Im Gespräch mit Anja Krost, Geschäftsführerin der Flachglas Nord-Ost GmbH, wollte GW Redakteur Matthias Rehberger wissen, wie sie die Entwicklungen der Glasbranche bewertet, welche Chancen sie für Frauen in Führungspositionen sieht, und warum Empathie, Mut und Teamgeist für sie die wahren Erfolgsfaktoren sind. Dies ist der Auftakt der neuen GW-Serie Frauen im Glas.
GW – Frau Krost, wie lange sind Sie bereits in der Glasbranche tätig und seit wann in Ihrer jetzigen Position als Geschäftsführerin aktiv?
Anja Krost – Seit 17 Jahren bin ich in der Glasbranche aktiv. Davon war ich acht Jahre als Werkleiterin tätig und seit 2022 – also seit drei Jahren – dann als Geschäftsführerin.
GW – Wo sehen Sie Veränderungen in der Glasbranche, technologisch, strukturell, kulturell?
Krost – Der stete Wandel ist zur Normalität geworden. Technologisch geht es endlich mehr in Richtung Automatisierung und Digitalisierung. Da haben wir noch einen langen Weg vor uns, aber die ersten Schritte sind getan. Strukturell wird der Druck höher, kleine Firmen am Markt haben es schwerer, sich gegen die Großen zu behaupten.
Flachglas Nord-Ost
Ein Blick in die Produktion von Flachglas Nord-Ost in in Osterburg
GW – Welche Eigenschaften haben Ihnen dabei besonders geholfen, sich in der Männer-dominierten Glasbranche zu behaupten?
Krost – Empathie, Direktheit, Offenheit und Frohsinn sind meine Stärken. Wir Frauen tanzen nicht um Probleme herum. Für mich sind Probleme einfach Herausforderungen, die wir offen ansprechen und dann gemeinsam im Team lösen. Besonders wichtig ist für mich transparente Kommunikation, denn das ist der Schlüssel zu allem. Teamgeist steht bei uns ganz oben.
GW – Welche besonderen Herausforderungen begegnen Ihnen als Frau in Ihrer Funktion?
Krost – Ich denke, die Herausforderungen sind für Männer und Frauen grundsätzlich ähnlich. Manche Gesprächspartner sind allerdings positiv überrascht, ganz nach dem Motto: ‚Ach, Sie sind die Chefin‘. Zudem musste ich mich immer wieder der Frage stellen, wie kannst du deine Kinder so viel alleine bzw.in der Kita oder bei den Großeltern lassen? Männer hören diese Frage nie.
GW – Wie fördern Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Werk?
Krost – Wir tun hier sehr viel für die Belegschaft. Und dafür wurden wir in diesem Jahr sogar vom Land Sachsen-Anhalt als ‚Mitarbeiterorientiertes Unternehmen‘ ausgezeichnet. Darauf sind wir sehr stolz. Es gibt nicht die eine Maßnahme, sondern viele Maßnahmen, um zu fördern.
GW – Was raten Sie jungen Frauen, die in einem technischen / industriellen Umfeld Fuß fassen möchten?
Krost – Macht es! Traut euch! Oft braucht es nur einen Menschen, der an euch glaubt. Orientiert euch an denen, die mehr wollen, und nicht an denen, die nur meckern. Sucht die Veränderung, geht die Extrameile. Seid stolz auf euch und sprecht darüber, was gut funktioniert, die Männer tun das schließlich auch. Wir Frauen sind da oft zu bescheiden. Ego-Gehabe brauchen wir aber nicht.
Frauen, traut euch! Oft braucht es nur einen Menschen, der an euch glaubt.
Flachglas Nord-Ost
Flachglas Nord-Ost fertigt vielfältige Isoliergläser sowie auch ESG und VSG
GW – Was müsste sich ändern, damit mehr Frauen Führungsverantwortung übernehmen?
Krost – Das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Alte Rollenbilder sind nach wie vor stark. Viele Frauen fallen in ihren besten Jahren wegen der Kindererziehung zurück. Männer ziehen in dieser Zeit oft karrieretechnisch vorbei, und wir müssen das dann aufholen. Dabei geht es nicht nur um Elternzeit, sondern auch um die lange Phase danach, Kindererziehung ist ein Prozess. Ich hatte glücklicherweise verständnisvolle Chefs, die mir geholfen haben, Familie und Beruf zu vereinbaren. Frauen können nicht immer bis spät abends im Büro sitzen, um Eindruck zu machen. Aber wir finden andere Wege, etwa durch flexible Zeiten oder Arbeit am Wochenende.
GW – Gab es Vorbilder oder Mentoren, die Sie geprägt haben?
Krost – Ja, auf jeden Fall. Bei Flachglas war es Herr Plödt, der an mich geglaubt und mich gefördert hat. Harte Führung, täglicher Wille zum Erfolg, Zuverlässigkeit und maximale Kundenzufriedenheit haben nicht nur mich, sondern die gesamte Flachglas Nord-Ost geprägt. Ihm verdanke ich persönlich sehr viel. Ein weiterer Mentor war Achim Haag, mein früherer Geschäftsführer. Er hat mir gezeigt, wie Führung auf Augenhöhe funktioniert. Von ihm habe ich gelernt, wie moderne Führungsmethoden, Strukturen und Instrumente funktionieren. Er hat mich stark inspiriert, auch bei meiner persönlichen Entwicklung.
Seid stolz auf euch und sprecht darüber, was gut funktioniert, die Männer tun das schließlich auch.
GW – Müssen Frauen in Führungspositionen mehr leisten als ihre männlichen Kollegen?
Krost – Nein, das glaube ich nicht. Das Problem ist eher die Doppelbelastung von Familie und Beruf. Ich habe zwei Kinder, und ohne ein starkes familiäres Netzwerk im Hintergrund hätte ich die Position als Geschäftsführerin nicht erreicht. Dafür bin ich meiner Familie sehr dankbar.
GW – Welche Veränderungen wünschen Sie sich in der Arbeitswelt für die nächste Generation von Führungskräften?
Krost – Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen, ich habe sogar meine Bachelorarbeit darüber geschrieben. Für mich sind Empathie und Zuhören die Schlüssel. Wenn ich meinen Mitarbeitern wirklich zuhöre, weiß ich, wie es ihnen geht und kann sie unterstützen. Wir brauchen mehr Mentoren, die uns fördern und fordern, und die einem auch zeigen, dass der Erfolg auch Spaß machen darf.—
Das Interview führte Matthias Rehberger
Über Flachglas Nord-Ost
Anja Krost ist Geschäftsführerin der Flachglas Nord-Ost GmbH in Osterburg. Der Glasbetrieb aus der Flachglas Gruppe ist auf Glasgroß- und Onlinehandel spezialisiert. Zum Angebot gehören u.a. die ESG- und TVG-Produktion, die VSG-Fertigung mit PVB-, Vanceva- oder Sentry-Folien, begehbare Gläser, Digitaldruck, Glasschleifen sowie das Folieren von Glasscheiben. Schnelle Lieferzeiten sind ein Markenzeichen von FNO: ESG in 4 Tagen, VSG aus ESG in 7 Werktagen – sowie von stabilen Lieferzusagen über 12 Monate.