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Artikelserie „Digitalisierung von Marketing & PR“

Glauben Sie noch an das Pferd?

„Generell gibt es noch viel Luft in Sachen Digitalisierung in unserer Branche“, sagt Florian Kneer im Interview mit der GLASWELT. Das Gespräch erscheint im Juli dieses Jahrs, inmitten des Corona-Infektionsgeschehens, kurz nachdem die Fenster-, Sonnenschutz- und Glasbranche insgesamt recht glimpflich durch den ersten Lockdown gekommen ist.

Weniger Dienstreisen, dafür dezentrales Arbeiten, digitale Meetings und Co-Working in der Cloud – die bisher zumeist analoge Branche entdeckt Möglichkeiten der „New Work“ für sich, die sie vorher allenfalls als hippes Berliner Start-up-Gehabe verpönt hat. Was vorher als eher unpassend für einen Traditionsbetrieb in zweiter, dritter oder vierter Gründergeneration galt, passt auf einmal ganz gut. Zwangsläufig.

Digitalisierung erfordert Umdenken

Das Problem an dem Digitalisierungs-Ruck ist nicht der solche an sich, sondern oftmals ein falsches zugrundeliegendes Verständnis von Digitalisierung. Digitale Strategien und Lösungen in der Fenster-, Sonnenschutz- und Glasbranche sind notwendig, weil sich das Verhalten der Anspruchsgruppen – Mitarbeiter, Kunden, Partner etc. – in der digitalen und der realen Welt in den letzten Jahren stark verändert hat. Darauf gilt es strategisch zu reagieren. Nicht, weil nach den Corona-Schutzmaßnahmen digitale Lösungen unumgänglicher geworden sind.

Denn erfolgreiche Digitalisierung in den Bereichen Marketing und Public Relations erfordert das grundlegende Verständnis der Disziplinen als Instrumente strategischer Unternehmensführung, welches sich ganzheitlich über die Bereich Marke, Branding und Design, Marketing, Kommunikation und Reputationsmanagement erstreckt. Wer das nicht verinnerlicht, bleibt zukünftig in der digitalen Welt unsichtbar und findet schlichtweg nicht mehr statt.

Schon Kaiser irrten: „Ich glaube an das Pferd“

Denn die Zielgruppen sind längst weiter, erfahrener und nutzen digitale Angebote wie selbstverständlich. Das hat fast ausschließlich mit dem bereits seit Jahren veränderten Verhalten von Menschen in der digitalen Welt zu tun: Inzwischen nutzen 66,4 Mio. Menschen in Deutschland das Internet regelmäßig, 32 Mio. Menschen sind auf Facebook und weitere 58 Mio. nutzen WhatsApp täglich. Alles nur junge Menschen? Weit gefehlt: Laut Statistischem Bundesamt sind sogar 75 Prozent der Generation 75+ aktive Internetnutzer. Fast dreieinhalb Stunden täglich verbringen die Deutschen durchschnittlich in der digitalen Welt.

Wer hofft, die Entwicklung könnte sich möglicherweise verlangsamen, stagnieren oder gar zurück entwickeln, ist genauso auf dem Holzweg wie Kaiser Wilhelm II., der das damals gerade erfundene Automobil für eine „vorübergehende Erscheinung“ hielt. „Ich glaube an das Pferd“, sagte der letzte deutsche Kaiser seinerzeit. Der Rest ist Geschichte.

Ohne Digitalisierung keine Zukunft

Wenn es um die unternehmerische Einschätzung von Digitalisierung als Chance geht, ist Glauben auch in der Fenster-, Sonnenschutz- und Glasbranche kein besonders belastbarer Ratgeber. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Menschen ihr Leben lang immer jene Medien bevorzugen werden, mit denen sie sozialisiert sind.

Heißt: Die nächste, spätestens übernächste Generation Bauherrinnen und Bauherren liest keine Zeitung oder Lokalblatt mehr und wird es später auch nicht. Hat sie nie, wird sie nie.

Diese so simpel klingende Erkenntnis birgt erhebliche Sprengkraft in sich und dürfte noch so manchen Betrieb ordentlich durchrütteln. Oder mit den Worten von Anja Ebert formuliert,
Unternehmenssprecherin und Digital-Chefin bei
Somfy: „Keine Zukunft ohne Digitalisierung.“

Den Anschluss nicht verlieren

Fakt ist: Bisher als zuverlässig und wirksam erlernte analoge Maßnahmen der Markenführung werden zukünftig einen Großteil der Anspruchsgruppen gar nicht mehr erreichen (können). Das gilt sowohl für interne Zielgruppen, wie etwa die eigenen Mitarbeiter, als auch für externe, beispielsweise Kunden, Vertriebspartner und die nächste Mitarbeitergeneration.

Daher sind Unternehmen der Branche gut beraten, die inzwischen gemachten Erfahrungen auf Neuland zum Anlass zu nehmen, ganz grundsätzliche Überlegungen anzustellen.

  • Wie wollen und wie können wir in der immer digitaleren Welt wahrgenommen werden?
  • Wie ist die Außenwahrnehmung auf unser Unternehmen, unsere Lösungen und Produkte?
  • Deckt sich das mit unserer Eigenwahrnehmung und dem, wofür wir stehen (wollen)?
  • Welche Markenkontaktpunkte, Kanäle, Instrumente und Informationen bieten unserem Vertrieb, Kunden und Partnern einen Mehrwert?
  • Wie, was, wer und wo wollen wir kommunizieren und warum?
  • Das oft noch analog, wenig digital, selten cross-medial oder kanalübergreifend gedacht und gehandelt wird, bietet die Chance, es dann jetzt gleich richtig zu machen. Es gilt, einen umfassenden Plan zu entwickeln und entschlossen die ersten Schritte zu gehen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Das andere Branchen bei der Digitalisierung bereits in ganz anderen Ligen spielen, bietet auch Vorteile: Man kann aus Erfahrungen anderer, Best Practice-Beispielen und Kampagnen lernen und gemachte Fehler vermeiden.

    Was jetzt zu tun ist

    Wollen Unternehmen sich im Digitalen erstmalig aufstellen oder bestehende Ansätze ausbauen und professionalisieren, dann gibt es klare Handlungsfelder, die es anzupacken und abzuarbeiten gilt. Der dringendste Handlungsbedarf besteht fast immer beim Corporate Design und Branding, im Bereich der Unternehmenswebseite, Social Media und Web 2.0, Reputations- und Kommunikationsmanagement sowie bei digitalen Marketingmaßnahmen, wie beispielsweise Anzeigen über Google, Facebook und Instagram, und deren Rückkopplung in die Vertriebsstrukturen. Die genannten Themenbereiche und Disziplinen greifen ineinander und benötigen fachliches wie rechtliches Hintergrund- und Anwenderwissen. Aus diesem Grund werden wir die wichtigsten Themenbereiche in einer Fachartikelserie in den kommenden GLASWELT-Ausgaben detailliert beleuchten.

    Die nächste, spätestens übernächste Generation Bauherrinnen und Bauherren liest keine Zeitung oder das Lokalblatt mehr und wird es später auch nicht. Hat sie nie und wird sie nie.

    Foto: Wolfgang Gottbrath

    Die nächste, spätestens übernächste Generation Bauherrinnen und Bauherren liest keine Zeitung oder das Lokalblatt mehr und wird es später auch nicht. Hat sie nie und wird sie nie.

    Freuen Sie sich auf diese Artikel in den nächsten Ausgaben:

    Corporate Design: Keine Chance für einen 2. Eindruck

    Der erste Eindruck entscheidet. Das gilt in der digitalen Welt noch stärker als in der analogen, denn in der Regel ist der Mit- oder Wettbewerber nur einen Klick entfernt. Die Zielgruppen sind bereits an moderne Designs, eingängige Logos und ausdrucksstarke Bildwelten gewöhnt. Die Professionalität der eigenen Außendarstellung überträgt sich 1:1 auf die zu erwartende Professionalität und Qualität der eigenen Leistungen. Daher werden wir wichtige Entwicklungen und Best-Practice-Beispiele als Ratgeber für das eigene Corporate Design darstellen.

    Firmenwebseite: Mehr als nur eine Visitenkarte

    Unternehmenswebseiten sind schon lange nicht mehr nur eine reine Visitenkarte im Netz. Im Digitalen stellen sie inzwischen oftmals das Herzstück weiterer Maßnahmen dar: Kunden wollen tiefgreifende Informationen über Produkte, technische Details und Lösungen, an ihre Bedürfnisse ausgerichtete Kontaktmöglichkeiten sowie ein rundum flüssiges Nutzererlebnis – auf allen Endgeräten. Diese komplexe Aufgabenstellung werden wir auf inhaltlicher, technischer und rechtlicher Ebene in einem eigenen ­Artikel ­analysieren.

    Social Media: Dialog statt Einbahnstraße

    Profile in sozialen Netzwerken sind schnell erstellt und die ersten Postings leicht abgesetzt. Nach dem Start und den ersten positiven Reaktionen stagnieren die Kanäle oftmals, Content-Ideen gehen aus und die Sichtbarkeit schwindet. Die Lösung liegt sowohl in der taktischen Auswahl der zu bespielenden Netzwerke als auch einer strategischen Planung von Themen und Inhalten. Daher erläutern wir in einem der nächsten Artikel, wie Redaktionspläne Struktur in das Social-Media-Management bringen können und warum die Kommunikation in sozialen Medien keine Einbahnstraße ist.

    Reputation: Die Summe aller Images

    Mit der Digitalisierung sind Unternehmen, Produkte und Leistungen sehr viel transparenter geworden. Was andere im Netz über eine Marke berichten, ist schnell und einfach für jedermann ersichtlich. Von einem Stern für richtig schlecht bis hin zu fünf Sternen für rundum perfekt: Spätestens Google subsummiert alle auffindbaren Bewertungen auf seinen Ergebnisseiten und fasst diese zu einem Score zusammen, der nur allzu schnell ein völlig falsches Bild zeichnet. Wir zeigen in einem weiteren Artikel daher auf, wie sich die Reputation im Netz steuern lässt und wie Unternehmen auch kritische öffentliche Rückmeldungen erfolgreich für die Imagepflege nutzen können.

    Digitales Advertising: Werben, wo die ­Kunden sind

    Letzter Baustein unserer Artikelserie stellen digitale Werbemöglichkeiten dar. Von Anzeigen auf ­Google, Instagram und Facebook bis hin zu Online-Advertorials: Zahlreiche Formate ermöglichen es, Informationen zielgerichtet genau dann an die interessierte Zielgruppe heranzutragen, wenn diese danach sucht. Automatisiert und rund um die Uhr. Ein weiterer ­wesentlicher Vorteil: Die Ergebnisse digitaler Werbung lassen sich in der Regel sehr gut messen und ermöglichen es, Kampagnen im laufenden Prozess weiter zu optimieren.

    Der Autor

    Wolfgang Gottbrath
    betreibt als geschäftsführender Inhaber die Marketing- & PR-Agentur „gutberat.“ und betreut auch ­Kunden in der Fensterwelt.

    Foto: Wolfgang Gottbrath