zug.

Es lohnt sich also, sich schon jetzt das Datum des nächsten VFF-Kongresses vorzumerken: Er findet am 18. Juni 2026 in Göttingen statt. „Dort werden wir dann mehr Platz zur Verfügung haben”, sagte Meeth bei der Verabschiedung mit einem Augenzwinkern.

Ein Rückblick von Daniel Mund

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