Die Nutzung von KI spart im Tagesgeschäft sehr viel Zeit und ermöglicht es, Ressourcen gezielter einzusetzen.
In der Glasbranche unterstützen heute ERP- und MES-Systeme bereits viele Unternehmen in der Produktion. Dies reicht von der Automatisierung von Routineaufgaben über Prognosen und Datenanalysen bis zur Optimierung von Maschinenabläufen. Dazu erläutert Jan Schäpers, der CEO von Hegla Hanic Software, im Gespräch mit Matthias Rehberger, wie KI diese Systeme künftig noch effizienter macht, Ressourcen sparen hilft und die Betrieben fit für die Zukunft macht.
GW – Viele Glasverarbeiter nutzen ein Enterprise-Resource-Planning-System, kurz ERP-System für die Produktion. Welche konkreten KI-Features stehen hier heute schon zur Verfügung und wie wirken sie sich auf den betrieblichen Alltag aus?
Jan Schäpers – „Wir sehen bereits, dass KI im ERP echten Mehrwert bringt. Hegla-Hanic setzt bei ihrem ERP auf einen Standard basierend auf Microsoft Dynamics 365 Business Central. Mit dem integrierten Microsoft CoPilot haben wir eine Art digitalen Assistenten an Bord, der Routineaufgaben spürbar erleichtert. So unterstützt er z.B. bei der automatisierten Angebotserstellung, bei Prognosen über Auftragsvolumina oder bei der Analyse von Kundendaten. Das spart im Tagesgeschäft sehr viel Zeit und ermöglicht es, Ressourcen gezielter einzusetzen. Zusätzlich können wir mithilfe der KI Texte wie E-Mails, Produktbeschreibungen oder sogar interne Auswertungen automatisch generieren, ohne sie komplett manuell formulieren zu müssen. Ein weiterer Vorteil ist, dass externe Datenquellen, etwa Markttrends, Energiekosten oder Lieferinformationen, eingebunden werden können. Somit lassen sich Entscheidungen auf einer deutlich breiteren Informationsbasis treffen und verändert heute schon spürbar die Arbeit im Büroalltag.
Wir rechnen damit, dass ERP-Systeme künftig noch stärker vorausschauend arbeiten werden. Steht heute vor allem die Unterstützung von Routineaufgaben im Vordergrund, werden künftig Szenarien möglich sein.
GW – Ein zentraler Baustein in der Produktion ist das MES (Manufacturing Execution System). Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in diesen Systemen bereits heute?
Schäpers – Das MES ist in der Lage, Maschinenzustände in Echtzeit auszuwerten und darauf aufbauend Entscheidungen für die Produktion zu treffen. Aktuell werden dadurch bereits der Glaszuschnitt optimiert, Fertigungsreihenfolgen intelligent angepasst und das Balancing zwischen den Maschinen automatisiert gesteuert. Das führt unmittelbar zu weniger Ausschuss und einer gleichmäßigeren Auslastung der Anlagen. Besonders wertvoll ist die Transparenz: Engpässe oder potenzielle Störungen werden frühzeitig sichtbar und lassen sich schneller beheben. Hinzu kommt die Flexibilität, wenn etwa zusätzliche Aufträge hereinkommen oder eine Maschine kurzfristig ausfällt, kann das MES die Planung dynamisch anpassen und alternative Produktionswege vorschlagen. Damit trägt KI schon heute dazu bei, die Produktionssicherheit zu erhöhen und gleichzeitig Kosten zu reduzieren.
GW – Viele Unternehmen fragen sich, wohin die Reise bei KI im ERP geht. Welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren konkret?
Schäpers – Wir rechnen damit, dass ERP-Systeme künftig noch stärker vorausschauend arbeiten werden. Steht heute vor allem die Unterstützung von Routineaufgaben im Vordergrund, werden künftig Szenarien möglich sein, wie eine fast vollautomatische Bedarfsplanung, eine selbstoptimierende Lagerverwaltung oder die Simulation von Preisszenarien auf Knopfdruck. Das bedeutet: Unternehmen gewinnen Planungssicherheit in der gesamten Lieferkette – von der Rohstoffbestellung bis zur Auslieferung. Parallel dazu wird sich die Benutzeroberfläche verändern. KI erkennt die individuellen Arbeitsweisen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und passt die Systemansicht daran an, das steigert die Benutzerfreundlichkeit enorm. Außerdem erwarten wir, dass Schnittstellen zu CRM, MES und Logistiksystemen künftig automatisiert abgestimmt werden, sodass die heute oft aufwendige Integration deutlich einfacher und schneller gelingt. Insgesamt werden ERP-Systeme so zu einer noch intelligenteren Schaltzentrale im Unternehmen.
Möglich ist eine fast vollautomatische Bedarfsplanung, eine selbstoptimierende Lagerverwaltung oder die Simulation von Preisszenarien per Knopfdruck.
GW – Und wie sieht die Zukunft beim Einsatz von KI in MES und in den Maschinen selbst aus?
Schäpers – Hier stehen wir erst am Anfang, aber die Richtung ist klar: Künftig werden die Systeme nicht nur den aktuellen Ist-Zustand optimieren, sondern auch vorausschauend agieren. Ein zentrales Thema ist Predictive Maintenance, also die Vorhersage von Verschleiß oder potenziellen Ausfällen, bevor sie tatsächlich auftreten. Damit lassen sich Stillstände vermeiden und die Effizienz der Anlagen weiter steigern. Zudem wird KI Qualitäts- bzw. Prozessschwankungen im Glas frühzeitig erkennen und automatisch Gegenmaßnahmen einleiten – das erhöht die Prozesssicherheit und reduziert Nacharbeit. In einem nächsten Schritt werden Maschinen sogar selbstständig Vorschläge machen, wie Rüstzeiten verkürzt oder Bearbeitungsstrategien verbessert werden können, erste Maschinenhersteller arbeiten hier bereits an Lösungen. Das eröffnet enormes Potenzial für eine noch flexiblere und wirtschaftlichere Fertigung. Langfristig bedeutet das: Produktionsplanung, Maschineneinsatz und Qualitätssicherung wachsen immer enger zusammen – gesteuert durch intelligente Algorithmen.
Hegla-Hanic setzt bei ihrem ERP auf einen Standard basierend auf Dynamics 365 Business Central, mit dem integrierten Microsoft CoPilot als digitalem Assistenten.
Das MES ist in der Lage, Maschinenzustände in Echtzeit auszuwerten und darauf aufbauend Entscheidungen für die Produktion zu treffen.
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