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GLASWELT vor Ort

Glaskongress 2015: Innovation als Strategie fürs Überleben

Vor dem Hintergrund der angespannten Wettbewerbssituation, zunehmender (Fenster-)Importe aus Osteuropa sowie einem wachsenden Fachkräftemangel sieht sich die hiesige Glasbranche mit großen Herausforderungen konfrontiert. Umso mehr stellt sich die Frage: Warum waren gegenüber Vertretern der Zulieferer diesmal die Glasverarbeiter in der Unterzahl, so dass diesmal die Lizenzgeber die Vertretung übernehmen mussten?

Wie Verarbeiter die aktuelle Lage am Glasmarkt in den Griff bekommen können und wie es mit der schwierigen Preisentwicklung beim Isolierglas weitergehe, waren Themen der Vorträge und boten viel Stoff zur Diskussion.

Jochen Grönegräs, der Geschäftsführer des Bundesverband Flachglas. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Jochen Grönegräs, der Geschäftsführer des Bundesverband Flachglas. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Die Nachfrage nach hochwertigen Isoliergläsern sei gegenwärtig gut und das Sanierungspotenzial hoch. BF-Präsident Thomas Dreisbusch sprach von einem Sanierungspotenzial bei Isolierglas von rund 27. Mio. m2 (Stand 2014). Gleichzeitig schränkte er ein: „Die Menge sagt nichts über die Ertragslage aus und wo die Firmen sitzen, die diese Produkte liefern“, sagte er mit Blick auf Fenster- und Glasimporte aus Osteuropa. Und BF-Geschäftsführer Jochen Grönegräs ergänzte „Dazu kommt, dass wir bereits einen dichten Markt haben, der sehr eng besetzt ist und haben somit einen sehr hohen Wettbewerb.“

Aktuelle Marktzahlen legte Dr. Christian Kaiser vor. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Aktuelle Marktzahlen legte Dr. Christian Kaiser vor. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Wie gut entwickelt sich der Fenstermarkt für ISO-Hersteller?
Dr. Christian Kaiser von der Heinze GmbH legte die neuesten Marktzahlen zum Bau- und Fenstermarkt dar. Dank dem günstigen Ölpreis und dem schwachen Euro seien so für 2016 gute Rahmenbedingungen zu erwarten. Dr. Kaisers Prognose für den Wohnungsneubau liegt in diesem Jahr bei +2 Prozent, in 2016 bei + 1,7 Prozent.

In der begleitenden Ausstellung konnten sich die Besucher über neue Produkte informieren. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
In der begleitenden Ausstellung konnten sich die Besucher über neue Produkte informieren. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Bundesweit sehe er eine moderat positive Entwicklung, wobei es im Neubau-Fenstermarkt starke regionale Unterschiede gebe. Stark sind Baden-Württemberg und Westdeutschland. Nach vorläufigen Zahlen habe sich in 2014 der Markt mit 13,4 Mio. Fenstereinheiten um +2,3 Prozent nach vorne entwickelt, für 2015 werden 13,4 Mio. FE erwartet (+2,2 %).

Nach Kaiser stammen 15 bis 20 % der Fenster aus dem Ausland. Damit treffen die Importfenster auch die heimischen ISO-Hersteller. Und das gleich in doppelter Hinsicht, der deutsche Markt für Isolierglas stehe dadurch unter zusätzlichem Druck, gleichzeitig käme Billig-ISO aus Tschechien zu uns.

Professor Dr. Heiko Hessenkemper: "Nicht sparen, sondern Innovationen werden den Glasverarbeitern die Zukunft sichern". Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Professor Dr. Heiko Hessenkemper: "Nicht sparen, sondern Innovationen werden den Glasverarbeitern die Zukunft sichern". Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Innovationen sichern das Überleben

Nicht sparen, sondern Innovationen werden den Glasverarbeiten die Zukunft sichern, so Professor Dr. Heiko Hessenkemper von der TU Bergakademie in Freiberg. „Der Schlüssel für den zukünftigen Erfolg liegt in Innovationen. Und von diesen gibt es in der Glasbranche bei Weitem nicht genug. Ganz im Gegenteil, die Branche sei nicht innovationsgetrieben, sie ist kostengetrieben und fokussiere sich zu sehr aufs Sparen.

Dabei gebe es heute für Glasverarbeiter so viele Möglichkeiten wie nie zuvor, am Markt zu partizipieren, da im und am Gebäude immer mehr Glas eingesetzt werde. „Nutzen Sie die Chance, werden Sie innovativ, schaffen Sie neue Produkte, und versorgen Sie damit auch die Fenster- und Fassadenbauer mit Mehrwert und Alleinstellung“, so sein Appell. „Unternehmen, die in der heutigen Situation nicht aktiv sind und entwickeln, werden es in Zukunft schwer haben: Die Innovativen werden die Nichtinnovativen schlucken“, so der Professor.

Das Foyer lud die Besucher zu interessanten Gesprächen ein. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Das Foyer lud die Besucher zu interessanten Gesprächen ein. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Gleichzeitig fordert Hessenkemper die Glasbranche auf, wieder verstärkt in Mitarbeiter und vor allem in den Nachwuchs zu investieren: „Wenn wir nicht auf allen Ebenen – vom Facharbeiter bis hin zum Glas-Ingenieur – in unseren Nachwuchs investieren, werden wir als Glasbranche in Kürze ein massives Problem haben.“

Besser Freund als Feind
"Isolierglas-Hersteller und Fensterbauer sollten eigentlich an einem Strang ziehen, da sie logischerweise gemeinsame Interessen verfolgen", so Prof. Christian Niemöller.
Beide haben die gleichen Kunden, für die man ein Bauvorhaben fertigstellen will. Zudem müssen beide mit gleichen Anforderungen und engen Terminen umgehen. Beide sind aber auch natürliche Feinde im Preiskampf, bei Vertragspflichten, in der Durchstellpflicht, bei Terminen etc. Und ISO-Hersteller wie auch Fensterbauer haben oft eine fehlende Konfliktbearbeitungs-Kompetenz und gehen fahrlässig mit Reklamationen um.

Baurechtsspezialist Prof. Dr. Chrisitian Niemöller. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
Baurechtsspezialist Prof. Dr. Chrisitian Niemöller. Foto: Matthias Rehberger, www.glaswelt.de
„Wenn eine Reklamation kommt, sollte man sich nicht automatisch und kategorisch hinter der erfolgten Bauabnahme verschanzen“, so Niemöller, „damit wird oft viel kaputt gemacht und führt häufig zu Auseinandersetzungen, die keiner braucht. Gehen Sie auf den Kunden ein, lassen Sie sich zuerst die beanstandeten Scheiben kommen und entscheiden Sie dann, was zu tun ist.“ Der ISO-Lieferant sollte sich zudem als Streithelfer einbringen, das bringt Dateneinsicht und Zugang zu allen Informationen.

Niemöllers Fazit: „Setzen sie immer auf eine offene und ehrliche Diskussion; treffen Sie eindeutige Vereinbarungen und halten diese ein. Unter diesen Voraussetzungen können Glasverarbeiter und Fensterbauer eine starke Allianz bilden.“

Der nächste Glaskongress des Bundesverbands Flachglas und der Gütegemeinschaft Mehrscheiben-Isolierglas findet am 28. und 29. April 2016 in Grassau (Bayern) statt.
Matthias Rehberger

Der ungekürzte Beitrag erscheint in der Mai-Ausgabe der GLASWELT, die am 08. Mai 2015 herauskommt.

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Weitere Infos
Die aktuellen Vorstandsmitglieder des BF und der GMI
Der BF-Vorstand: Thomas Dreisbusch (Vorsitzender), Michael Dobbe, Thomas Fiedler, Jürgen Halbmeyer, Nils-Christian Plaum, Thomas Stukenkemper und Ralf Vornholt.

Der Vorstand der GMI: Ralf Vornholt und Michael Elstner (Geschäftsführende Vorstände) sowie im erweiterten Vorstand: Thomas Fiedler, Denise Goldau und Nils-Christian Plaum.