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Im Interview mit Joachim Oberrauch

Wie Fenster Teil der Lösung für den Green Deal der EU sind

In der Podiumsdiskussion klima.sicher.bauen bei den Rosenheimer Fenstertagen forderte Joachim Oberrauch, Präsident des Verwaltungsrats des Südtiroler Fensterherstellers Finstral, die Branche dazu auf, konsequent auf Qualität zu setzen. Im anschließenden Interview erläuterte er uns seine zentralen Argumente.

Glaswelt – Herr Oberrauch, wie stehen Sie als einer der führenden europäischen Fensterhersteller zum Green Deal der EU?

Joachim Oberrauch – Der ist wie ein Geschenk an unsere Branche. Die Welt entwickelt sich gewaltig, aber die Baubranche ist träge. Darum ist der Green Deal ein willkommener und vermutlich auch notwendiger Impuls zur Veränderung. Schließlich sind Fenster ja nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Wir haben in Europa noch immer etwa nur 1 % Sanierungsquote. Ziel der EU ist eine Verdoppelung oder gar Verdreifachung auf 3 %. Das zu erreichen, wird enorme Anstrengungen brauchen: Darum ist alles, was in diese Richtung unternommen wird, zu begrüßen.

GW – Aber Maßnahmen – wie zum Beispiel verbindliche Mindest-Energieklassen für Gebäude – sind ja durchaus kritisch zu sehen, oder?

Oberrauch – Keinesfalls. Bei Autos ist es vollkommen gängig, dass sie nur fahrsicher und emissionsgerecht betrieben werden dürfen. In diesem Sinne ist ein TÜV für Gebäude überfällig. Unsere Branche fordert seit Jahren mehr Modernisierung. Darum sind wir jetzt ganz besonders gefordert aufzuzeigen, wie das gelingen kann.

GW – Angesichts überall steigender Kosten und des Fachkräftemangels ist das gar nicht so leicht. Serielles Sanieren allein wird das ja nicht lösen …

Oberrauch – Serielles Sanieren ist ein sehr guter Ansatz, aber nur für einen kleinen Teil des Renovierungsbedarfs. Zum Glück hat unsere Branche längst praxiserprobte, innovative Austausch-Verfahren im Angebot, die den Aufwand um ein Vielfaches senken. Ich denke da an die minimal-invasiven Über- und Einschubmontage-Methoden, die ohne Schmutz, Lärm, Gerüst oder Auszug der Nutzer auskommen. Und im Neubau ist es der zweistufige Einbau mit Zarge. Damit schaffen wir eine prozesssichere Schnittstelle für Fenster in jedem Gebäude und stellen sicher, dass wir in 30-40 Jahren nicht wieder vor dem Austauschproblem von heute stehen. Ich würde mir wünschen, dass unsere Branche diese Themen viel offensiver verfolgt – noch sind seit Jahrzehnten überholte, aufwendige Montageverfahren an der Tagesordnung.

GW – Welche Argumente führen Sie in Sachen Nachhaltigkeit auf?

Oberrauch – Unaufwändiger Fensteraustausch und zweistufiger Einbau sind ganz sicher der wichtigste Beitrag, den wir zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks leisten können. Moderne Fenster können in ihrer Nutzungszeit deutlich mehr CO2 sparen als ihre Herstellung verursacht. Jedes zusätzliche moderne Fenster verstärkt also den klimapositiven Effekt. Im Vergleich zu anderen Maßnahmen der energetischen Sanierung punkten moderne Fenster zudem mit viel Nutzen bei sehr wenig Materialeinsatz. Mit 7-8 cm Bautiefe erreicht unser Produkt für Gebäude viel mehr als Wände, die fast einen halben Meter stark sind. Und das mit einem Bauteil, das nur 2-3 % vom Gebäudematerialvolumen ausmacht.

GW – Das ist eine interessante Sichtweise. Dennoch ist die Verringerung des Umwelteinflusses von Produkt und Produktion ein wichtiges Thema in der Branche. Wo steht Finstral da?

Oberrauch – Beim Produkt haben wir wenig Handlungsspielraum für CO2-Neutralität. Als Hersteller kaufen wir schließlich CO2 in Form von Material ein. Den größten Impact hat hierbei das Glas, die Rahmenmaterialien hingegen nehmen sich gering aus. Weshalb mich die fortwährende Diskussion um die ökologischen Vorteile zwischen Rahmenmaterialien auch befremdet: Die Unterschiede sind wirklich marginal.
In den Prozessen lässt sich hingegen viel sparen. In den letzten 10 Jahren haben wir unsere Emissionen bereits um 77 % gesenkt. Bis 2030 wollen wir auf null sein.

GW – Welche Endkunden-Argumentation sollte jetzt in den Vordergrund rücken?

Oberrauch – In den Vordergrund gehört, dass Fenster kein Allerweltsprodukt sind. Darum müssen wir unser Produkt wichtig machen: Jeder Fensteraustausch spart CO2 und wertet nebenbei das Gebäude durch mehr Sicherheit, Komfort und Wohlbefinden auf. Und schöner wird es auch noch. Darum lohnt es sich, Fenster so schnell wie möglich auf aktuellen Stand zu bringen.

GW – Haben Klimaveränderungen Auswirkungen auf die Art, wie Produkte gebaut werden?

Oberrauch – Das Thema werterhaltende bzw. -steigernde Maßnahmen und Service-Leistungen wird wichtiger. Und damit kommen wir wieder zum entscheidenden Punkt: Das bekommen wir nur mit hoher Qualität hin. Bei den Materialien, bei der Verarbeitung und bei der Schönheit. Denn nichts ist nachhaltiger, als wenn man länger Freude an unseren Fenstern hat. Darauf müssen wir drängen. Denn Fenster sind kein Commodity. Wir müssen alles daran setzen, den Wert des Produkts Fensters bekannter zu machen.

Chefredakteur Daniel Mund
Lesen Sie das vollumfängliche Interview mit dem Finstral-Chef Joachim Oberrauch in der nächsten Ausgabe der GW.