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Interview mit Anna-Kathrin Pacak von Techoform

Warme Kante – Kalter Kaffee oder heißes Eisen?

Glaswelt – Frau Pacak, bitte sagen Sie ein paar Worte zur Warmen ­Kante und den Vorteilen für die Bauherren und die Planer?

Anna-Kathrin Pacak – Als Warme Kante bezeichnet man den Rand von Mehrscheiben-Isolierglas, bei dem der Abstandhalter zwischen den Scheiben aus Materialien mit geringer Wärmeleitfähigkeit besteht.

Für Bauherren wird dieses Thema immer wichtiger, vor allem in Bezug auf die staatlichen Fördermittel für energieeffizientes Bauen oder Sanieren. Mit der Warmen Kante lassen sich die Anforderungen an die Energieeffizienz im Glasrandbereich sicher erfüllen. Zudem rechnet sich ein thermisch optimierter Glasrandverbund auch finanziell, weil sich dadurch Energiekosten einsparen lassen.

Glaswelt – Gibt es weitere Vorteile?

Pacak – Ja, unter anderem auch im Hinblick auf die Bauphysik: Eine Schimmelbildung im Randbereich von Fenstern und Verglasungen ist nicht selten darauf zurückzuführen, dass Abstandhalter aus Aluminium im Einsatz sind, die im Winter lupenreine Wärmebrücken bilden. Tauwasserbildung auf der Innenseite begünstigt dann Schimmelbildung. Das Problem ist nicht neu, wird jedoch selten mit dem Aluminium im Scheibenzwischenraum in Verbindung gebracht.

Hier gilt es, Isolierglashersteller, die immer noch auf Abstandhalter aus Metall setzen sowie auch die Planer und die Fensterbauer zu sensibilisieren und aufzuzeigen, was eine Warme Kante alles leistet.

Ein weiteres Problem, das die Warme Kante mit lösen kann, lauert im Scheibenzwischenraum (SZR). Edelgase, die für die Wärmedämmung von Isoliergläsern sorgen, entweichen im Laufe der Zeit nach und nach über Diffusion aus dem SZR, während Luft von außen in diesen eindringt. Mit der Luft gelangt auch Wasserdampf in die Scheiben. Im Winter kann so Tauwasser entstehen, das sich in dicken Tropfen im SZR absetzt. Das ist optisch unschön und bietet zudem einen Nährboden für Schimmelpilze. Dieser Prozess wird beschleunigt, wenn z. B. Dichtstoffe im Glasrandverbund durch Alterung undicht werden und so der Gasaustausch begünstigt wird.

Glaswelt – Warum werden trotz aller Vorteile immer noch Abstandhalter aus Aluminium verarbeitet, die im Vergleich zu Kunststoff-Spacern eine deutlich geringere Energieeffizienz bieten?

Pacak – Das ist eine gute Frage. Die Gründe sind wie so oft vielfältig. Im Kern dürften aber die Kosten dafür verantwortlich sein, wenn Planer und Isolierglas-Hersteller sich für die Metall-­Abstandhalter entscheiden, da sie in der Anschaffung eine günstigere Alternative darstellen. Das gilt auch im Privaten: Wenn man ein Haus baut sitzt das Geld oft nicht mehr so locker und man sucht nach Möglichkeiten, Kosten einzusparen.

Die Warme Kante ist nur ein kleiner Teil des Fensters, warum sollte man dafür mehr Geld ausgeben als nötig? Diese Frage höre ich oft, auch in meinem Bekanntenkreis. Wenn ich davon spreche, was Technoform herstellt und wie wichtig der Spacer in Kombination mit anderen Komponenten im Randverbund ist, reagieren viele eher skeptisch. Deshalb werde ich nicht Müde, für die Vorteile der Warmen Kante zu werben.

Anna-Kathrin Pacak, Produktmanagerin bei Technoform.

Foto: Technoform

Anna-Kathrin Pacak, Produktmanagerin bei Technoform.

Glaswelt – Wie stehen die Profis am Bau zur Warmen Kante?

Pacak – Auch hier ist nach wie vor Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn auch die Baufachleute treffen aus meiner Sicht zu viele Entscheidungen einseitig aus Kostengründen. Das ist kein Wunder, denn es herrscht ein Preiskampf im Markt, Billiganbieter verschärfen den Wettbewerb, während die Preise für Rohstoffe laufend steigen. Auch hier gilt es, Langlebigkeit und Qualität konsequent gegen kurzfristige Kosteneinsparungen abzuwägen.

Glaswelt – Welche Entwicklungen sehen Sie bei Isoliergläsern für die Fassaden und Fenster, und was bedeuten diese für den Glasrandverbund?

Pacak – Ich beobachte im Wesentlichen zwei Entwicklungen: Zum einen steigen die Anforderungen an die Energieeffizienz von Fenstern und Fassaden. So wurde erst im Juni 2020 die EnEV erneut weiter verschärft. Zum anderen beobachten wir den Trend zu immer größeren Isolierglas-Elementen, um mehr Licht in Gebäude zu bringen. Das gilt sowohl für Wohn- als auch für Bürogebäude bzw. den Objektbau.

Für den Glasrandbereich bedeuten größere Glasflächen zusätzliche mechanische Belastungen. Hier kommt es besonders darauf an, dass die einzelnen Komponenten im Glasrandverbund, also Abstandhalter, Dichtstoffe etc., optimal aufeinander abgestimmt sind, damit der Glasrandbereich über die gesamte Nutzungsdauer hinweg auch wirklich optimal funktioniert.

Glaswelt – Sagen Sie bitte etwas zur Lebendsdauer des Randverbunds von Isoliergläsern.

Pacak – Der Glasrandverbund muss unter realen klimatischen Bedingungen mindestens 25 Jahre halten. Diese Lebensdauer erreicht man nur, indem man den Glasrandverbund als System betrachtet und bei der Auswahl auf hochwertige und aufeinander abgestimmte Materialien setzt. Wir als Technoform leisten mit unseren Lösungen für den thermisch optimierten Glasrandbereich einen wichtigen Beitrag dazu.

Glaswelt – Welche typischen Einwände und Missverständnisse begegnen Ihnen, die Sie an dieser Stelle gerne einmal ausräumen möchten?

Pacak – Erstens: „Es gibt kostengünstigere Lösungen als die Warme Kante“. Meine Antwort darauf: Abstandhalter aus Metall sind zwar in der Anschaffung günstiger als thermisch optimierte Alternativen aus Kunststoff. Mit der Warmen Kante können die Isolierglashersteller sowie Fenster- und Fassadenbauer ihren Kunden jedoch einen echten Mehrwert bieten und der Endverbraucher profitiert von Lösungen, die qualitativ hochwertig sowie langlebig sind.

Dazu kommen Einsparpotenziale bei den Energiekosten, da Hybrid-Abstandhalter energieeffizienter sind als Abstandhalter aus Metall. Die Warme Kante ist also nicht per se teurer als Lösungen mit Abstandhaltern aus Metall. Und sie lässt sich auch nicht nur auf den Abstandhalter reduzieren, da es auf das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten im Randverbund ankommt. Die Anschaffungskosten sollten deshalb immer in Relation zur Lebensdauer und Energieleistung über die gesamte Nutzungsdauer bewertet werden.

Zweitens: „Die Warme Kante ist nur der Abstandhalter im Randverbund“. Hierzu muss ich dann sagen: Soll eine Warme Kante ihre Energieleistung dauerhaft behalten, müssen alle Komponenten im Glasrandverbund, Abstandhalter, Dichtstoffe (primär und sekundär), Trockenmittel, Verbinder und die verwendeten Gläser optimal aufeinander abgestimmt sein und kompatibel zusammenwirken. Unsere Spacer für die Warme Kante bestehen aus technischen Kunststoffen und effizienten Metallfolien und wurden genau dafür entwickelt.

Glaswelt – Ihr Fazit zur Warmen Kante?

Pacak – Die Warme Kante leistet einen wichtigen Beitrag zur Hygiene in Wohn- und Geschäftsgebäuden und somit zum Wohlfühlfaktor in Räumen. Darüber hinaus hilft sie auch Energiekosten einzusparen. Deshalb ist die Warme Kante alles andere als ein ‚Randthema‘, und es lohnt sich für Verarbeiter, Planer und Bauherren auf jeden Fall, sich genauer damit zu beschäftigen, um die richtige Auswahl zu treffen. Aus meiner Sicht ist die Warme Kante die einzig sinnvolle Lösung, die Energieeffizienz und Langlebigkeit optimal verbindet.

Die Fragen stellte Matthias Rehberger

Die Technoform Spacer bestehen aus technischen Kunststoffen und effizienten Metallfolien und wurden für eine hohe Performance entwickelt.

Foto: Technoform

Die Technoform Spacer bestehen aus technischen Kunststoffen und effizienten Metallfolien und wurden für eine hohe Performance entwickelt.