Im neuen Koalitionsvertrag steckt einiges drin, was die Unterstützung der Bauwirtschaft angeht. Rahmenbedingungen (Bürokratie, Standards, Planungssicherheit) und Fördermechanismen sollen verbessert werden. GW-Chefredakteur Daniel Mund hat sich das Kapitel „Bauen und Wohnen“ genauer angeschaut und einen kritischen Satz entdeckt.
Positiv zu bewerten ist die Idee eines Wohnungsbau-Turbos. Dazu will die Regierung ein Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus in den ersten 100 Tage vorlegen. Darin sollen erleichterte Lärmschutzfestsetzungen und eine Novellierung der Landesbauordnung enthalten sein.
Weitere Ansätze im Koalitionspapier:
Zum Gebäudetyp E: Die gesetzliche Absicherung des vereinfachten Gebäudetyps zielt auf eine realistische Senkung der Baukosten. Den Satz im Koalitionsvertrag „das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik stellt künftig keinen Mangel mehr dar“, kann man aber dennoch kritisch sehen, denn die anerkannten Regeln der Technik garantieren Sicherheitsstandards, etwa bei Statik, Brandschutz, Schallschutz oder Feuchteschutz. Ohne diese Orientierung kann es zu qualitativen Abweichungen kommen, die langfristige Risiken für die Gebäudesubstanz und die Nutzer bergen. In der Fenster- und Türenbranche betrifft das z. B. Einbruchhemmung, Luftdichtheit oder Wärmeschutz – elementare Leistungsmerkmale könnten unterlaufen werden.
Normen-Check: Es soll eine unabhängige Stelle eingerichtet werden, die DIN-Normen auf ihre Kostenfolgen hin überprüft. Geplant ist eine zweistufige Reform des Baugesetzbuches. Weiter heißt es, dass die Reduzierung der Normenverpflichtungen auf sicherheitsrelevante Normen erreicht werden soll und der Fokus auf die Nutzung von BIM zur Digitalisierung und Beschleunigung von Planungsprozessen gelegt werden soll.
Aussagen zu neuen Förderanreizen: Es sollen ein Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufgelegt, gesicherte Hypothekenbürgschaften ermöglicht und steuerliche Verbesserungen geschaffen werden. Auch die Wiedereinführung der EH55-Förderung verspricht neue Impulse.
Das Lieblingskind des Bundesbauministeriums, das serielle und modulare Bauen, wird weiter explizit gestärkt.
Dennoch: Die Schaffung von preiswertem Wohnraum unter 15 Euro/m² bleibt ambitioniert.
Der Aktionsplan Baustoffe (Recycling, biobasierte und energieintensive Baustoffe) könnte Innovationsdruck erzeugen, ist aber derzeit eher als langfristiges Projekt angelegt. Und wie es für einen Koalitionsvertrag typisch ist: Viele Formulierungen bleiben programmatisch, konkrete Summen oder Zeitpläne fehlen oft.
Bei den Förderprogrammen und finanziellen Anreizen ist ein Mix mit Potenzial in Sicht: Die KfW-Förderung soll vereinfacht werden (Neubau/Modernisierung als zwei zentrale Programme), ein Programm zur Starthilfe für Wohneigentum für Familien soll aufgelegt werden – mit eigenkapitalersetzenden Maßnahmen.
EH55 wird wieder gefördert
Wichtig ist auch die temporäre Wiedereinführung der EH55-Förderung zur Aktivierung des Bauüberhangs und die steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungen bei Erbschaftsimmobilien. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften sollten durch eine Entlastung des Eigenkapitals unterstützt und eine steuerliche Belohnung für preisgünstige Mieten eingeführt werden.
Entscheidend wird die Ausgestaltung und praktische Umsetzung der Programme sein. Man kann vieles wollen, die Frage ist nur, ob es sich auch umsetzen lässt. Auch das „Wärmegesetz“ – oft als „Heizungsgesetz“ betitelt – soll gekippt werden, es wird die Einführung eines „einfacheren, technologieoffenen“ GEG angestrebt.
Bauministerium unter SPD-Führung
Die Beibehaltung eines eigenständigen Bauministeriums ist als Signal für die politische Priorisierung des Themas zu werten. Unter SPD-Führung ist mit einer Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, der Städtebauförderung, des Mieterschutzes und der Wohnungsgemeinnützigkeit zu rechnen. Dies bringt klare sozialpolitische Akzente, dürfte aber auch Konfliktlinien mit Investoreninteressen aufzeigen (z. B. Mietpreisbremse, Indexmietenregelung).
Es hängt vom MACHEN ab Impulse zur Förderung und Vereinfachung von Standards sind wichtig und überfällig. Die Rückkehr zum EH55-Standard und die Förderung des Gebäudetyps E könnten kurzfristige Investitionsentscheidungen wieder attraktiver machen. Dennoch bleibt festzuhalten: Die tatsächliche Hebelwirkung hängt wesentlich von einer schnellen und unbürokratischen Umsetzung ab – daran hat es in der Vergangenheit leider oft gehapert.
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