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Diskussion um Fenstergrößen bei Hitze

Wissenschaftliche Studie widerlegt Mythos

Der Klimawandel stellt neue Anforderungen an die Planung von Fenstern und Glasfassaden. Eine aktuelle Studie des Ingenieurbüros Prof. Dr. Hauser, beauftragt durch die RTG zeigt: Die Fenstergröße allein ist nicht entscheidend für den Hitzeschutz – effektive Sonnenschutzsysteme machen den Unterschied.

Fenstergrößen stehen immer wieder im Zentrum der Fachdiskussion: Einerseits liefern große Glasflächen wertvolles Tageslicht und im Winter kostenfreie Wärmeenergie, andererseits droht im Sommer Überhitzung. Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG) hat nun ein Kurzgutachten veröffentlicht, das diese Zusammenhänge wissenschaftlich untersucht.

Die Studie simuliert einen besonders sommerkritischen Raum in einem typischen Einfamilienhaus mit großer Fensterfläche nach Süden. Die Ergebnisse sind überraschend eindeutig: "Für alle gängigen Fensterflächen gibt es ausreichende Sonnenschutzlösungen, die Überhitzung wirksam verhindern. Hingegen reicht eine maßvolle Verkleinerung von Fensterflächen allein nicht aus", heißt es im Gutachten.

Keine Energieeinsparung durch kleinere Fenster

Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung: Im Winter hat die Größe der Fensterfläche keinen wesentlichen Einfluss auf die Wärmeenergiebilanz. "An den verglasten Flächen gleichen sich Wärmegewinne aus Sonneneinstrahlung und Wärmeverluste in etwa aus. Eine kleinere Fensterfläche bietet also keine bessere Energiebilanz", erklärt die Studie.

Die Berechnungen zeigen, dass bei einem Fensterflächenanteil von 30% die solaren Wärmegewinne 67 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr betragen. Die Wärmeverluste liegen bei 78 kWh. Diese Bilanz bleibt auch bei größeren Fensterflächen nahezu konstant – der Endenergieverbrauch verändert sich kaum.

Überhitzung im Sommer wirksam vermeiden

Repräsentanz Transparente Gebäudehülle GbR

Besonders interessant sind die Ergebnisse zum sommerlichen Hitzeschutz. Die Forscher haben mit Prognose-Klimadaten für die Periode 2030 bis 2060 gearbeitet, um zukünftige Klimabedingungen zu berücksichtigen. Die Temperaturverläufe wurden für verschiedene Fenstergrößen und Sonnenschutzvarianten simuliert.

Das Ergebnis: Ohne Sonnenschutzmaßnahmen sind selbst Räume mit kleinen Fensterflächen (25%) in Zukunft nicht mehr angenehm bewohnbar. Erst bei extrem kleinen Fensterflächen von etwa 15% könnte theoretisch auf Sonnenschutz verzichtet werden – allerdings mit gravierenden Nachteilen: "Räume mit so geringen Fensterflächen weisen eine eklatante Unterversorgung mit Tageslicht auf: Künstliche Beleuchtung wäre ganzjährig erforderlich und eine ausreichende Frischluftversorgung nicht gewährleistet", warnt die Studie.

Wirksame Lösungen für den Hitzeschutz

Repräsentanz Transparente Gebäudehülle GbR

Die gute Nachricht: Mit geeigneten Sonnenschutzmaßnahmen lassen sich auch Räume mit großen Fensterflächen (35%) angenehm temperieren. Die Studie untersuchte verschiedene Varianten:

  • Innenliegender Sonnenschutz verbessert die Situation deutlich
  • Zusätzliche Nachtlüftung verstärkt den Effekt
  • Sonnenschutzglas bietet zusätzlichen Schutz
  • Außenliegende Jalousien sind besonders effektiv
  • Die Kombination mehrerer Maßnahmen kann selbst in heißesten Phasen die Innentemperatur unter 26°C halten
  • Tageslicht für gesundes Wohnen unverzichtbar

    Die Studie betont die Bedeutung von ausreichendem Tageslicht für Wohlbefinden und Gesundheit. Nach der Tageslichtnorm DIN EN 17037 sollte der Fensterflächenanteil mindestens 20 bis 25% betragen. Bei kleineren Fensterflächen müssen große Teile des Raumes dauerhaft künstlich beleuchtet werden – mit Nachteilen für die Lichtqualität.

    "Tageslicht ist für das Wohlbefinden unersetzlich", heißt es im Gutachten. Die Visualisierungen zeigen deutlich, wie ein Raum mit nur 10% Fensterfläche weitgehend im Dunkeln liegt, während bei 35% eine durchgängige Tageslichtversorgung gewährleistet ist.

    Das Fazit der Studie ist eindeutig: "Für das zunehmende Problem der Überhitzung von Innenräumen stehen zahlreiche wirksame Lösungen zur Verfügung. Auch Räume mit sehr großen Fensterflächenanteilen können in Zukunft so verschattet werden, dass sie angenehm temperiert bleiben." Pauschal auf kleine Fenster zu setzen, sei daher "kein sinnvolles Rezept gegen sommerliche Hitze."

    Der Klimawandel wird schon jetzt deutlich spürbar, mit steigender Tendenz. Architekten und Planer müssen sich darauf einstellen und bei Neubauten und bei Sanierungen ein Augenmerk auf den Hitzeschutz legen. 

    Thomas Drinkuth, Leiter des Hauptstadtbüros

    Drinkuth