Folienverschub durch Zwängung. Das Zargenprofil klemmt die Folie im Falz ein.
Schäden an Fenster- und Fassadenoberflächen erkennen, bewerten und richtig beheben – darum ging’s im Fachseminar von Sachverständigen-Profi Claudius Freiberg. Die GW war vor Ort und hat die spannenden Einblicke in einem zweiteiligen Beitrag zusammengefasst. Teil 1: Holz und Glas erschien bereits in unserer Augustausgabe. Teil 2 – mit überraschenden Fakten zu Aluminium- und Kunststofffenster-Oberflächen – hier im Beitrag. Jetzt reinschauen und erfahren, wie Schäden entstehen – und was dagegen hilft!
Im Seminar geht der Experte Claudius Freiberg auf die eloxierten und organisch beschichteten Varianten von Aluminium-Oberflächen ein. Anodisiertes Aluminium (früher auch als „Eloxal“ bekannt, was für „Elektrolytische Oxidation von Aluminium“ steht) bietet Korrosionsschutz und eine gleichmäßige Optik. Bei organischen Beschichtungen gibt es verschiedene Lackaufbauten.
Stückbeschichtete Bauteile, wie beispielsweise Fensterprofile, werden entweder mit Polyester-Pulver beschichtet oder mit PVDF- bzw. Fluorpolymer-(FP-)Lacken nass- bzw. einbrennlackiert.
Bandbeschichtete Bauteile, auch Coilcoating genannt (nasslackierte Dünnbleche), werden mit PVDF- oder FP-Lacken beschichtet.
Farbtonproblematik bei Beschichtungen
„Die Schichtdicke der Pulver-Lackschicht sollte bei Fassadenelementen zwischen 70 und 80 µm liegen“, so Freiberg. Das könne man gut mit Schichtdickenmessgeräten überprüfen. „Alles unter 60 µm ist reklamationswürdig, alles über 120 µm ebenfalls.“
Standardfarben sind nach RAL oder NCS eingeordnet. Die im RAL-Fächer aufgeführten Farbtöne RAL 9006 oder 9007 und die Perlfarbtöne (z. B. RAL 1035 oder 7048) sind als grober Richtwert zu betrachten und nicht bindend. Die DB-Farbreihe ist dagegen nicht innerhalb der Normen zu finden.
Der Referent warnt vor überzogenen Erwartungen bei der Farbauswahl: „Bei RAL-Farbtönen müsst ihr euch das so vorstellen: Ihr habt eine große Küchenschublade, in der ein RAL 7016 vom RAL-Institut in der Mitte liegt. Vorne ist der hellste Farbton, der immer noch 7016 ist, und hinten ist der dunkelste Farbton, der ebenfalls 7016 ist.“
Dies sei besonders problematisch bei DB-Farben: „Wir haben 23 verschiedene DB 703-Farbtöne“, pflichtete ein Teilnehmer dem Seminarleiter bei. An einem Praxisbeispiel zeigte Freiberg, wie selbst identische Pulverlacke an unterschiedlichen Bauteilen zu Farbtonunterschieden führen können, die dann aufwendig angepasst werden müssen. „Verlasst euch nicht darauf, dass der bestellte Farbton immer gleich aussieht. Das muss stets individuell abgestimmt werden.“
Neben den Standardfarben nach RAL gibt es eine Reihe von Sonderpulverbeschichtungen. Dabei können sehr unterschiedliche Effekte erzielt werden. Von matt bis hochglänzend, von fein- bis grobstrukturiert, von metallicfarben bis glimmerbeschichtet bieten sich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. Neueste Produktionsverfahren erlauben die Nachahmung von Holz- bzw. Marmoroberflächen. Mithilfe des Thermo-Sublimationsverfahrens wird auf der pulverbeschichteten Metalloberfläche die entsprechende Optik erzeugt.
Ultramatt ist ultraempfindlich
Der Glanzgrad von 75 GE liegt im Standardbereich und entspricht Seidenglanz. Im Vergleich zu hochglänzenden oder matten Oberflächen ist er wesentlich unempfindlicher gegenüber Gebrauchsspuren wie Kratzern, Handschweiß und Verwitterungserscheinungen. Die Glanzmessung erfolgt nach DIN EN 13300 als Reflektometerwert. Immer häufiger kommen sehr matte Oberflächen auf den Markt. „Dann spricht man schon von Werten deutlich unter 10 GE, die aber auch in der Gebrauchstauglichkeit nicht ganz unproblematisch sind.“ Freiberg warnt deshalb auch vor der Anwendung von ultramatten Oberflächen, die tatsächlich auch ultraempfindlich seien.
Verschmutzungsarten
Die Art und der Grad der Verschmutzung hängen von der Umgebung, d. h. der örtlichen Immissionsbelastung, ab. Sowohl die Reinigungshäufigkeit als auch die eingesetzte Reinigungstechnik müssen darauf abgestimmt werden. Metallfassaden in Küstengebieten sind einer stärkeren Korrosionsbeanspruchung durch die chloridhaltige Seeluft ausgesetzt. Fassaden werden auch durch Kotausscheidungen, beispielsweise von Möwen oder Tauben, stark verunreinigt. Eine längere Einwirkung von Vogelkot kann die Lackschicht verätzen. Ein Schutz bietet eine regelmäßige Konservierung.
Abgase (z. B. von Verbrennungsmotoren oder Heizungsanlagen) wie Schwefeldioxid und Stickoxide können in Verbindung mit Feuchtigkeit Säuren bilden. Die Lackschicht ist gegenüber diesen Substanzen nicht widerstandsfähig. Hier können eine regelmäßige Reinigung und Konservierung Schutz bieten.
Was bei Beton, Putz und PU-Schaum zu tun ist
Probleme können auftreten, wenn Betonelemente und beschichtete Bauteile gemeinsam an einer Fassade verarbeitet wurden. Typischerweise sind davon Bauteile aus Beton betroffen, die sich oberhalb von Fenstern und Metallteilen befinden. Beton reagiert im frischen Zustand stark alkalisch (pH-Wert ca. 13). Kommt nun Regenwasser auf solche Flächen, reichert sich das Regenwasser mit Alkalität an, was beim Ablauf Verätzungen sowohl auf Glasscheiben (Glas wird trüb) als auch bei anodisierten und beschichteten Flächen zur Folge haben kann. Ebenso kritisch ist die Anlagerung von Tiefgrundspritzern aus Putzarbeiten. Der lösemittelhaltige Tiefgrund ist quasi nicht mehr entfernbar. Frische Spritzer von Bauschaum können hingegen vorsichtig entfernt werden. Dabei kann es jedoch unter Umständen zur Anlösung des Lacks und damit verbundenen Folgeschäden kommen.
UV-Licht führt zur Zerstörung der farbgebenden Pigmente und damit zur „Auskreidung“ des Lacks. Dies kann durch eine fachgerechte abrasive Reinigung ausgeglichen werden.
Vorsicht bei salzaltigem Tauwasser
Filiformkorrosion (FFK) ist eine besondere Art der Korrosion an beschichteten Aluminiumbauteilen, die immer Feuchte und Chloride voraussetzt. Dies ist beispielsweise in Küstennähe oder im Bereich von gesalzten Straßen möglich. Die Gischt vorbeifahrender Fahrzeuge sprüht das salzhaltige Tauwasser über die Fenster. Typisch ist der fadenförmige Verlauf. Der Chloridangriff führt zur Bildung von Elektrolyten, zur Zerstörung der Chromschicht und zur Bildung von Aluminiumoxid.
Abhängig vom Standort und der Belastung kann Filiformkorrosion bereits nach kurzer Zeit auftreten. Alle gängigen Lacksysteme mit einer Chromatierung als Vorbehandlung können FFK bilden. Sie entsteht meist an Bearbeitungsstellen wie Entwässerungsöffnungen, Schnittkanten und Beschädigungen. Zur Verhinderung sollte entweder eine Voranodisierung erfolgen oder eine „Seaside“-Grundierung aufgetragen werden.
Verwenden Sie nie alkalische oder saure Reiniger mit pH Werten unter 5,5 oder über 8,5 wie beispielsweise Essigreiniger, Grundreiniger für Fußböden oder Felgenreiniger!
Tipps zur Eloxal-Reinigung
Eloxal kann mit leicht abrasiven Mitteln wie Scotch Brite Very Fine und „entspanntem“ Wasser gereinigt werden. Nach der Montage können sich irisierende Beläge aus der Nachverdichtung, sogenannter Schmand, bilden. Diese lassen sich durch eine fachgerechte abrasive Reinigung leicht entfernen. Lösemittel sind für Eloxal unbedenklich, allerdings sind die Umgebungsbaustoffe dabei zu beachten. Näheres hierzu finden Sie im Merkblatt A5 der Aluminiumzentrale oder in den Güte- und Prüfbestimmungen des RAL-GZ 632.
Nur absolute Profis können Eloxal farblich passend mit 2K-Lacksystemen nachstellen. Solche Reparaturen sind sehr aufwendig und demzufolge auch teuer. Der Monteur kann nur punktuell ausbessern. Hierzu sind im Handel Lackstifte verschiedener Hersteller, wie Ulfalux oder Heinrich König, erhältlich. Kleinere Schadstellen können mit Airbrushlacken auf lasierender Basis oder mit entsprechend feinen Sprühdosen ausgebessert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Reparaturoberfläche nicht mehr die vorhandene Härte besitzt. Als Alternative zum Austausch empfiehlt Freiberg im Kurs eine Kaschierung mit speziellen, UV-beständigen Folien wie DiNoc von 3M.
Weichmacher aus Abdeckfolien
Alle Abdeckfolien enthalten mehr oder weniger Anteile von Weichmachern. Sobald diese Folien direkten Kontakt zur Lackoberfläche haben, diffundieren die Weichmacher in den Lack ein. Die Lackschicht wird dadurch so stark geschädigt, dass der Lack entweder ausgetauscht oder zumindest stark geschliffen und mit einem 2K-Epoxidgrund als Sperrgrund lackiert werden muss.
Folienkaschierte Kunststoffprofile
Folienkaschierte Profile unterliegen wie Lacke der Alterung durch UV-Licht. Folien sind in der Regel 2- bis 3-schichtig aufgebaut. Für die Lebensdauer ist die oberste/äußerste (Klarlack-)Schicht entscheidend. Die in der Basisfolie verwendeten Farbpigmente sind mit einem Infrarot-Schutz ausgestattet. Dadurch reduziert sich die Wärmebildung im Profil zum Teil sehr deutlich. Die Basisfolie bleibt entweder unifarben oder sie wird bedruckt. Die transparente obere Schicht aus PMMA schützt die Farben und Dekore vor dem Ausbleichen durch UV-Strahlung oder andere Witterungseinflüsse. Diese Folien sind für gemäßigte Klimazonen geeignet. Renolit beispielsweise bietet hierfür eine Gewährleistung von bis zu 10 Jahren.
Für eine längere Lebensdauer gibt es von den Folienexperten wie beispielsweise Renolit Mehrschichtfolien mit einer Gesamtdicke von 250 – 300 µm. Die zusätzliche oberste Schicht besteht aus einer Polyvinylidenfluorid-Folie (PVDF). Die zweite Schicht besteht aus transparentem Polymethylmethacrylat (PMMA) und die Basisfolie aus durchgefärbtem PVC. Letztere ist mit der „Solar Shield Technology“ ausgestattet, die durch IR-Reflexion sowohl die Aufheizung der Folie als auch die des Fensterprofils verringert.
Durch den dreischichtigen Aufbau leuchtet jede Farbe über ihre gesamte Lebensdauer hinweg konstant, selbst bei intensiver UV-Belastung. Deshalb bietet Renolit für diese Produkte beispielsweise bis zu 15 Jahre Gewährleistung auf die Folie und zusätzliche 7,5 Jahre über den hauseigenen Sanierungsservice.
Die geringe Oberflächenspannung der Folie macht sie schmutzabweisend und pflegeleicht. Selbst Graffiti lassen sich entfernen.
Generell sind alle Folien von Renolit oder Hornschuch auch als selbstklebende Reparaturfolie bei den Herstellern erhältlich.
Die häufigsten Fehler beim Umgang mit folienkaschierten Bauteilen sind:
Scheren der Folien durch Längsdehnung werden nicht beachtet
Staub und Schmutz werden in die Oberfläche gerieben.
Mechanische Beschädigungen durch Stoß oder Schlag, Abschürfungen und Kratzer.
Chemische Angriffe durch Bauschaum, Mörtel, Beton oder falsche Reinigungsmittel wie Kalkentferner
Polierversuche mit ungeeigneten Materialien
Was passiert, wenn es dem PVC-Fenster zu warm wird?
Wie zuvor beschrieben, besteht die Folie immer aus mindestens zwei Schichten mit einem Grundmaterial als unifarbene oder bedruckte PVC-Basisfolie. Im Fertigungsprozess wird die Basisfolie geprägt und erhält so die gewünschte Struktur. Die oberste PMMA-Schicht (Acrylat) schützt die Basisfolie vor zerstörenden Einwirkungen von UV-Licht und sonstigen Umwelteinflüssen.
Wird die PMMA-Schicht nun durch zu starke UV-Belastung angegriffen, kann das UV-Licht auch die darunter liegende PVC-Folie durchdringen und diese zerstören. Selbst das meist weiße Grundprofil wird dann angegriffen und zeigt nach Entfernen der Kaschierfolie dieses typische Schadensbild eines „Sonnenbrandes“. Das heißt auch, dass bei noch stärkerer Sonnen- und Hitzebelastung von Oberflächen auch darüber nachgedacht werden muss, Fenster zu beschatten, da der „Sonnenbrand“ nicht mehr zu verhindern ist.
Entscheidend für die Fensteroptik
In dem Experten-Seminar wurde deutlich, dass die fachgerechte Behandlung von Fensteroberflächen fundiertes Wissen und praktische Erfahrung erfordert. Von der richtigen Materialwahl über die korrekte Vorbehandlung bis hin zur angemessenen Reinigung kann jeder Schritt über die Langlebigkeit und Optik der Fenster entscheiden. Die Veranstaltung bot Fensterbauern, Sachverständigen und Qualitätsmanagern wertvolle Einblicke, um typische Fehler zu vermeiden und im Schadensfall sachgerecht zu handeln. Der Austausch unter den Fachleuten verschiedener Bereiche erwies sich dabei als besonders wertvoll.
Claudius Freiberg gegenüber GW: „Das Oberflächenseminar wird wiederholt, die Termine können bei mir erfragt werden.“
Sonnenbrand unter der Anthrazitgrauen Folie: Fenster 3 Jahre alt. Westseite, Festverglasung ohne Beschattung
Jetzt weiterlesen und profitieren.
+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv + Fokus GW: Sonderhefte (PDF) + Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten uvm.