Seit Ende Juni müssen Websites von Fensterbaubetrieben und Fachhändlern, die Online-Konfiguratoren oder Bestellmöglichkeiten für Endkunden anbieten, barrierefrei gestaltet sein. Kleinstunternehmen sind ausgenommen, doch für alle anderen gilt: Wer Fenster, Türen oder andere Bauelemente online vermarktet, muss jetzt handeln – der Stichtag ist bereits verstrichen.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist seit dem 28. Juni 2025 in Kraft und stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen.
"Firmenwebseiten, über die E-Commerce für Verbraucherinnen und Verbraucher angeboten wird, müssen gemäß dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) so ausgestaltet sein, dass sie von Menschen mit Beeinträchtigungen ohne Erschwernis genutzt werden können", erklärt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Betroffen sind also auch beispielsweise Fensterbaubetriebe und Bauelementehändler, die Online-Shops betreiben, Fensterkonfiguratoren anbieten oder Online-Buchungen von Montage- oder Beratungsleistungen für Verbraucher ermöglichen.
Für wen gilt die Regelung nicht?
Die Regelung gilt nicht für alle Unternehmen gleichermaßen. Ausgenommen sind "Kleinstunternehmen" mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro. Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl werden Teilzeitkräfte anteilig berücksichtigt, Auszubildende oder Beschäftigte im Mutterschutz oder Elternurlaub zählen nicht mit.
Entscheidend für die Anwendung des Gesetzes ist zudem, ob ein Betrieb tatsächlich B2C-E-Commerce anbietet. Reine Präsentationswebsites ohne Verkaufs- oder Buchungsfunktionen für Endverbraucher fallen nicht unter die Regelung. Auch allgemeine Kontaktformulare, Chat-Bots oder Newsletter-Anmeldungen lösen die Pflicht zur Barrierefreiheit in der Regel nicht aus, solange sie nicht primär dem direkten Vertragsschluss dienen.
Beispielsweise muss ein Fensterbaubetrieb mit 15 Mitarbeitern und 1,9 Millionen Euro Umsatz, der eine Online-Terminbuchung für Beratungsgespräche anbietet, seine Website barrierefrei gestalten. Ein Fensterbauer mit 12 Mitarbeitern und 3,4 Millionen Euro Umsatz ohne Online-Tools für Endkunden ist hingegen nicht betroffen.
Besonders relevant für die Fenster- und Bauelementebranche: Auch Profilhersteller und Systemgeber mit Fensterkonfiguratoren für Endkunden müssen diese barrierefrei gestalten. Bei Konfiguratoren, die ausschließlich für Fachhändler zugänglich sind, ist eine detaillierte Prüfung erforderlich. Reine B2B-Angebote fallen nicht unter das BFSG, jedoch sind hybride Geschäftsmodelle mit B2C-Komponenten betroffen.
Bauelementehändler, die Online-Shops für Endkunden betreiben, müssen diese ebenfalls barrierefrei gestalten, sofern sie nicht als Kleinstunternehmen gelten.
Welche Bereiche der Website müssen barrierefrei sein?
Obwohl das Gesetz keine eindeutige Regelung trifft, welche Teile einer Website barrierefrei gestaltet werden müssen, empfiehlt der ZDH, mindestens folgende Bereiche anzupassen:
Konkrete Anforderungen an die Barrierefreiheit
Websites müssen gemäß dem BFSG "wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust" gestaltet sein. Für Fensterbauer und Bauelementehändler bedeutet dies konkret:
Die technischen Details orientieren sich an der Europäischen Norm EN 301 549 und den internationalen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Für die Erfüllung des BFSG ist das Erreichen der Konformitätsstufe AA mit 50 Erfolgskriterien erforderlich.
Die Einhaltung des Gesetzes wird durch Marktüberwachungsbehörden kontrolliert. Geplant ist eine gemeinsame länderübergreifende "Marktüberwachungsstelle der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen" mit Sitz in Sachsen-Anhalt. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro sowie wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.
Barrierefreiheit als Wettbewerbsvorteil

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Unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung bietet Barrierefreiheit zahlreiche Vorteile für Fensterbauer und Bauelementehändler, die das BFSG schon umgesetzt haben. In Deutschland leben rund 7,9 Millionen Menschen mit schweren Behinderungen, darunter über 550.000 Menschen mit Sehbehinderungen und 13,3 Millionen mit Hörbehinderungen. Eine barrierefreie Website erschließt diese Zielgruppen und verbessert gleichzeitig die Nutzererfahrung für alle Kunden.
Zudem belohnt Google barrierefreie Websites mit besseren Rankings in den Suchergebnissen. Technische Faktoren wie Alternativtexte für Bilder, klare Strukturen und gut lesbare Inhalte verbessern die Sichtbarkeit im Netz und steigern die Online-Reichweite – ein wichtiger Faktor im umkämpften Markt für Fenster und Bauelemente.
Handlungsempfehlungen
Da der Stichtag bereits verstrichen ist, sollten betroffene Betriebe umgehend handeln:
Für die Umsetzung empfiehlt es sich, spezialisierte Dienstleister hinzuzuziehen. Von sogenannten "Overlay-Tools", die nachträglich über die Website gelegt werden, rät der ZDH ab, da diese "derzeit nicht in der Lage [sind], einen Webauftritt vollständig barrierefrei darzustellen" und sogar neue Barrieren schaffen können.
Beratungsangebote für betroffene Unternehmen in unseren Gewerken bieten die Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände. Auch die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit stellt umfangreiche Informationen und FAQs zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bereit.