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Im Gespräch mit Guus Boekhoudt von Guardian Glass

„Glas ist der Baustoff der Zukunft“

Glaswelt – Wir erleben gerade schwierige Zeiten, wie geht Guardian mit der Krise um?

Guus Boekhoudt – Die letzten fünf Monate waren eine Herausforderung, aber wir haben diese gut gemeistert. Der Fokus bei Guardian liegt auf der Sicherheit und dem Wohlbefinden unserer Mitarbeiter. Wir bleiben gleichzeitig weiter nah an unseren Kunden und helfen ihnen so weit wie möglich. Ich bin sehr stolz darauf, wie unser Team mit der Pandemie umgeht, wir tauschen Informationen sehr offen in unserem Unternehmen aus. Überall auf der Welt gibt es für uns viele Veränderungen, auf ganz verschiedenen Ebenen. Der US-Markt, einschließlich Südamerika, ist sehr stark. Und in Europa liegen wir bei rund 85 % im Vergleich zu vor Corona. Weltweit ist die Situation jedoch von Land zu Land unterschiedlich. In der Krise sind wir als Unternehmen näher zusammengerückt und haben eine Reihe interner Prozesse angepasst, um effizienter zu werden. All das wird es uns ermöglichen, insgesamt gestärkt aus der Corona-Krise herauszukommen.

Glaswelt – Können Sie sich vorstellen, wie sich der europäische Glasmarkt im Jahr 2021 entwickeln wird?

Boekhoudt – Das ist sehr schwer vorherzusagen. Heute ist der Glassektor auf einem niedrigeren Niveau als zuvor. Meine Kunden können nicht einmal sagen, wie der nächste Monat aussehen wird. Mit Blick auf die Glasnachfrage und die Entwicklungen im Automobilsektor oder auf den Immobilienmarkt für Büros gehen die Entscheider sehr vorsichtig mit Investitionen um. Gleichzeitig bleiben die Menschen mehr zu Hause und kümmern sich um ihre Häuser und Wohnungen.

Ich denke, die Glasnachfrage wird sich bis Ende 2021 / Anfang 2022 wieder eingependelt haben. Wir sehen kommende Regelverschärfungen, die sich auf Energieeffizienz und eine wachsende Nachfrage nach Renovierung im Bestand konzentrieren. Das wird uns eine große Dynamik bringen. Aber das ist eine Einschätzung – und niemand kann die Zukunft vorhersehen.

Generell bin ich sehr optimistisch in Bezug auf den Glasmarkt, da die Nachfrage nach Tageslicht in Gebäuden wächst, um ein gutes Arbeits- und Lebensumfeld zu schaffen. Und Glas als Baustoff hat viele Vorteile: Es ist sehr hygienisch und sehr leicht zu reinigen. Daher wird seine Verwendung in der Fassade und in Innenräumen immer wichtiger.

Zudem werden Nachhaltigkeit und Energieeffizienz den zukünftigen Glasmarkt anfeuern ebenso neue Produkte wie Smart Glass, schaltbare Glasspiegel und dynamische Sonnenschutzgläser, auch Sicherheitsglas wird stärker gefragt.

Glaswelt – Es gab Änderungen bei Guardian Glass, Ron Vaupel ist nun CEO und Sie haben mehr Verantwortung übernommen. Was ist neu?

Boekhoudt – Es gibt einige Veränderungen. Ron ist jetzt unser Präsident und übernimmt die Leitung unserer Glassparte. Indien, Afrika und der Nahe Osten kommen zu meinen Aufgabenfeldern hinzu. Und ich freue mich über die wachsende Verantwortung. Wir werden weiter daran arbeiten, Guardian zum Treiber und zum weltweit führenden Glasanbieter zu machen. Und wir werden gestärkt aus der Corona-Krise herauskommen. Das ist sicher.

Glaswelt – Guardian eröffnet eine neue Float sowie eine neue Beschichtung in Polen, warum haben Sie hier investiert?

Boekhoudt – Wir sehen, dass sich die Glasnachfrage in Osteuropa beschleunigt, gerade in Polen, wo wir unsere Floatkapazität in den letzten drei Jahren verdreifacht haben. Die neue Float mit der neuen Beschichtung ist die größte Investition, die Guardian bisher getätigt hat. Und es ist unsere größte und effektivste Anlage weltweit.

Glaswelt – Europa ist also immer noch ein wichtiger Markt für Guardian?

Boekhoudt – Europa ist ein sehr wichtiger Markt für uns und wir werden auch künftig dort investieren. Während der Corona-Krise haben wir Investitionen gestoppt, die wir wieder aufnehmen werden. Zudem werden wir die Floats in Ungarn und in Großbritannien wieder anwerfen.

Glaswelt – Und was passiert mit den Float-Pflanzen in Luxemburg?

Boekhoudt – Wir haben hier aufgrund der Überproduktion an Float in Westeuropa eine Weile gekämpft. Zusammen mit der Tatsache, dass die Werke in Luxemburg das Ende ihres Produktionszyklus erreicht haben, macht es wenig Sinn, hier zwei Float-Anlagen am Laufen zu halten. Wir denken, dass hier eine Float, ein Beschichter und eine Laminier-Linie ausreichen sollten.

Glaswelt – Was ist mit Deutschland, planen Sie dort auch neue Investitionen?

Boekhoudt – Wir haben unseren Ofen in Thalheim 2017 modernisiert sowie unsere Laminier­linie und den Beschichter erneuert. Unsere Produktion in Deutschland ist also auf einem guten Stand. Von dort kommen viele unserer neuen Entwicklungen. Dies ist wichtig, da Deutschland für uns ein bedeutender Markt ist.

Glaswelt – Sie haben für schaltbares Glas die Zusammenarbeit mit der Merck AG aufgenommen. Hat Guardian nicht auch selbst schaltbare Gläser entwickelt?

Boekhoudt – Schaltbares Glas ist sehr interessant für den Markt. Wir hatten bereits an einer eigenen Technologie gearbeitet. Aber anders als Merck. Von dieser neuen Partnerschaft werden beide Unternehmen profitieren: Wir verfügen jetzt über ein fertiges Produkt im Portfolio und Merck erhält Zugang zu Architekten und kann unser Vertriebsnetz nutzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass diese Partnerschaft neue Ideen in unser Unternehmen bringt, die einen positiven Kreislauf gegenseitigen Nutzens schaffen.

Glaswelt – Und wie beurteilen Sie den Markt für schaltbares Glas?

Boekhoudt – Wir lernen mit diesem Markt umzugehen. Schaltbares Glas ist kein Massenprodukt und hier bremst der Kostenaspekt noch den Einsatz. Generell wird aber die Weiterentwicklung des Fassadenmarkts den Einsatz von Hochleistungsgläsern stark vorantreiben. Zunehmen wird auch die Energieerzeugung in der Fassade. In diesem Segment haben wir eine neue strategische Partnerschaft mit einer polnischen Firma. Das ist eine spannende Entwicklung.

Glaswelt – Arbeitet Guardian an neuen Smart Glass-Entwicklungen?

Boekhoudt – Derzeit prüfen wir viele neue Entwicklungen, u. a. von berührungssensitiven Gläsern. Wichtig ist, dass solche Innovationen weiterhin die Bedürfnisse der Kunden erfüllen, wie etwa die Kosten für schaltbare Gläser zu senken.

Glaswelt – Ist Glas der Baustoff der Zukunft?

BoekhoudtJa sicher. Der Wunsch nach komfortablen Wohn- und Arbeitsräumen besteht so wie heute auch in 20, 40 und 60 Jahren. Und Glas ist ein Teil davon. Zusätzlich zu seiner Transparenz und der Fähigkeit, Sonnenlicht in das Haus zu holen, ist es nachhaltig und energieeffizient; und es kann dazu beitragen, Gebäude energieunabhängig zu machen. Glas ist leicht zu reinigen und wir können es sogar antibakteriell fertigen. Weiter bietet Glas mehr Sicherheit für das Gebäude. Ich glaube wirklich, dass Glas der Baustoff der Zukunft ist.

Das Interview führte Matthias Rehberger.

Guus Boekhoudt, Executive Vice President von Guardian Glass

Foto: Guardian Glass

Guus Boekhoudt, Executive Vice President von Guardian Glass

Zur Person

Guus Boekhoudt ist Executive Vice President von Guardian Glass, einem der weltweit größten Hersteller von Float-, beschichteten und gefertigten Glasprodukten. Der Glashersteller fertigt weltweit 500 km Floatglas pro Tag auf seinen Float Glaslinien.

Boekhoudt steuert die Aktivitäten des Unternehmens in Europa, Asien, Indien, dem Nahen Osten und Afrika. Dabei ist er für 16 Floatglasanlagen, fast 6000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von mehr als 1,5 Mrd. USD verantwortlich. Er ist zudem Geschäftsführer von Guardian Europe S.à.r.l. mit Sitz in Bertrange, Luxemburg.

Guus Boekhoudt ist niederländischer Staatsbürger und spricht neben seiner Muttersprache fließend englisch und deutsch.

Foto: Guardian Glass

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