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 Serie: Digitalisierung in der Fenster- und Türenbranche, Teil II

Digitalisierung ist Chefsache!

Von allen Seiten werden Sie angesprochen, dass Sie dringend in ein DMS – also ein Dokumentenmanagementsystem – investieren müssen, damit Sie einen digitalen und schnellen Überblick über Ihre Dokumente bekommen. Hier erlebe ich sehr oft die teuersten Reinvestitionen.

DMS sind geniale Produkte. Der Knackpunkt: Sie verwalten nur Dokumente, sie schaffen keine Prozesse. Sie archivieren Ihre Dokumente, versorgen diese mehr oder weniger intelligent mit sogenannten Meta-Informationen und helfen Ihnen später beim Wiederfinden. Aber mit welchen Zusatzinformationen sollen die Dokumente überhaupt abgelegt werden? Woher nimmt man diese Infos? Auftragsname? Lieferantenname? Kundenname? Belegdatum?

Ein Computer erledigt Dinge, die auch ein Mensch erledigen könnte – nur eben schneller. Machen Sie doch einmal die Probe aufs Exempel: Nehmen Sie nach dem Zufallsprinzip verschiedenste Dokumente aus Ihrem Alltag (Aufmaß, Bestellung, Auftragsbestätigung, Rechnungen, Lieferscheine, Fertigungsdokumente, Skizzen, Aktennotizen, E-Mails,..) zur Hand und versuchen Sie anhand harter Kriterien festzulegen, wie diese Dokumente zugeordnet werden sollen. Je nach Art der Dokumente dürfte das schwer bis unmöglich werden.

Sie schaffen das nur, weil sie den gesamten Kontext in etwa so im Hinterkopf haben: [Ah, da steht das Wort Bestellung, aber auch Auftragsbestätigung, bei Kommission steht „Zwiebelturm“ – so nennen wir das aber nur intern. Das ist in Wirklichkeit Auftrag EBG München.] Es handelt sich also konkret um die AB vom Lieferanten VBH für die Aluminiumfensterbänke des ersten Bauabschnittes.

Woher hätte ein Computer das wissen sollen? Und wo legen Sie das jetzt ab? Im Auftrag? In einem Bestellordner? Beim Lieferanten? Oder beim Kunden? Wenn Sie sicher gehen wollen, müssen Sie es ehrlicherweise unter allen vier Kategorien ablegen, folglich dreimal kopieren. Diese Vorgehensweis habe ich in der Praxis oft beobachtet. Sie erkennen also sehr leicht: Das Digitalisieren Ihrer Dokumente ist zwar wichtig, aber es muss anhand vorab klar definierter, strukturierter Prozesse umgesetzt werden – und da gehören alle Ihre Dokumente immer dazu.

Mein Tipp: Kaufen Sie kein DMS, bevor nicht klar ist, wie Sie dieses einsetzen möchten!

Softwareexperte Stefan Zink

Thomas Wöhrstein

Digitalisierung ist Chefsache!

Wenn ich eines nach vielen Jahren Arbeit im Bereich Digitalisierung sicher sagen kann: Sie können diesen Prozess nicht an Ihre Mitarbeiter delegieren. Natürlich können Sie Mitarbeiter mit der Umsetzung beauftragen, aber die Richtung müssen Sie als Unternehmensleitung vorgeben. Das gesamte Unternehmen ist von diesen Prozessen betroffen und Sie sind der Einzige, welcher das gesamte Unternehmen im Blick hat: vom Vertriebs- und Verkaufsprozess bis hin zur Erledigung der Restarbeiten und der Abwicklung in Personal- und Finanzbuchhaltung.

Digitalisierung als Spagat

Häufig erlebe ich, dass die Digitalisierung als eine Art Spagat durchgeführt wird. Das bedeutet, dass die Prozesse zwar digital abgebildet, gleichzeitig aber die analogen Prozesse beibehalten werden. Wenn Sie Prozesse digitalisieren, dann müssen sie die „alten”, analogen Prozesse zumindest teilweise, oder im besten Fall auch ganz, loslassen und abschalten. Wenn Sie weiterhin zweigleisig fahren, wird das gesamte Projekt für Ihr Unternehmen mehr zur Belastung als zur Entlastung.

Fangen Sie am richtigen Ende an

Sehr oft, eigentlich fast immer, erlebe ich, dass man ein einzelnes Problem lokalisiert und dieses dann direkt angreift. Im Grunde ist das eine sehr gute Vorgehensweise, aber im Bereich Digitalisierung nur wenig zielführend.

Ein Beispiel: Wann beginnt aus Ihrer Sicht der Prozess Eingangsrechnungsverarbeitung? Beim Öffnen des Briefkastens, des Briefumschlags oder wenn der Chef die Postmappe durcharbeitet?
Der Prozess Eingangsrechnung beginnt viel früher. Er beginnt spätestens, wenn Sie Ihre Bestellung beim Lieferanten aufgeben oder bereits, wenn Sie bei Ihren Lieferanten eine Preisanfrage für die Angebotskalkulation starten.

Das hört sich plausibel an, oder? Das ist es auch. Wenn Sie später die Rechnungsprüfung durchführen, benötigen Sie oft die ursprünglichen Angebote Ihrer Lieferanten oder im schlimmsten Fall sogar die E-Mail, mit welcher Sie die Preise angefragt haben. Also müssen Sie all diese Informationen zur Hand haben. Dies gelingt jedoch nur, wenn von Anfang an klar ist, welche Rechnung zu welchem Beschaffungsprozess gehört. Oder andersherum: Wenn die Rechnung weiß, zu welchem Beschaffungsprozess sie gehört, dann geht es fast von allein. Dann ist diese Rechnung innerhalb weniger Sekunden in folgenden Bereichen vollständig verarbeitet:

  • In der Nachkalkulation
  • Im Bezahlprozess
  • In der Finanzbuchhaltung
  • In diesem speziellen Fall lautet meine Empfehlung immer: Bestellnummer! Ganz allgemein könnte man auch sagen: Für Computer sind Nummern alles. Manche belächeln das, was ich verstehen kann – aber es ändert nichts: Ohne Nummern keine digitalen Prozesse.

    Hier geht es zum Auftaktartikel dieser Serie: Digitalisierung ist keine Magie (Erstveröffentlichung 07/23)

    Im nächsten Serienteil erläutert Stefan Zink, warum man Aufträge nicht als „Maier Sanierung Erdgeschoss“ ablegen soll. Wozu eine Nummer vergeben? Lesen Sie die Fortsetzung in GW 11/23!